Sinnvoller Umgang mit FFH-Gebieten und Bibern

Bundestagsrede am 28. März 2007

Sie können sich hier den Videomitschnitt der Rede ansehen.

Josef Göppel (CDU/CSU):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Zurzeit sorgen sich viele Deutsche um die Urwälder, weil zur Gewinnung von Palmöl Wälder abgeholzt werden. Ich finde diese Sorgen gut und richtig, aber wir selber sind nur dann glaubwürdig, wenn wir den Artenschutz und den Naturschutz in unserem eigenen Land ernst nehmen. Deswegen ist das jetzige Urteil des Europäischen Gerichtshofes ein Anlass, sich wieder zu fragen: Tun wir genug, und sind wir bisher den richtigen Weg gegangen?
Eines ist sicher: Durch mehr Anbau von nachwachsenden Rohstoffen und Biomasse in Deutschland bekommen wir wieder mehr Nutzungsdruck. Als ich in den 60er-Jahren meine Ausbildung als Förster begonnen habe, war es noch so, dass möglichst jeder Quadratmeter genutzt wurde. Dieser Nutzungsdruck steht uns nun wieder bevor. Das ist eine besondere Herausforderung für den Artenschutz. Ich bin deshalb froh, dass wir die europäischen Schutzgebiete haben, Natura 2000. Das hebt die Qualität unseres Landes mit Blick auf den Tourismus, aber natürlich auch die Attraktivität insgesamt. Regionale Wirtschaftsentwicklung hängt in vielen Teilen unseres Landes eng mit einer intakten Naturqualität zusammen. Das gilt immer mehr.
Wenn man nun aber wissen will, warum diese europäischen Schutzgebiete eine so geringe Akzeptanz haben und warum es so viele Widerstände gibt, dann muss man sich mit der traditionellen Nutzung beschäftigen. Diese Gebiete sind ja deshalb in den großen europäischen Verbund aufgenommen worden, weil sie durch die traditionelle Nutzung eine bestimmte Qualität behalten haben.
Werte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, nehmen Sie einmal folgendes Beispiel: Da ist ein alter Baumbestand, ein Buchenbestand; die Bäume sind 120 oder 130 Jahre alt und sollen nun genutzt werden. In einigen Bäumen gibt es eine Spechthöhle. Diese Bäume darf der betreffende Waldbesitzer, obwohl es in diesem Wald auch viele andere alte Bäume mit Spechthöhlen gibt, nicht umschneiden. Das ist in meinen Augen eine zu enge Auslegung der europäischen Vorschrift.
Ich glaube, dass die Novellierung des Gesetzes, die auf die lokale Population abzielt, genau richtig ist.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Denn damit schaffen wir mehr Akzeptanz; die Zustimmung zu solchen Gebieten wächst.
Das gilt auch für die Arten, deren Bestand sich erfreulich entwickelt. Ein typisches Beispiel in Süddeutschland ist der Biber. Der Biber steht für eine sehr erfolgreiche Wiedereinbürgerung einer Art in Deutschland. Aber wir müssen sehen, dass er sich so erfolgreich vermehrt, dass es an einigen Stellen Probleme gibt. Deshalb plädiere ich auch hier für Flexibilität. Wenn er den Damm von Kläranlagen durchlöchert oder an Straßen herangeht, dann muss es möglich sein, einzelne Exemplare im Sinn der Gesamtpopulation wegzunehmen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU - Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist doch jetzt schon möglich!)
Deswegen, Herr Kollege Hofreiter, brauchen wir eine flexiblere Handhabung des Begriffes „erhebliche Schäden". Glauben Sie mir: Im Ergebnis werden Sie dann für den Artenschutz mehr erreichen, weil die Akzeptanz wächst.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich möchte noch ein Beispiel aus dem Land Schleswig-Holstein erwähnen. Umweltminister Christian von Boetticher
(Michael Brand (CDU/CSU): Der ist gut!)
verfolgt mit lokalen Bündnissen ein neues Konzept, um die Managementpläne in den europäischen Schutzgebieten umzusetzen. Wir werden sehen, dass er damit großen Erfolg hat. Wenn die örtliche Bevölkerung einbezogen und ihr Ehrgeiz geweckt wird, dann erreicht man mehr, als wenn mit starren Vorschriften Gegnerschaften aufgebaut werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
- Beitrag in freier Rede ohne Manuskript -