Regulierung der Finanzmärkte – jetzt!

Internationale Finanzmarktgipfel müssen soziale und ökologische Schranken setzen

Berlin, 21. November 2008 – Am Anfang der Finanzkrise stand die Gier. Die Banken, die nun im Zentrum des Sturms an den Finanzmärkten stehen, hatten sich selbst Renditeziele von 25% oder mehr vorgegeben. Sie wurden ohne Rücksicht auf die Folgen umgesetzt. Kein Unternehmen der realen Wirtschaft kann aber dauerhaft Gewinn in diesen Größenordnungen abwerfen. Getrieben von üppigen Provisionszahlungen erfanden die Investmentbanker deshalb ein Schneeballsystem, das früher oder später in sich zusammenbrechen musste. So erhielten Hauskäufer 100 %-Kredite, bei denen absehbar war, dass die Rückzahlung extrem unsicher sein würde. Diese Kredite wurden dann so lange als „Finanzinnovationen“ hin und her verkauft und ineinander verschachtelt, bis das in ihnen steckende Risiko nicht mehr erkennbar war.   

Dieses unverantwortliche Spiel wurde erst durch die Deregulierung der Finanzmärkte möglich. Das neoliberale Mantra der Selbstheilungskräfte des Markts wurde vor allem in den USA bedenkenlos von der Politik übernommen und die staatliche Aufsicht immer weiter geschliffen. Während man für ein Schneeballsystem mit einem Schaden von einigen Millionen in das Gefängnis kommt, pokerte die Elite der Finanzwelt mit Hunderten von Milliarden. Der Unterschied ist, dass den Schaden nun die Steuerzahler und die Beschäftigten tragen. Banken erfüllen eine wichtige Aufgabe bei der Finanzierung von Unternehmensinvestitionen. Die Zocker wussten, dass ab einer bestimmten Größe einer Bank die Politik eingreifen muss, um die Konsequenzen für Arbeitsplätze und Wirtschaftsentwicklung nicht ausufern zu lassen. Die Folge: Steuerlast und Angst um den Arbeitsplatz bei den einen, Wohlstand und Straffreiheit bei den eigentlich Verantwortlichen.

Michail Gorbatschow, der das Ende der kommunistischen Ideologie eingeläutet hatte, warnte schon im Jahr 2000: "Der Fundamentalismus der Globalisierer ist genauso gefährlich wie der islamische Fundamentalismus oder der kommunistische." Er trifft damit auch die Kernaussage der sozialen Marktwirtschaft Ludwig Erhards: Eine freie Wirtschaft ist besser als Staatsbetriebe, aber ohne staatliche Spielregeln geht es nicht.

Der Umweltpolitiker Josef Göppel sieht sich durch die Finanzkrise in seiner Grundüberzeugung bestätigt, dass die Marktwirtschaft soziale und ökologische Schranken braucht. Schon im Jahr 1998 stellt er fest: „Es wächst die Erkenntnis, dass jeder Wettbewerb Regeln braucht, um die brutale Durchsetzung des Rechts der Stärkeren zu verhindern. Die wirtschaftliche Dynamik muss sich in einem politischen Werterahmen vollziehen, der soziale und ökologische Ziele sichert.“ (Hier finden Sie den Artikel „Regionale Kreisläufe und globaler Markt“). Im Jahr 2000 forderte er: „Auch wenn es utopisch klingt, die Besteuerung der internationalen Finanztransfers muss über kurz oder lang kommen. Natürlich ist es schwierig, dafür einen koordinierten internationalen Einstieg zu finden. Nachdem aber alle Staaten vor dem gleichen Problem stehen, nämlich die Daseinsvorsorge ihrer Bürger finanzieren zu müssen, obwohl inzwischen der größte Teil der Wertschöpfung an ihren Kassen vorbei läuft, könnte die Aufnahme solcher Regelungen in die internationalen Finanzabkommen gelingen.“ (Hier finden Sie den Artikel „Die Farben der Zukunft“)

Was ist nun zu tun?

„Die Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten hätten durch eine Devisentransaktionssteuer vermieden werden können.“, erneuert Göppel seine langjährige Forderung nach einer solchen Steuer auf alle Geldwechselgeschäfte. Das Volumen der täglichen Devisentransaktionen beträgt über 1400 Milliarden US$. Mindestens 80 % davon haben eine Laufzeit von weniger als 7 Tagen. Sie entbehren einer realwirtschaftlichen Grundlage und spekulieren einzig auf Gewinne durch Wechselkursschwankungen. Eine Steuer von einem Prozent auf solche Geschäfte würde Spekulationen eindämmen und die internationalen Finanzmärkte stabilisieren. Göppel: „Waren und Dienstleistungen sind mit 19 % Umsatzsteuer belegt, Kapitalumsätze aber mit null Kosten. Diese Marktverzerrung muss beseitigt werden!“

Stärken will Göppel die noch vor kurzem als überholt kritisierten Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Ihre Verankerung im realen Wirtschaftsleben und enge Kundennähe sei besonders zukunftsträchtig.

Darüber hinaus setzt er sich für eine strengere Regulierung der Finanzmärkte ein. Seine wichtigsten Vorschläge:

  • Alle Finanzmarktakteure, also auch Hedgefonds und Private-Equity-Gesellschaften, müssen wie Banken gegenüber den zuständigen Aufsichtsorganen zur Offenlegung aller eingegangenen Risiken verpflichtet werden.
  • Alle neuen Finanzprodukte müssen von den Aufsichtsbehörden genehmigt werden.
  • Es muss eine wirksame internationale Aufsicht eingerichtet werden.
  • Die Bilanzierungsregeln müssen verschärft werden. Finanzorganisationen dürfen keine Geschäfte mehr außerhalb der Bilanz unternehmen.
  • Finanzmarktakteure müssen für ihre Fehler haften. Bonuszahlungen werden erst nach einigen Jahren geleistet, wenn der Erfolg eines Geschäftes nachgewiesen ist.
Artikel vom: 21.11.2008 11:11