Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung ungenügend

Bundestagsrede am 20.01.2005

Josef Göppel (CDU/CSU):
Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Der bisherige Verlauf der Debatte gibt die Stimmung im Beirat nicht richtig wieder.
(Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen): Das ist wahr!)
Wir sind im Beirat zu einer gemeinsamen Stellungnahme gekommen, die einstimmig verabschiedet worden ist.
Ich möchte wiederholen, was der Kollege Kauch von der FDP besonders betont hat: Es gibt Differenzen über den Fortschrittsbericht der Bundesregierung zur Nachhaltigkeit, aber die Stellungnahme als Antwort auf den Bericht ist im Beirat einstimmig angenommen worden. Man kann diese Antwort etwa so zusammenfassen: Es gibt Licht und Schatten, aber die Umsetzungsschritte müssen entschiedener und mutiger werden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des Bündnisses 90/Die Grünen und der FDP)
Natürlich ist die Stellungnahme zum Teil ein Kompromiss zwischen den Oppositionsfraktionen und den Koalitionsfraktionen. Das Thema Nachhaltigkeit muss aber gemeinsam getragen werden. Wenn wir uns hier im Raum umschauen, zeigt sich, dass neben den Kolleginnen und Kollegen, die unmittelbar mit dem Thema zu tun haben, nicht allzu viele es so wichtig nehmen, dass sie an der Debatte teilnehmen. Hier braucht man langen Atem! Wir müssen unabhängig von Legislaturperioden an diesem Thema arbeiten.
Lassen Sie mich das im Hinblick auf die Kommunalpolitik verdeutlichen. Hier sind immer ganz konkrete Probleme zu lösen. Nehmen wir das Beispiel Umgehungsstraße: Durch den Bau einer Umgehungsstraße werden Menschen im Ort vom Durchgangsverkehr entlastet, zugleich werden Geschäfte an der alten Hauptstraße geschädigt und es wird Land auf der grünen Wiese zugebaut. Diese drei Gesichtspunkte müssen Kommunalpolitiker abwägen und dann eine Entscheidung treffen. Auch wenn sich das theoretisch alles sehr gut anhört, ist festzuhalten: In der Kommunalpolitik wird die Frage nach Nachhaltigkeit ganz konkret.
Ich möchte hier etwas zu den ökologischen Zielen sagen. Für uns in der Union ist Umweltvorsorge immer mit dem Gesichtspunkt der Arbeitsplatzsicherung zu verbinden.
(Beifall bei der CDU/CSU – Undine Kurth (Quedlinburg) (Bündnis 90/Die Grünen): Bei uns auch!)
Wenn Sie das auch so sehen, ist das doch wunderbar. Das steht ja auch in der Stellungnahme drin.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Umweltvorsorge und Arbeitsplatzsicherung zu verbinden muss Leitbild für die Umweltpolitik sein. In der gemeinsamen Stellungnahme ist als Ziel formuliert, bis 2020 die Emissionen in Deutschland um 40 Prozent zu verringern, wenn die anderen Länder in der Europäischen Union im selben Zeitraum ihre Emissionen um 30 Prozent verringern. Wenn die Bundesregierung dieses Ziel ernsthaft verfolgt und sich um europäische Umsetzung bemüht, dann ergeben sich automatisch konkrete Schlussfolgerungen.
Betrachten wir den Gesichtspunkt Flächenverbrauch: Viele Kommunalpolitiker sehen diese Frage mittlerweile unter dem Kostenaspekt. Wer sich rechtzeitig darum kümmert, der erhält sich finanzielle Freiräume und auch unverbrauchte Landschaft vor seiner Haustür.
In unserer gemeinsamen Stellungnahme kritisieren wir, dass für die Bundesregierung das Thema Artenvielfalt keinen Schwerpunkt mehr darstellt. Das ist nicht in Ordnung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des Bündnisses 90/Die Grünen und der FDP)
Das Thema „Erhaltung der Lebensvielfalt in unserem Land“ hängt eng mit der Attraktivität des Standortes Deutschland zusammen. In den letzten Tagen ging ein schönes Beispiel aus Südafrika durch die Presse; das ist mir gleich aufgefallen. Da hat ein Vertreter der südafrikanischen Regierung gesagt, dass sein Land die Artenvielfalt und die reiche Flora der Kapregion zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor machen will. Ich denke, das gilt auch für unser Land, das mit einer reichhaltigen und unterschiedlichen Natur von Schleswig-Holstein bis zum bayerischen Watzmann ausgestattet ist. Diese Vielfalt und Reichhaltigkeit ist gerade auch für die Verwurzelung der Menschen in den Industrienationen sehr wichtig.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, bin ich persönlich froh, dass wir diese Stellungnahme einstimmig beschlossen haben. Es werden Nagelproben auf uns zukommen, wenn es darum geht, zu Gesetzesvorhaben, die die Regierung einbringt, gutachterlich unter dem Gesichtspunkt Stellung zu nehmen, ob das Ziel der Nachhaltigkeit berücksichtigt ist. Ich hoffe sehr, dass es uns gelingt, über die Fraktionsgrenzen hinweg auch dann zu einer einheitlichen Stellungnahme zu kommen, wenn es konkret wird. Die bisherigen Ansätze halte ich für ermutigend. Ich möchte ausdrücklich betonen, dass wir von der Union auch weiterhin bei diesem Thema einen Schwerpunkt setzen. Ich jedenfalls arbeite sehr gerne in dem Beirat mit.
(Beifall im ganzen Hause)