Kosten sparen und Umwelt schützen

Bundestagsrede zum Umwelthaushalt 2007 am 7. September 2006

Sie können sich hier den Videomischnitt der Rede ansehen. 

Die Rede wurde ohne Manuskript gehalten.

Josef Göppel (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Einbringung des Haushalts möchte ich eine Stellungnahme zugrunde legen, die die Vorsitzende unserer „Arbeitsgruppe Umwelt", Frau Dött, abgegeben hat, und zwar zur neuesten Allensbach-Umfrage, wonach der Umweltschutz eine immer geringere Rolle spielt. Sie hat gesagt: Die vielen Erfolge, die wir im Umweltschutz erreicht haben, dürfen uns nicht blind machen gegenüber den Herausforderungen, die noch bestehen.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Genau das ist in der Tat der Spagat, den wir Politiker machen müssen.
Wir erleben, dass der Klimawandel auch unser Land immer stärker ergreift. In großen Teilen Süddeutschlands ist eine Borkenkäferkalamität zu verzeichnen, wie wir sie in den letzten 50 Jahren nicht erlebt haben. Im August dieses Jahres habe ich Waldbauern an Kahlflächen mit Tränen in den Augen gesehen, weil das, was 70 oder 80 Jahre lang gewachsen war, nun auf einen Schlag vom Harvester beseitigt wurde. Wir haben die große Hitze im Juli und wir haben den August erlebt.
(Zuruf von der SPD: Ja! Den Tornado in Nürnberg!)
- Richtig, es ist sogar ein Tornado über Nürnberg gefegt; nicht wie über Berlin nur im Film, sondern tatsächlich. Es wird also langsam auch für die Großstädter ungemütlich.
Da stellt sich natürlich die Frage: Wie stellen wir es an, dass die Leute mitgehen, wie können wir sie in der Umweltpolitik mitnehmen? Den Leuten zu sagen „Tut dies, lasst das!", das hatten wir schon ﷓ mit begrenztem Erfolg. Wir müssen zusammen überlegen, wie wir den Leuten Wege aufzeigen können, wie sie dem enormen Druck durch immer weiter steigende Kosten für Gas, Öl und Benzin entkommen können. Für viele Familien bedeutet das finanziell immer mehr Einschnürungen. Hier müssen wir Wege aufzeigen. Dafür braucht man Gemeinsamkeit, aber man braucht auch einen langen Atem. Ich denke schon, dass die jetzige Regierung diesen langen Atem hat und klar erkennbar in die richtige Richtung geht.
Es gibt die aktuelle Diskussion über die Rolle des Staates. Die Unionsparteien arbeiten an neuen Grundsatzprogrammen. Das wäre übrigens auch für die anderen nicht schlecht.
(Ute Kumpf (SPD): Wir sind schon längst dabei, Herr Göppel! - Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Haben wir schon gemacht!)
- Kommt darauf, wann!
(Ute Kumpf (SPD): Was ist mit der CSU?)
- Die CSU ist mitten dabei, wir machen es ganz gründlich. ﷓ Die Rolle des Staates in der inneren Sicherheit ist unverzichtbar, in den Augen aller. Auch im Verbraucherschutz ist die Rolle des Staates unverzichtbar. Ich bin der Meinung, wir brauchen die Rolle des Staates auch in der Umweltpolitik.
(Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)
Ich darf eine kurze Anleihe beim Fußball machen: Man kann nicht 22 Mann ohne einen Schiedsrichter aufs Spielfeld schicken.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
- Das ist unsere Position. - Ein guter Schiedsrichter kann das Spiel über viele Züge laufen lassen; aber wenn es darauf ankommt, muss er eben da sein.
Ich möchte exemplarisch die Verknüpfung zwischen Agrarpolitik und Naturschutz ansprechen. Aufgrund der Beschlüsse zum Haushalt der Europäischen Union kommt auf einzelne Länder eine Kürzung von bis zu 35 Prozent der Mittel in der so genannten Säule II der Agrarpolitik zu. Wir müssen aus diesen Säule-II-Mitteln aber auch die Natura-2000-Gebiete finanzieren, Herr Minister Gabriel. Wir alle haben viel Ärger gehabt mit den FFH-Gebieten. Nun sind sie aber gemeldet und es ist wichtig, dass das Vertrauen vieler Landwirte in den Naturschutz nicht enttäuscht wird, indem wir androhen, jetzt hoheitlich festzulegen, was sie zu tun haben.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
So können wir die Vertragsnaturschutzprogramme nicht fortführen. Deswegen müssen wir gemeinsam eine Lösung finden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)
Ich möchte dies auch im Hinblick auf das Marktanreizprogramm und auf das Gebäudesanierungsprogramm sagen, mit denen wir ähnliche Zwecke verfolgen. Unsere Haushälter haben für das Gebäudesanierungsprogramm eine Verpflichtungsermächtigung über zusätzliche 350 Millionen Euro ausgesprochen. Ich denke, es ist unsere Aufgabe, jetzt in den Haushaltsberatungen zu überlegen, was wir beim Marktanreizprogramm im Haushalt des Umweltministeriums tun können. Stop and go ist keine gute Sache, so etwas wirkt sich sehr negativ aus. Deshalb müssen wir versuchen, Stetigkeit in die Dinge zu bringen. Herr Minister Gabriel, da möchte ich Sie ausdrücklich unterstützen. Wir können dafür nicht neue Umlagen von den Leuten erheben. Aber wir müssen versuchen, Wege zu finden, um eine Stetigkeit in die Förderung zu bekommen. Sie macht jetzt im Schnitt noch 10 Prozent aus. Ich meine, wir sollten nicht unter 10 Prozent gehen, sonst wird es nur noch symbolisch.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE))
Der Deutsche ist eben so: Er will eine Anerkennung seitens des Staates, die ihm sagt, dass der Staat das, was er tut, für richtig hält. Genau das erfolgt mit dieser Förderung, deswegen ist sie auch so erfolgreich. Das gehört zu den größten Erfolgen dieser Koalition. Wenn dieser Erfolg konsequent weitergeführt werden kann, ist das für unser Land und für viele Menschen ein hoffnungsvoller Ausweg aus der Kostenfalle.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wie ich bereits am Anfang sagte: Wir brauchen Perspektiven für die Menschen, wie sie einerseits Kosten einsparen und andererseits etwas Gutes für die Umwelt tun können.
Ich möchte noch ein Wort zu den Biokraftstoffen sagen; denn jetzt steht ja auch das Quotengesetz an. Wir von der Unionsfraktion sind nicht der Meinung, dass die reinen Biokraftstoffe eine technologische Sackgasse sind, wie es manche sagen. Die reinen Biokraftstoffe haben die höchste Wertschöpfung in den ländlichen Räumen. Das müssen wir auch bedenken. So lange synthetische Biokraftstoffe nur in Labormengen zur Verfügung stehen, kann man nicht sagen, dass die anderen eine technologische Sackgasse sind.
Man sollte die Förderpolitik so ansetzen, dass die verschiedenen technischen Optionen offen bleiben. Ich denke, das ist wichtig. Gerade bei den Biokraftstoffen und der Biomasse im Rahmen der Wärmeerzeugung gibt es sehr große positive Effekte für die ländlichen Räume. Damit wird ökologischer Nutzen - CO2-Einsparung - mit sozialem und ökonomischem Nutzen verbunden; denn eine gleichmäßige Siedlungsverteilung im ganzen Land und lebendige und pulsierende ländliche Räume sind wichtige Werte an sich.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE))
Zusammenfassend möchte ich sagen: Herr Minister Gabriel, Sie haben mit der Unionsfraktion wohlwollende, aber aufmerksame Begleiter für Ihre Politik; denn wir möchten diese wertgebundene Umweltpolitik auch durch Ihr Haus verwirklicht sehen. So möchten wir an die Umweltpolitik herangehen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)