Entwicklungstrends im ländlichen Raum

Rede von MdB Josef Göppel beim Neujahrsempfang der CSU Wassertrüdingen am 6. Januar 2008

Liebe Gäste!

Zunächst ein gutes neues Jahr 2008 für Sie alle. Ich bedauere, dass ich diesen Glückwunsch beim Hereingehen nicht allen persönlich sagen konnte, doch ich wünsche Ihnen und Ihren Familien von Herzen alles Gute. Wer diesen Saal betritt, spürt sofort den besonderen Gemeinschaftsgeist der Menschen im Hesselbergraum.

Es sind heute viele Kandidaten für Kreistag und Stadtrat hier. Demokratie ist mit Wettbewerb und Kampfabstimmungen verbunden. Doch das Leben geht auch nach dem 2. März weiter. Das Wichtigste ist das menschliche Miteinander und die zwischenmenschlichen Beziehungen. Wir müssen dann alle wieder gemeinsam zum Wohl unserer Heimatregion arbeiten.

Beim Blick auf die Lage in Deutschland zu Beginn des Jahres 2008 greife ich die Meldung heraus, wonach Deutschland jetzt nach China das wettbewerbsfähigste Land der Erde ist. Vor kurzem hat man uns noch als Schlusslicht in Europa bezeichnet. Diese erfreuliche Tatsache muss allerdings differenziert werden. Wir haben in den ländlichen Räumen einige wirtschaftliche Probleme. Sie sind allerdings bei gutem politischem Willen leichter lösbar, als die sozialen und menschlichen Probleme in den städtischen Ballungsräumen. Ich erwähne dabei nur das aktuelle Beispiel der Jugendkriminalität.

Die Arbeitslosigkeit im Landkreis Ansbach liegt zum 1. Januar 2008 bei 3,8 %. Gegenüber dem Landesdurchschnitt von 4,6 % ist das ein erfreuliches Ergebnis. Wir haben es dem Handwerk und den familiengeführten Mittelstandsbetrieben zu verdanken. Sie sind unser wirtschaftliches Rückgrat. In der Arbeitslosenstatistik finden sich aber diejenigen, die schon weggezogen sind, nicht wieder. Wir haben ein Problem bei den gut ausgebildeten Fachhochschul- und Universitätsabsolventen, weil sie meistens keinen qualifizierten Arbeitsplatz bei uns finden. Der Bevölkerungsschwund in der Altersklasse zwischen 25 und 35 Jahren ist ein ernstes Problem. Ich verlange deshalb neben anderen ländlichen Abgeordneten die Wiedereinführung der Entfernungspauschale ab dem ersten Kilometer. Die Entfernungspauschale ist ein Symbol dafür, ob der Staat will, dass junge Leute im ländlichen Raum wohnen bleiben. Ihre Einschränkung löst Besorgnisse aus, dass der Staat die Bedingungen für das Leben auf dem Land allmählich immer weiter verschlechtern wird. Ich bin froh, dass Leute wie Hugo Pelczer, Toni Seitz oder Franz Winter immer wieder deutlich darauf hingewiesen haben. Gute Freunde erkennt man eben auch an ihren mahnenden Hinweisen, wenn etwas schief läuft.

Darüber hinaus muss der Landtag die Zweitwohnungssteuer so ändern, dass Studenten den Erstwohnsitz in ihrem Heimatort behalten können. Ich bin schon deshalb dafür, damit meine Töchter mich hier auch wählen können (Lachen; Zwischenruf: „Wenn sie es tun!").

Deutschland bekommt wieder mehr Kinder und gerade die bayerischen jungen Männer nützen am eifrigsten die zwei Erziehungsmonate des Elterngeldes. Wer hätte das gedacht! Im Landkreis Ansbach sind 20 % der Bevölkerung unter 18 Jahre alt; das ist ein Viertel mehr als im mittelfränkischen Durchschnitt. Mit dem Bündnis für Familie, das Stefan Horndasch verantwortlich betreut, hilft der Landkreis, Familie und Beruf vereinbarer zu machen und auf diese Weise die Geburtenzahl zu erhöhen. So greifen kommunale und bundespolitische Maßnahmen wirksam ineinander. Wir brauchen auch noch das Erziehungsgeld für diejenigen, die ihre Kinder bis zu drei Jahren zu Hause erziehen und keinen Krippenplatz in Anspruch nehmen. Selbst wenn bis 2013 für ein Drittel der Kinder eines Jahrgangs Krippenplätze bereitstehen, gibt es immer noch zwei Drittel selbst erziehende Eltern. Die CSU steht deshalb weiter zum Erziehungsgeld.

Ich komme nochmals zurück auf den Einwohnerschwund. Die Einführung einer Ansiedlungsprämie halte ich für eine mutige Entscheidung von Hugo Pelczer und dem Wassertrüdinger Stadtrat. Wir müssen bei diesem Thema darüber hinaus in der Hesselbergregion gemeinsam vorgehen. Wir müssen insgesamt eine Marke „Hesselbergraum" entwickeln. Wir müssen es durch konkrete Maßnahmen erreichen, dass die Menschen beim Wort „Hesselbergraum"

an besonders gute Unterstützung junger Familien denken,

an beste Ausbildungsmöglichkeiten,

an qualitätvolles Leben im Alter,

an reiches Gemeinschaftsleben,

an niedrige Arbeitslosigkeit,

an lebendige Tradition,

an intakte Landschaft.


Ich rate auch dazu, das Thema Einwohnerschwund wohl dosiert vorzutragen. Wer für seinen Raum ein negatives Erscheinungsbild entstehen lässt, verliert. Wir müssen immer wieder unsere Stärken heraus stellen!

Eine zweite Nachricht ist prägend für den Jahresanfang 2008. Der Ölpreis hat 100 Dollar überschritten. Die OPEC verkündet, dass etwa ab 2024 die Ölversorgung auch mengenmäßig nicht mehr ausreicht. Hier zieht eine grundlegende Änderung unserer Lebensverhältnisse herauf. Wie sollen die Menschen auf dem Land noch an ihre Arbeitsstellen kommen? Neben der schon erwähnten Entfernungspauschale ab dem ersten Kilometer halte ich auch den weiteren Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs bis in Orte mit 150 Einwohnern für nötig -- finanziert von der gesamtstaatlichen Gemeinschaft. Diese Sonderlast kann nicht den dünn besiedelten Räumen allein aufgebürdet werden. Es droht eine Spaltung der Gesellschaft in solche, die das alles noch bezahlen können und diejenigen, die sich ein Auto nicht mehr leisten können. Dem muss die Politik auf allen Ebenen rechtzeitig entgegen treten. Ich werde das bei der morgen beginnenden Klausurtagung der CSU-Bundestagsabgeordneten in Kreuth deutlich ansprechen.

Gerade weil diese Probleme so drängend sind, müssen wir die Energiegewinnung aus unserem eigenen Land vorantreiben, wo wir können. Sicher, die Balance zwischen Energiebauern und herkömmlichen Bauern muss erst noch gefunden werden. Die Bundespolitik führt beim neuen EEG einen Güllebonus ein, damit Biogasanlagen an Bauernhöfe gebunden werden. Biogasfabriken, die in der freien Landschaft stehen und nur mit Mais gefüttert werden, sind nicht unser Ziel! In Indonesien habe ich vor kurzem die riesigen Palmölplantagen in gerodeten Regenwäldern gesehen. Nach 10 bis 15 Jahren brechen die Ölpalmbüsche zusammen und man muss wieder ein neues Gebiet roden. Es gibt eine Alternative dazu auf der Insel Sulawesi, die seit Jahrhunderten praktiziert wird, das Abzapfen des Saftes von Zuckerpalmen. Das ist in großen Plantagen nicht möglich und deswegen setzt es sich nicht durch. Etwas Ähnliches erleben wir in unserem Land. Die mittelständische Pflanzenölerzeugung wird zurückgedrängt, weil die Wertschöpfung an den großen Ölgesellschaften vorbei geht. Hier liegt ein Grundproblem des kapitalistischen Wirtschaftens. Überall gibt des die Tendenz zu monopolistischen Großstrukturen. Oftmals bessere dezentrale Lösungen, die der Entwicklung der Menschheit mehr dienen würden, werden zugeschüttet. Ich bin froh, dass der Landkreis Ansbach jetzt ein umfassendes Energiekonzept beschließen will. Ein dünn besiedelter Raum wie der Landkreis Ansbach kann sich bis 2020 zu 80 % aus der eigenen Fläche mit Energie versorgen. Bei den Sektoren Strom und Wärme ist das ganz möglich, bei den Kraftstoffen aus heutiger Sicht nur zu einem geringeren Teil. Wer gegen erneuerbare Energien ist, muss sagen, was seine Alternative wäre. Die Zeit drängt.

Schließen möchte ich mit einem erneuten Wunsch für ein gutes neues Jahr, der aus einem alten Spruch stammt: Werden wir alle so, wie wir sein möchten. Dann wird die Welt ein wenig besser.