Europa muss sich bewegen

Bundestagsrede vom 12. Mai 2011

Hier finden Sie den Videomitschnitt der Rede.

Josef Göppel (CDU/CSU):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden zum wiederholten Male über die Anhebung des europäischen Klimaschutzzieles. Der Deutsche Bundestag hat sich über alle Fraktionen hinweg darauf verständigt, dass Deutschland seine CO2 Emissionen bis 2020 um 40 Prozent reduziert. Ich sage ganz klar, Herr Kollege Ott: Ich erwarte als Abgeordneter der Koalition, dass sich alle Mitglieder der Bundesregierung dem Vorstoß des Bundesumweltministers anschließen und jetzt im Europäischen Rat für die Anhebung des europäischen Ziels eintreten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Die eigenen Leute klatschen nicht!)

Da wir bereits im Jahr 2011 eine Senkung um 17,3 Prozent erreicht haben, sind 20 Prozent bis zum Jahr 2020 nämlich kein glaubwürdiges Ziel mehr. Genau dieses Problem kennen ja alle, die an Klimaschutzverhandlungen teilnehmen. Wenn sich die Europäische Union nicht bewegt, dann scheitert Durban. Das ist absehbar.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Deshalb können wir in Bezug auf den Temperaturanstieg auch nicht beim Zwei-Grad-Ziel bleiben. Das genau ist der Punkt, um den es geht.
Wo liegen aber die Hinderungsgründe? Natürlich ist die Angst vorhanden, dass Europa mit einem höheren Klimaschutzanspruch wirtschaftlichen Schaden nehmen würde.

Das Wirtschaftsministerium hat bei der Prognos AG und der GWS eine Studie in Auftrag gegeben - wie immer für teures Geld. Sie haben festgestellt, dass die Anhebung des Klimaschutzzieles auf 30 Prozent zu viele Nachteile für die europäische Wirtschaft mit sich bringen würde. Dabei wurde nicht berücksichtigt, dass es schon in allen Ländern Steuererleichterungen für die energieintensive Industrie gibt. Es wurde auch nicht berücksichtigt, dass wir eine preisdämpfende Wirkung zu verzeichnen haben, wenn weniger Primärenergie aus Drittländern eingekauft werden muss, und es wurde nicht berücksichtigt, dass durch Klimaschutzinvestitionen auch neues Wachstum generiert wird.

Deswegen ist die entscheidende Frage: Wie schätzen wir das ein? Bringt eine Vorreiterrolle Nachteile, isoliert sie uns, oder bringt sie uns Vorteile? Die bisherigen wirtschaftlichen Erfahrungen unseres Landes auch auf dem Sektor der erneuerbaren Energien sind doch eindeutig: Mit einem energischen Vorangehen isolieren sich Deutschland und Europa nicht, sondern setzen sie sich international an die Spitze.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Genau diese Spitzenposition wird unserem Land Vorteile verschaffen.
Mir hat gerade einer aus meiner Fraktion ins Ohr geflüstert: Wir wollen bezahlbare Strompreise. Der Mann hat recht. Ich will auch bezahlbare Strompreise. Wir werden aber sehen, dass in Zukunft nur noch saubere Stromquellen bezahlbar sein werden, weil die Folgekosten des Nichtstuns sehr viel höher als die Investitionen sind, die wir jetzt für den Klimaschutz brauchen.

(Beifall im ganzen Hause)