Agrarpolitik muß flächendeckende Bewirtschaftung sichern

Agrarpolitik muß flächendeckende Bewirtschaftung sichern
 

Stellungnahme zur EU-Agrarreform im Umweltausschuss des Deutschen Bundestages am 2. April 2003

Die vorliegenden Reformvorschläge der EU Kommission vom 22. Januar 2003 werden dem von der Kommission selbst gestecktem Ziel, eine multifunktionale und nachhaltige Landwirtschaft in Europa zu stärken, in keiner Weise gerecht. Statt dessen wird der Strukturwandel in der Landwirtschaft massiv angeheizt, die weitere Nutzung von ökologisch wichtigen Grenzertragsstandorten und Grünlandregionen immer schwieriger und mit dem Konzept der Betriebsprämie ein gesellschaftlich nicht vermittelbares neues Subventionsmodell eingeführt. Neben den Landwirten, denen außerhalb von intensiv nutzbaren Standorten die Zukunftsperspektiven genommen werden, wird auch eine vielfältige und artenreiche Kulturlandschaft zu den Verlierern zählen.

Für die CDU/CSU halte ich Korrekturen am EU Vorschlag vor allem in folgenden Punkten für erforderlich:

  • Das künftige Beihilfesystem muss WTO-konform, nicht produktionsstimulierend und leistungsgerecht sein. Statt des sogenannten Betriebsprämien-Modells sind bei der Entkopplung regional einheitliche Grundprämien für Grün- und Ackerland einzuführen, die auch Landwirten auf Grenzertragsstandorten eine Perspektive geben. Die Flächenprämie ist so an Bewirtschaftungsauflagen zu koppeln, dass eine Prämienweitergabe an Flächeneigentümer weitgehend unterbunden wird. Es muß eine echte landwirtschaftliche Nutzung auf der Fläche stattfinden! Zwischen dem jetzigen Prämienmodell und dem Konzept einheitlicher Flächenprämien ist zur Abfederung sozialer Härten eine Übergangsregelung nötig, die auch gezielte Regelungen für Landwirte ohne Flächen (z.B. Hüteschäfer) vorsieht.
  • Zur Sicherung des Grünlandes ist die Milchquote beizubehalten und eine Aufstockung zu vermeiden. Zur Weiterentwicklung schlägt die CDU/CSU eine Koppelung der Milchquote an das Grünland sowie eine aktive nationale Milchquotenpolitik vor, wie sie andere EU-Mitgliedsstaaten (z.B. Frankreich und Österreich) zur Sicherung von Grenzertragsstandorten längst umsetzen. Mit der Erhöhung der Milchquote wird der Milchpreis drastisch fallen. Landwirte werden zu immer intensiveren Produktion gedrängt. Die Chancen für eine umweltschonende und artgerechte Fütterung von Milchvieh werden sich weiter verschlechtern. Umweltschützer im seltenen Einklang mit dem Bauernverband üben scharfe Kritik an den Preissenkungen. Das Bundesamt für Naturschutz befürchtet die Aufgabe der Milchproduktion in Grünlandregionen. Davon betroffen sind insbesondere Milchbauern, die unter erschwerten Bedingungen wirtschaften: Betriebe in Mittelgebirgsregionen und ökologisch wirtschaftende Betriebe.
  • Für die CDU/CSU fordere ich eine deutliche Erhöhung der Mittel für die Agrarumweltprogramme sowie einen um 15 % erhöhten EU-Ko-Finanzierungssatz. Bei Umsetzung der Kommissionsvorschläge in der jetzigen Form ist ein Ausbau der Agrarumweltprogramme in Deutschland so gut wie ausgeschlossen. Aus dieser Erfahrung heraus halte ich zusätzlich eine Anhebung der auf den Hektar bezogenen Förderobergrenzen für geboten. Die Optimierung der sogenannten zweiten Säule muß auch eine Erhöhung der FFH-Prämie sowie die Ausdehnung des Vertragsnaturschutzes auf Forst- und Teichwirtschaft umfassen.
  • Als alternative Einkommen für die Landwirte und Beitrag zur Umweltentlastung muss der Bereich nachwachsende Rohstoffe im Rahmen der GAP stärker berücksichtigt werden. Die bereits großflächig von der Landwirtschaft betriebenen Aktivitäten auf diesem Gebiet dürfen durch die vorgeschlagenen Regelungen nicht zunichte gemacht werden.

Begrüßt wird von der CDU/CSU die geplante Förderung der EU für das Management einer integrierten ländlichen Entwicklung durch lokale Partner über den Art. 33 der Verordnung 1257 /1999. Zusammen mit dem Ausbau der zweiten Säule ist das eine entscheidende Möglichkeit, auf regionaler Ebene eine nachhaltige ländliche Entwicklung tatsächlich umzusetzen.

Zusammenfassung

Durch die Fixierung auf den Status quo werden alle diejenigen „belohnt" die naturnahe Strukturelemente schon früher beseitigt und standortangepaßte Nutzungen aufgegeben haben. Es werden wieder die großen Marktfruchtbetriebe in den begünstigten Regionen profitieren. Wir brauchen stattdessen eine Agrarpolitik, die der Landwirtschaft auch in den kleinstrukturierten Regionen und auf ökologisch wertvollen Grenzertragsstandorten wieder eine Perspektive gibt !

Wer für ein und die selbe Bewirtschaftungsauflage unterschiedliche Prämien gibt, provoziert Unverständnis und Ablehnung in der Bevölkerung.

Ein solches Vergütungssystem wird zur Sprengung der gesamten Agrarbeihilfen führen. Das wäre dann das Ende des multifunktionalen, sozial- und naturverträglichen europäischen Agrarmodells.