Verbände stärken - Das Umweltrechtsbehelfsgesetz

Bundestagsrede vom 18. Oktober 2012

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich begrüße den Entwurf zur Neugestaltung des Umweltrechtsbehelfsgesetzes. Durch das Trianel-Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 12. Mai 2011 wurde Deutschland veranlasst, das Verbandsklagerecht zu ändern. Das Gericht beanstandete die Beschränkungen auf die Verletzung subjektiver Rechte. Es ist schade, dass Deutschland erst nach mehrmaliger Aufforderung durch den Gerichtshof in Luxemburg die Mitbestimmungsrechte seiner Bürger erweitert. Deutschland gehört zu den Mitgliedsländern der Europäischen Union, die Klagerechte noch immer einschränken. Deswegen hat die europäische Kommission Ende September ein Verfahren wegen Vertragsverletzung eingeleitet.

Erst durch den neuen Gesetzesentwurf werden Umweltverbandsklagen den Individualklagen gleichgestellt. Künftig können auch Verbände gegen Verletzungen aller umweltrechtlichen Vorschriften Klage einreichen.

Dennoch beschreitet Deutschland noch immer einen Sonderweg. Das Klagerecht bleibt eingegrenzt. Die „flankierenden Regelungen“ in § 4a UmwRG schränken Klagerechte auf folgende Weise ein:

  • Die Einführung einer Klagebegründungsfrist.
  • Das Gericht muss den Sachverhalt einer behördlichen Entscheidung nur formal auf Vollständigkeit hin überprüfen, nicht jedoch auf inhaltliche Fehler oder Lücken.
  • Ein Gericht kann erhöhte Anforderungen an die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen anordnen.


Auch der Bund der deutschen Verwaltungsrichter sieht hier eine Gefahr. Er befürchtet, dass Deutschland die Vorgaben aus Brüssel nicht weit genug umsetzt. Die Verwaltungsrichter hegen weiter Bedenken gegen § 4a UmwRG. Dieser Position schließe ich mich an. Der Bundesrat hat sich bereits im September für das Streichen der „flankierenden Maßnahmen“ ausgesprochen.

Ich werde mich auch weiterhin dafür einsetzen, dass Genehmigungen bei fehlerhaften Umweltverträglichkeitsprüfungen aufgehoben werden müssen. Hier muss rechtliche Klarheit geschaffen werden.

Anerkannte Umweltverbände werden in ihren Rechten durch die Änderungen zwar gestärkt. Das Klagerecht ist ein wichtiger Schritt zur Mitgestaltung. Dennoch erfüllen die deutschen Vorschläge noch nicht alle die europäischen Anforderungen. Es muss mit weiteren Niederlagen vor dem Europäischen Gerichtshof gerechnet werden. In Deutschland machen Umweltverbandsklagen im übrigen nur 0,03 Prozent aller Veraltungsgerichtsverfahren aus. Die Angst vor einer Klageflut ist also nicht begründet.

Andere europäische Länder haben es vorgemacht. Auch wir sollten die Bürger stärker einbinden. Dafür müssen neue Möglichkeiten der Partizipation geschaffen werden.



Josef Göppel, MdB