Grundsatzrede zum Klimaschutz

Menschlichkeit und Modernisierung unserer Volkswirtschaft 

Göppel: Deswegen bin ich für Frau Merkel ...

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Das Video der Rede finden sie hier  

 

 

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Gemeinsam ambitionierte Klimaschutzziele erreichen

Rede von Josef Göppel MdB im Deutschen Bundestag am 3. Dezember 2015: 

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Gegenstand der heutigen Debatte sind der Klimaschutzbericht und der Maßnahmenplan bis 2020; das ist also sozusagen das Kleingedruckte. Nach der fulminanten Einführung der Kollegin Höhn ist es vielleicht ganz gut, auf die großen Zusammenhänge zu schauen.

Frau Höhn, Sie kritisieren an Frau Merkel, dass sie nicht entschlossen genug vorangeht.

(Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, zu Recht!)

Ich möchte Ihnen sagen: Frau Merkel hat im Jahr 2007, in einer Situation, als der Klimaschutz für manche Regierungschefs in Europa noch kaum ein Thema war, das Dreimal-20-%-Ziel im Europäischen Rat erreicht. Ich möchte daneben darauf hinweisen, dass sie 2011 - nach Fukushima - die Energiewende eingeleitet und dies auf ihre Kappe genommen hat.

(Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Einleiten musste!)

Ich möchte weiter daran erinnern, dass sie 2014 im Europäischen Rat das Ziel durchgesetzt hat, dass die Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union bis 2030 um 40 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 sinken. Außerdem hat sie in Elmau bei den Regierungschefs der Welt ein Klima herbeigeführt, das zu dem Bekenntnis zum 2-Grad-Ziel und zur Dekarbonisierung der Wirtschaft geführt hat, und dies wird nun auf der Konferenz in Paris von der deutschen Verhandlungsdelegation fortgesetzt.

Schauen Sie doch in den Spiegel von dieser Woche. Sie beschreiben sehr schön, welche Verhandlungsgruppen es jetzt in Paris gibt. Da heißt es: Die ambitionierteste Gruppe: Deutschland gibt den Ton an. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Frau Höhn, das ist der Grund, warum ich für Frau Merkel bin. Sie handelt nämlich alles andere als zögerlich und hat eine durchgehende Linie. Man spürt eben die physikalische Grundhaltung bei dieser Frau. Das ist für Deutschland gut. Das ist für die Modernisierung unserer Volkswirtschaft gut. Das ist für unseren Erfolg auf den internationalen Märkten gut.

Man darf natürlich schon fragen: Wo stehen wir? Wir Deutschen hatten vor zehn Jahren einen Primärenergieverbrauch pro Kopf von 50 000 Kilowattstunden. Jetzt sind wir bei 47 000 Kilowattstunden. Man kann also sagen: Das ist ein Erfolg, eine leichte Senkung. - Wir müssen aber auch sehen, dass der europäische Durchschnitt bei 36 000 Kilowattstunden pro Kopf liegt. Hier kommt natürlich ins Spiel, dass wir - das hat sich geschichtlich so ergeben - ein sehr viel stärker industrialisiertes Land sind und dass die alten Industrieanlagen einen erheblich höheren Energieverbrauch hatten. Daraus ergibt sich klar, wo unsere Handlungsfelder sind. Der Ausstoß der Treibhausgase verteilt sich auf folgende Sektoren: 40 Prozent im Energiesektor, 20 Prozent in der Industrie, 20 Prozent im Verkehr, 10 Prozent in den Haushalten - das macht insgesamt 90 Prozent -, und der Rest entfällt auf Landwirtschaft, Gewerbe und kleine Sonderbereiche. Das heißt, es war strategisch völlig richtig, Frau Kollegin Höhn, bei der Energiewende mit dem Stromsektor anzufangen. 

In dem Bericht, der heute Gegenstand der Beratung ist, steht, dass die Minderung von 110 Millionen Tonnen Treibhausgasen auf Maßnahmen des EEG zurückgeht. Wenn wir uns anschauen, dass im selben Bericht für das Jahr 2014 eine Senkung um 27 Prozent gegenüber 1990 ausgewiesen ist, dann wird klar, dass diese 110 Millionen Tonnen ein Drittel dieser Senkung gegenüber dem Jahr 1990 ausmachen. Das ist ein Erfolg, der unsere Wirtschaft in eine bessere Ausgangsposition auf den Weltmärkten bringt und im Inland zur Modernisierung unserer Wirtschaft führt.

Ich muss bei dieser Gelegenheit leider auch sagen: Für Leute, die meinen, dass durch das EEG mit seinen riesigen volkswirtschaftlichen Kosten ein Windradfriedhof erzeugt wurde, für Leute, die derart arrogant und borniert daherreden, kann ich mich nur schämen; denn schon technisch betrachtet ist das falsch. Die alte Wirtschaft hinterlässt uns riesige Nachfolgelasten. Ein Windrad aber kann man bis zur letzten Schraube recyceln.

Aus diesem Grund muss man auch darauf hinweisen, dass sich die deutsche Bevölkerung an der Energiewende stark beteiligt und die politischen Vorgaben in einem außerordentlichen Maß positiv aufgegriffen hat. Es gibt in anderen europäischen Ländern in Bezug auf eine CO2-freie Energieversorgung nicht den Mittelstand und die Basisinitiativen in dem Ausmaß wie in Deutschland. Diese Bevölkerungsbeteiligung ist ein wichtiger Wert, weil es jetzt um die sektorenübergreifende Betrachtungsweise geht, also die Einbeziehung von Wärme und Mobilität.

Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass die von uns festgelegten Korridore unter dem Gesichtspunkt der sektorenübergreifenden Sichtweise überprüft werden müssen. Wenn Ende dieses Jahres der Anteil an Strom aus erneuerbaren Energien bei 33 Prozent liegt und unser Ziel bis 2025 bei 40 bis 45 Prozent liegt, dann ist dieses Ziel bei Einbeziehung der Elektromobilität und der Stromüberschüsse im Heizungssektor nicht mehr angemessen. Ich sehe die Notwendigkeit, die Korridore an die Erfordernisse der sektorübergreifenden Politik anzupassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch einmal die Bevölkerungsbeteiligung aufgreifen. Wir haben beim Verhältnis von Groß- und Kleininvestoren im Bereich der erneuerbaren Energien zurzeit einen Anteil von etwa 50 Prozent auf der einen und rund 50 Prozent auf der anderen Seite. Ich finde, das ist eine gute Verteilung. Die alten Konzerne sollen ihr neues Geschäftsmodell haben; das sehen wir jetzt an der Neuausrichtung von RWE. Wir dürfen aber durch das Mittel der Ausschreibungen nicht die Kleininitiativen abwürgen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)

Ich habe die Sorge, dass die breite Bevölkerungsbeteiligung, die Beteiligung von Landwirten, von Handwerkern und kleinen Gewerbetreibenden, unter die Räder kommt. Wenn es so ist, dass in den europäischen Beihilferichtlinien eine Freigrenze für eine bestimmte Anzahl - drei Windräder - vorgesehen ist, dann fordere ich, diese Freigrenze auch in Deutschland anzuwenden. Man kann nämlich nicht immer wieder auf die europäischen Beihilferichtlinien wie auf die Bibel verweisen, jedoch dort, wo sie einmal eine Öffnung erlauben, sagen: Nein, das ist für uns aber nicht ganz passend.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Bevölkerungsbeteiligung auf breiter Ebene ist entscheidend dafür, dass wir die Modernisierung unserer Volkswirtschaft in alle Lebensbereiche hineinbringen: in den Verkehr, das Heizen und den ganzen Lebensstil. 

Unsere Bevölkerung ist ja bereit. Ich sehe im neuen KWK-Gesetz einen wichtigen Erfolg, indem jetzt die Direktbelieferung durch Arealnetze und die KWK-Vergütung von 5,41 Cent auch für Endkunden möglich sind. Das wird auch die Mieter in den Großstädten endlich dazu bringen, dass sie in den erneuerbaren Energien einen Vorteil sehen. Das Argument „Das betrifft ja nur Leute auf dem Land“ kann auf diese Weise überwunden werden.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen diesen Punkt aber 2016 auch in das EEG einbringen; denn das ist das Gegenstück zum KWK-Gesetz. 

Präsident Dr. Norbert Lammert: 

Das ist doch eine vorzügliche Schlussbemerkung, Herr Kollege Göppel.

Josef Göppel (CDU/CSU): 

Genau, zu dieser möchte ich jetzt kommen.

(Heiterkeit)

Als ich mich heute früh auf die Rede vorbereitet habe, habe ich noch einmal den Vers 212 der Umweltenzyklika von Franziskus gelesen. Er schreibt darin in einer wunderbaren Sprache: Glaubt nicht, dass eure kleinen Bemühungen nicht einen Wert hätten. In ihnen steckt ein Wert, der über das Sichtbare hinaus Gutes in der Welt bewirkt. - Das ist für uns alle sicherlich eine Motivation, bei diesem Thema gemeinsam entschlossen weiterzuarbeiten.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Göppel schließt seine Rede mit dem Zitat des Verses 212 der Umweltenzyklika von Papst Franziskus: "Meint nicht, dass eure Bemühungen die Welt nicht verändern ..."