Biologische Rohstoffe gerechter bewerten

Josef Göppel MdB bei seiner Rede im Deutschen Bundestag am 15. Oktober 2015

Berlin, 15. Oktober 2015  -  Rede von Josef Göppel im Deutschen Bundestag zum deutschen Umsetzungsgesetz des Nagoya-Protokolls über den gerechten Zugang zu genetischen Ressourcen: 

 

 

Hier finden Sie das Video zur Bundestagsrede "Biologische Rohstoffe gerechter bewerten".

 

Josef Göppel (CDU/CSU)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
An einem Tag, an dem wir die neuen Gesetze für Asylbewerber verabschiedet haben, darf man schon sagen:
Hier geht es um Beseitigung und Eindämmung von Fluchtursachen, und zwar weit in die Zukunft hinein.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist das Erfreuliche und Hoffnungsvolle an der Umsetzung des Nagoya-Protokolls.

Ich sehe es noch vor mir, wie vor ziemlich genau fünf Jahren, im Oktober 2010, die Delegierten geradezu erleichtert aufgeatmet und stürmisch Beifall gespendet haben, weil es endlich gelungen war, zu einem Übereinkommen zu finden, damals, ein Jahr nach dem Desaster in Kopenhagen in Bezug auf den Klimaschutz.

Dieses Nagoya-Protokoll kommt etwas spröde daher; das wurde von den Rednerinnen und Rednern vor mir ganz gut beleuchtet. Ich sehe auch Anlass, drei Punkte zu markieren, an denen nachgearbeitet werden muss:

1. In der Anhörung hat sogar der Vertreter der chemischen Industrie gesagt: „Wir wissen nicht, wann die Nutzung beginnt und wann sie endet.“ Man befürchte eine Flut von Rechtsstreitigkeiten zulasten der Betriebe, die das Abkommen umsetzen wollen. In der europäischen Verordnung fehlt der Bereich der Vermarktung. Im spanischen Umsetzungsgesetz sind Verwendung und Vermarktung enthalten. Auch im französischen Umsetzungsgesetz ist von „utilisation commerciale“ die Rede, also der nutzbringenden Verwendung. Deswegen denke ich, das muss in den weiteren Beratungen darüber, wie man das Ganze handhabbar macht, noch einmal aufgegriffen werden.

2. Es geht um gewaltige kulturelle Unterschiede für indigene Völker. Übrigens, heute Abend sind welche vom Amazonas hier in Berlin; auch dort geht es um diese Fragen. Für diese Menschen kann etwas, was der Mutter Erde entnommen wird, niemals Privatbesitz sein. Deswegen haben sie keinerlei Verhältnis zu dem, was wir „Patente“ nennen. Es geht also darum, in einem offenen und durchsichtigen Prozess in den jeweiligen Ländern ausgiebig und einfühlsam mit den bisherigen Hütern dieser Schätze zu reden. Sie sehen oftmals ihre nationale Regierung als Handlanger der Industrie.

(René Röspel (SPD): Sehr richtig, Josef!)

3. Damit bin ich beim dritten Punkt. Der Vorteilsausgleich, um den es geht - das hat ja mein Kollege Schulze sehr klar dargestellt -, geht fast immer an die nationale Regierung, aber damit noch lange nicht an die lokalen Gruppen, die in den jeweiligen Gebieten wohnen. Sie leben in einer Art Allmendewirtschaft, in einer allgemeinen Wirtschaftsweise, in der über Jahrhunderte mit diesen Stoffen umgegangen wird und die ihre Naturschätze auch zum Wohl ihrer Gemeinschaften verwendet haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Deswegen ist auch an diesem Punkt noch einmal nachzuarbeiten.

Trotzdem: Wenn ich ein Resümee ziehe, kann ich sagen, dass wir heute an einem wichtigen Punkt sind, auch wenn die Anzahl der Abgeordneten, die an diesem Beschluss teilnimmt, überschaubar ist. Dennoch ist es ein Beschluss, der die Welt gerechter macht, der weit in die Zukunft reicht und der uns auch hilft, in einer positiven Art und Weise auf die Gemeinschaften und Völker, die diese Schätze besitzen, zuzugehen - so wie das Bild Deutschlands seit kurzem ja auch durch sein Verhalten gegenüber Flüchtlingen positiv geprägt wird.

Ich sage nochmals - ich kehre zum Anfang zurück -: Hier geht es darum, durch einen gerechten Vorteilsausgleich für Lebens- und Entwicklungschancen in diesen Ländern zu sorgen, damit dort die eigene, gewachsene Kultur auch im 21. Jahrhundert eine Zukunft hat.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

 

Quelle:
Plenumsprotokoll zur Beratung über zwei von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwürfe zur Umsetzung des Nagoya-Protokolls (Drs. 18/5321, Drs. 18/5219) und der Beschlussempfehlung des federführenden Umweltausschuss (Drs. 18/6384). 

Hintergrund:
Das vor 5 Jahren verabschiedete Nagoya-Protokoll ist ein wichtiger Beitrag zur Beseitigung der Fluchtursachen - der weit in die Zukunft hinaus wirkt. Als vierter Teil des Abkommens zur Biologischen Vielfalt (CBD) wurde es nach langen Verhandlungen im Herbst 2010 in Nagoya verabschiedet.

Ziel des Nagoya-Protokolls ist es zu gewährleisten, dass der Zugang zu genetischen Ressourcen, die in Weltregionen mit großer Artenvielfalt vorkommen, zu fairen und transparenten Bedingungen möglich ist. Dafür sollen die Herkunftsländer in gerechter Weise an den Vorteilen, die sich aus der Nutzung ihrer Ressourcen ergeben, beteiligt werden.