"Die Natur kennt keinen Neustart"

Welt-online vom 23. April 2009

Von Claudia Ehrenstein 23. April 2009

Josef Göppel (CSU) hatte einst als einziger Unionsabgeordneter im Bundestag gegen das neue Gentechnik-Gesetz gestimmt, das den Anbau von Genmais regelt. Damals, im Januar 2008, wurde er noch als Abweichler beschimpft. WELT ONLINE sprach mit Göppel über die Kehrtwende der CSU zur Anti-Gentechnik-Partei.

WELT ONLINE: Ex-Bundesagrarminister Horst Seehofer macht jetzt von Bayern aus weiterhin Agrarpolitik. Mischt er sich zu sehr ein?

Josef Göppel: Es ist doch sein gutes Recht, sich als CSU-Chef einzumischen und die Linie der Partei festzulegen. Das gilt gerade auch für das Thema grüne Gentechnik.

WELT ONLINE: Er hat durchgesetzt, dass Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) den kommerziellen Anbau von Genmais verboten hat. Das geht doch zu weit?

Göppel: Die CSU-Landesgruppe steht hinter der Entscheidung der Ministerin Aigner. Nur zwei Abgeordnete haben sich ausdrücklich dagegen ausgesprochen.

WELT ONLINE: Sie persönlich lehnen die grüne Gentechnik ab. Sind Sie fortschrittsfeindlich?

Göppel: Das hat nichts mit Fortschrittsfeindlichkeit zu tun. Die Forschung in geschlossenen Laboratorien halte ich weiterhin sinnvoll. Der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen wie Mais oder Kartoffeln ist ein unkontrollierbares Experiment in freier Feldflur. Fehler können nicht wieder rückgängig gemacht werden. Die Natur kennt keinen Neustart.


WELT ONLINE: Studien in Bayern haben aber gerade erst wieder die Unbedenklichkeit von Gen-Mais nachgewiesen.

Göppel: Es hat sich in der Tat gezeigt, dass es bei der Fütterung von Genmais keine jetzt erkennbaren Auswirkungen auf die Milch von Kühen gibt. Aber die Auswirkungen auf Bodenorganismen etwa wurden noch nicht ausreichend untersucht. Das ist für mich Grund genug, weiterhin vorsichtig zu sein.

WELT ONLINE: Der Genmais MON 810 produziert ein Gift, mit dem er sich vor dem Maiszünsler schützt. Dieses Gift wird auch im Öko-Landbau verwendet. Was also soll schlecht daran sein?

Göppel : Die Gentechnik greift in das Erbgut ein und verändert Pflanzen unterhalb der Molekülebene. Das kann unkontrollierbare Folgen haben. Wir sollten aber gentechnische Analysemethoden nutzen, um die konventionelle Züchtung zu verbessern und zu beschleunigen.

Artikel vom: 29.04.2009 13:24