Die Strompreisbremse darf nicht zur Ausbaubremse werden

Bundestagsrede vom 28. Februar 2013

Hier können Sie den Videomitschnitt der Rede sehen.

Josef Göppel (CDU/CSU):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Zielvorgaben der Bundesregierung zur Energiewende bleiben richtig, auch bei heftiger Kritik der Opposition.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Klaus Breil (FDP))

Wenn wir den Istzustand mit den Zielvorgaben vergleichen, dann stellen wir fest: Beim Ausbau der erneuerbaren Energien liegen wir zwar gut in der Zeit, aber die Zielvorgaben haben wir noch nicht erreicht. Als Abgeordneter der CSU sage ich: Solange die Zielvorgaben nicht erfüllt sind, muss der Ausbau weitergehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das bedeutet, dass die Strompreisbremse, die für bestimmte Bevölkerungsschichten sehr wohl ihre Berechtigung hat, nicht zu einer Ausbaubremse führen darf.

(Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ist sie aber jetzt schon!)

Mit dem Ziel der Energiewende verbindet die Bundesregierung den Anspruch, eine krisenfeste und langfristig günstigere Energieversorgung für Deutschland zu gewährleisten: krisenfest, weil der Strom durch erneuerbare Energien im eigenen Land erzeugt wird - und damit indirekt aus Stromüberschuss - , - und günstiger - das beweist die Strombörse in Leipzig -,

(Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Richtig!)

weil die variablen Kosten sehr viel niedriger sind als bei der Erzeugung von Strom aus herkömmlichen Energien. Das heißt, die Langfristperspektiven sind günstig.

Zur Bewertung der aktuellen Vorschläge.

Erstens. Für Süddeutschland ist ein rückwirkender Eingriff nicht hinnehmbar. Das wäre aus unserer Sicht ein Dammbruch im Hinblick auf die Investitionsbereitschaft der Menschen. Das entspricht ausdrücklich der Stimmung in meiner bayerischen Heimat.

(Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In ganz Deutschland!)

Zweitens. Für uns ist eine undifferenzierte Kürzung bei der Windenergie über das ganze Land hinweg nicht akzeptabel. Hier muss nach der Standortqualität differenziert werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Drittens. Man kann darüber reden, den Eigenverbrauch heranzuziehen. Aber auch da muss nach den klimabelastenden Faktoren differenziert werden, die die einzelnen Energien und Brennstoffe mit sich bringen. Es kann nicht sein, dass jemand, der in ein mit Kohle betriebenes Kraftwerk investiert und die gewonnene Energie selbst verbraucht, nur so viel bezahlen muss, wie jemand, der auf seiner Scheune ein paar Solarzellen installiert hat oder den Strom durch das Windrad einer Energiegenossenschaft seines Dorfes erzeugt.

Viertens ist es weiterhin für uns entscheidend, wie die neue Stromvermarktung gestaltet werden kann. Wer sich mit Praktikern an der Basis unterhält, der merkt, dass sich zwei Vorschläge immer stärker herauskristallisieren. Der eine ist: Wir dürfen nicht den gesamten erneuerbaren Strom über die Börse ziehen. Vielmehr müssen wir versuchen   so wie es in der Realität bereits stattfindet  , möglichst vorher große Anteile regional direkt zu vermarkten. Der zweite Vorschlag bezieht sich auf das Desaster beim europäischen Emissionshandel. Solange er nicht wieder funktionsfähig ist, müssen wir auf die Energiemengen, die in Leipzig an der Börse angeboten werden, eine Abgabe auf die einzelnen Energiearten erheben, je nach Klimabelastung, um Wettbewerbsfähigkeit und Wettbewerbsgerechtigkeit zu gewährleisten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In meinem Heimatland Bayern ist eine wahre Volksbewegung für den Ausbau erneuerbarer Energien in Gang. Wir von der CSU unterstützen diese Bewegung umfassend, weil es unseren Grundwerten entspricht, dass Menschen von passiven Konsumenten von Energie zu eigenverantwortlichen Produzenten und Managern von Energie werden und auf diese Art und Weise ein ganz anderes Verhältnis zur Energie bekommen; denn das erstreckt sich auch auf alle Familienangehörigen.

Der nachhaltigere Umgang mit Energie hat sehr viel damit zu tun, dass Millionen von Menschen in das Energiegeschäft einbezogen werden und wir auf diese Art auch im sozialen Sinn der Nachhaltigkeit die alte, zentral gesteuerte Energiewirtschaft überwinden.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Hier der Gegenvorschlag von Josef Göppel zur Strompreisbremse von Peter Altmaier und Philipp Rösler

28. Februar 2013 – Josef Göppel hält sowohl den ersten Entwurf zur Strompreissicherung von Bundesumweltminister Peter Altmaier, als auch den mit dem Bundeswirtschaftsminister abgestimmten zweiten Vorschlag für einen faktischen Stopp der Energiewende.

Um den dezentralen Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht zu gefährden, schlägt Göppel folgende Änderungen am Konzept Altmaier/Rösler vor:

1.    Windenergieanlagen an Land dürfen nicht pauschal auf 8 Ct/kWh abgesenkt werden! Stattdessen soll die Vergütung nach der mittleren Windgeschwindigkeit am Standort differenziert werden. Die Vorschläge der beiden Ministerien würden zu einem sofortigen Neubaustopp im Binnenland führen.

2.    Von den Offshore-Anlagen ist bei Altmaier und Rösler nicht die Rede. 19 Ct/kWh und Risikoüberwälzung auf die Netzgebühren sind eine krasse Wettbewerbsverzerrung, die so nicht bleiben kann.

3.    Eigenverbrauch ist keine Entsolidarisierung! Er trägt zur Netzstabilisierung bei und senkt die Kosten des Netzausbaus. Deshalb darf es zu keiner pauschalen Abgabe für alle Anlagen kommen. Stattdessen soll die Abgabe nach dem spezifischen Klimagasausstoß der eingesetzten Technik gestaffelt werden. Nur so lässt sich der Strom aus angekauften Kohlekraftwerken, der als Eigenverbrauch geltend gemacht wird, verursachergerecht bewerten.

4.    Keine Wegnahme des Güllebonus bei Altanlagen. Der Güllebonus war der politisch gewollte Preis für mehr Gülleeinsatz zur Methanbindung. Er erforderte Zusatzinvestitionen für Pumpen, Vorratsbehälter und Endlager. Von der Kürzung betroffen wären vor allem Kleinanlagen bis 150 KW. Denkbar wäre stattdessen die Ausdehnung der Abwärmenutzungsplicht bei Altanlagen auf einen Gesamtwirkungsgrad von 80 Prozent unter Einbeziehung des Eigenbedarfs der Anlage.

5. Solange die installierte Leistung der Erneuerbaren Energien unter den Zielvorgaben des Energiekonzepts der Bundesregierung liegt, darf der Ausbau nicht gebremst werden. Die vorgesehene 5-Monats-Wartezeit für den Start der EEG-Vergütung führt ohne Änderung des Strommarktdesigns dazu, dass zum Beispiel bei Biogasanlagen sechs Jahre lang keine Anlagerendite besteht! Ein solch undifferenzierter Eingriff ist vor allem für Süddeutschland nicht hinnehmbar.

6.    Entscheidend für die Zukunft ist ein Strommarktdesign, das der dezentralen Erzeugung besser gerecht wird. Das Paradoxon steigender EEG-Kosten bei sinkenden Börsenstrompreisen muss aufgelöst werden. Das Institut für Zukunftsenergiesysteme in Saarbrücken legte dazu vor kurzem einen Vorschlag vor, der weiterführen kann.

Danach würde der erneuerbar erzeugte Strom nicht mehr unmittelbar der Börse, sondern den regionalen Stromverkäufern zugewälzt. Diese würden Angebot und Nachfrage schon auf regionaler Ebene weitgehend ausgleichen. Das soll zu realen Preisen im 15-Minuten-Takt geschehen. Die Lücke zur EEG-Vergütung fiele dadurch erheblich kleiner aus.

Solange der europäische Emissionshandel nicht funktioniert, muss außerdem den an der Börse angebotenen Strommengen ihre spezifische Klimabelastung aufgeschlagen werden.

Für unsachlich und politisch schädlich hält Göppel auch die Behauptung, die Energiewende würde bis Ende der 30er Jahre 1 Billion Euro kosten.
Das Mindeste wäre, die Einsparung beim Kauf von Kohle, Öl und Gas gegenzurechnen. Die Erneuerbaren Energien ersparen bisher schon jährlich 10 Prozent oder 8 Milliarden Euro dieser Kosten, obwohl sie erst 7 Prozent des Primärenergiebedarfs ausmachen. In 30 Jahren wird Deutschland auf diese Weise mehr als 1 Billion an Importkosten einsparen.