Die Energiewende wird konkret

Stand der parlamentarischen Debatte

Berlin, 10. Juni 2011 – Deutschland wird bis 2022 alle Atomkraftwerke abschalten und den Umstieg auf erneuerbare Energien beschleunigen. Der Deutsche Bundestag berät ein umfangreiches Gesetzespaket, das am 8. Juli abschließend im Bundesrat beschlossen werden soll. Die Maßnahmen im Detail:

Atomausstieg

Im Zentrum des Atomausstiegs steht das Atomgesetz, in dem die stufenweise Abschaltung aller deutschen Atomkernkraftwerke bis 2022 festgeschrieben wird. Der Betrieb der acht bereits abgeschalteten Atomkraftwerke wird nicht wieder aufgenommen und die neun verbleibenden ab 2015, spätestens aber 2022 abgeschaltet. MdB Josef Göppel hatte die Laufzeitverlängerung im Herbst 2010 abgelehnt und nach dem Unfall in Fukushima eine dauerhafte Abschaltung der unsichersten Atomkraftwerke und ein gesetzlich fixiertes Enddatum für alle Atomkraftwerke gefordert (zum früheren Artikel)

Förderung erneuerbarer Energien

Der Anteil erneuerbarer Energien in der Stromerzeugung soll von heute 17% bis 2020 auf 35% verdoppelt werden. Eine zentrale Rolle im überarbeiteten Erneuerbare-Energien-Gesetz spielt Strom aus Wind. Der erste Entwurf des Bundesumweltministeriums setzt dabei besonders auf Meereswindkraft in Nord- und Ostsee und sieht eine Senkung der Vergütungssätze für Windkraft an Land vor. Josef Göppel, Obmann im federführenden Umweltausschuss, setzt sich in den laufenden Verhandlungen dafür ein, dieses Ungleichgewicht zu beseitigen: „Dieser Einschnitt bei einer kostengünstigen erneuerbaren Energie bei gleichzeitiger Aufstockung der teuren Förderung von Offshore-Windenergie widerspricht dem Grundgedanken einer höheren Fördereffizienz im EEG. Die Vergütungssätze im bestehenden Erneuerbare-Energien-Gesetz haben auch in mittleren Windlagen in Süddeutschland in nennenswerten Umfang Windkraftprojekte angestoßen. Das vermeidet den Bau teurer Netze von Nord- nach Süddeutschland. Die Vergütungssätze für Windkraft an Land müssen in unveränderter Höhe erhalten bleiben.“

Bei Biogasanlagen setzt Göppel auf die verstärkte Nutzung von Reststoffen wie Gülle und Landschaftspflegematerial in kleineren, hofgebundenen Biogasanlagen. Damit wird Flächenkonkurrenz zur Nahrungs- und Futtermittelerzeugung vermieden und Bioenergie bleibt eine Einkommensquelle der Landwirtschaft. Ein erster Entwurf des Bundesumweltministeriums hätte stark auf sehr große Biogaseinspeiseanlagen gelenkt. Im nun vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurf wurde die Förderung von hofnahen Reststoffanlagen bis 75 kW aufgenommen. In den weiteren Verhandlungen setzt sich Göppel dafür ein, die Bonuszahlungen für Großanlagen bis 5000 kW gegenüber dem jetzigen Entwurf weiter zu senken.

Beim Sonnenstrom will Göppel eine bessere Förderung des Eigenverbrauchs erreichen. Er sieht darin vor allem die Chance, dass kleine dezentrale Batteriespeicher rasch am Markt etabliert werden können. Außerdem wünscht Göppel eine Förderung gebäudeintegrierter Photovoltaik. Besonders in Städten könnten so im Einklang mit dem Stadtbild auch ohne neue Netze und Speicher verbrauchsnah noch viele Solarstromanlagen zugebaut werden. Darüber hinaus hält er eine Öffnung für Freiflächenanlagen an Gewerbegebieten für notwendig.

Bei der Förderung erneuerbarer Energien müssen die finanziellen Belastungen für die privaten Haushalte und Unternehmen in Grenzen bleiben. Die Umlage, die jeder Stromverbraucher für die erneuerbaren Energien zahlt, soll  3,5 Cent pro Kilowattstunde nicht überschreiten.

Direktvermarktung

Je mehr Wind und andere erneuerbare Energien Strom liefern, desto besser müssen sie mit konventionellen Kraftwerken und Stromspeichern zu einem stabilen Versorgungssystem zusammenwachsen. Deswegen will die Bundesregierung Anbieter fördern, die Strom aus erneuerbaren Energien nicht – wie bisher – an Netzbetreiber weiterleiten, sondern ihn direkt vermarkten. Außer dieser Marktprämie soll es eine sogenannte Flexibilitätsprämie für Biogas geben. Sie belohnt die Anbieter, die Strom bedarfsorientiert liefern.

Göppel hält die Einführung einer Marktprämie für Wind- und Sonnenstrom für verfrüht. Ohne die Entwicklung von Stromspeichern hätten die Anbieter keine Möglichkeit, die Einspeisung zu steuern. Als Speicheranreiz reiche die Marktprämie aber nicht aus. Göppel will deshalb eine stärkere Förderung von Stromspeichern.

Für die Verknüpfung von verschiedenen erneuerbaren Energien in regionalen Kombi-Kraftwerken will Göppel die Rahmenbedingungen für Grünstromanbieter sichern. Diese sollen künftig einen Pflichtanteil von Wind- und Sonnenstrom in ihr Angebot aufnehmen und dafür eine um 2,5 ct/kWh niedrigere EEG-Umlage zahlen. Der Vorschlag des Umweltministeriums sieht derzeit Rahmenbedingungen vor, die Grünstromvermarktung praktisch unmöglich machen.

Stromspeicher

Mit der "Förderinitiative Energiespeicher" unterstützt die Bundesregierung Forschungsvorhaben zur Entwicklung von Speichertechnologien für Strom, Wärme und andere Energieträger. Bis 2014 werden dafür 200 Millionen Euro bereitstehen.

In der Förderrichtlinie sind detaillierte Kriterien angegeben, nach denen vor allem die ortsgebundene Energiespeicherung erforscht werden soll. Gefördert werden industriegeführte Verbundprojekte und Vorhaben von Universitäten und Forschungseinrichtungen.  Die Ausschreibung finden Sie hier.

Klimagerechte Entwicklung in Städten und Gemeinden

Die Koalitionsfraktionen haben auch einen Gesetzentwurf zur Stärkung der klimagerechten Entwicklung in Städten und Gemeinden vorgelegt. Zur Stärkung des Klimaschutzes wird in das Baugesetzbuch eine Klimaschutzklausel eingefügt, die Festsetzungsmöglichkeiten zu erneuerbaren Energien und Kraft-Wärme-Kopplung erweitert, Sonderregelungen für die Windenergienutzung schafft und die Nutzung von Photovoltaikanlagen erleichtert. Dadurch soll es leichter werden, Flächen für Windräder und dezentrale Kraftwerke auszuweisen.

Für die Windenergie an Land ist insbesondere die Ausweisung von Eignungsflächen entscheidend. Bund und Länder stimmen Abstände, Höhen und Genehmigungen in Schutzgebieten in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe ab. Starre Abstands- und Höhenbegrenzungen sollen durch bundesweite Kriterien für flexible Abstands- und Höhenbegrenzungen im Einzelfall ersetzt werden. Die Einzelheiten werden in der Regionalplanung festgelegt.

Förderung der Gebäudesanierung

Das CO2-Gebäudesanierungsprogramm wird bis 2015 auf jährlich 1,5 Milliarden Euro aufgestockt. Die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau kann dadurch mehr Investitionszuschüsse und zinsvergünstigte Kredite vergeben. Neu ist die Einführung einer Steuerabschreibung.  Wer das Angebot der Kreditanstalt für Wiederaufbau nicht nutzen möchte, kann künftig jährlich 10 Prozent der Investitionen für Energiesparmaßnahmen an Gebäuden steuerlich absetzen.

Gefördert werden Maßnahmen an Gebäuden, die vor 1995 errichtet wurden. Dabei gibt es zwei Wege:

Bei vermieteten Wohngebäuden sollen Maßnahmen gefördert werden, mit denen erreicht wird, dass das Gebäude einen Primärenergiebedarf von 85 Prozent eines zum Zeitpunkt des Beginns der Maßnahme vergleichbaren Neubaus nicht überschreitet. Dieses Niveau kann nur durch eine umfassende energetische Sanierung und einer Lüftung mit Wärmerückgewinnung erreicht werden. Josef Göppel setzt sich in den parlamentarischen Beratungen dafür ein, dass auch weniger anspruchsvolle Sanierungen steuerlich gefördert werden. Steuerpflichtige können über einen Zeitraum von 10 Jahren diese nachträglichen Herstellungskosten in Höhe von jeweils 10 Prozent steuermindernd geltend machen.

Bei energetischen Sanierungsmaßnahmen an selbstgenutzten Wohngebäuden können die entsprechenden Aufwendungen über einen Zeitraum von 10 Jahren gleichmäßig verteilt wie Sonderausgaben abgezogen werden. Die erhebliche Verringerung des Energiebedarfs des Gebäudes sei durch Bescheinigung eines Sachverständigen nachzuweisen, heißt es in dem Entwurf. Das Gesetz soll zum 1. Januar 2012 in Kraft treten.

Die Bundesregierung erwartet dadurch vor allem einen Schub bei vermieteten Gebäuden. Die Sanierungen blieben dort häufig aus, weil die Vermieter die Investition nur teilweise auf die Miete umlegen können. Die Regierung greift damit einen Vorschlag von Josef Göppel auf, den dieser bereits seit 2009 vertritt (zum früheren Artikel).

Netzausbau

Die Höchstspannungsnetze in Deutschland sollen beschleunigt ausgebaut werden. Beim Neubau von Höchstspannungsleitungen mit überregionaler Bedeutung soll es in Zukunft eine bundeseinheitliche Prüfung der Raumverträglichkeit der Trassenkorridore und eine Planfeststellung durch die Bundesnetzagentur geben.

Neue Leitungen der Spannungsebene 110 Kilovolt oder weniger sollen in der Regel als Erdkabel verlegt werden. Außerdem sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Übertragungsnetzbetreiber endgültig für die Netzanbindung von Offshore-Windparks zuständig werden.

Städte und Gemeinden, die von neuen Höchstspannungsfreileitungen betroffen sind, sollen eine Ausgleichszahlung von 40.000 Euro pro Kilometer Leitung erhalten. Anders als bei Straßen oder Schienen haben nämlich die Gebietskörperschaften entlang einer Stromtrasse keinen eigenen Nutzen von dem Projekt.

Hier finden Sie alle vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzesentwürfe zur Energiewende.

Artikel vom: 14.05.2011 00:00