Parlamentsgruppe "Kulturgut Alleen": Josef Göppel MdB (CSU) im Interview mit Grün online

im Innenhof des Deutschen Bundestages
Josef Göppel (rechts) und BdB-Hauptgeschäftsführer Markus Guhl nach dem gemeinsamen Interview in Berlin (Foto: BdB).

In der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft hat sich am Abend des 14. April 2016 eine neue Parlamentsgruppe "Kulturgut Alleen" gegründet. Grün online interviewte dazu den Initiator Josef Göppel, Abgeordneter der CSU.

 

 

 

 

Grün online: Herr Göppel, was ist eigentlich eine Parlamentsgruppe? Was ist das Besondere an einer solchen Gruppe und welche anderen Parlamentsgruppen gibt es?

 

Göppel: Parlamentsgruppen im Deutschen Bundestag sind fraktionsübergreifende Zusammenschlüsse von Mitgliedern des Bundestages, die zu einem bestimmten Thema eine gemeinsame Zielsetzung verfolgen. Es gibt unterschiedliche Zusammenschlüsse, so z.B. die Parlamentariergruppen, die den internationalen Austausch mit Abgeordneten anderer Regionen pflegen. Von ihnen unterscheiden sich thematisch ausgerichtete Parlamentsgruppen, die den Austausch mit Verbänden und der Zivilgesellschaft suchen.

In "Parlamentsgruppen" können im Unterschied zu reinen "Parlamentariergruppen" auch ehemalige Abgeordnete mitarbeiten. Beispiele sind die Parlamentariergruppe Europa-Union Deutschland, die Parlamentsgruppe Schienenverkehr, die Parlamentarische Gruppe Binnenschifffahrt oder die Parlamentarische Gruppe Frei fließende Flüsse, das Vorbild für unsere Parlamentsgruppe.

 

Grün online: Welches Ziel verfolgt die neue Parlamentsgruppe "Kulturgut Alleen"?

Göppel: Ziel der Parlamentsgruppe ist es, Alleen als wichtige Zeugnisse des europäischen Kulturerbes zu erhalten. Neue europäische Verkehrskonzepte, wie das der "selbsterklärenden Straße", integrieren Alleebäume. Bäume geben optische Führung und wirken der Monotonie beim Fahren entgegen. Das zentrale Anliegen ist die Vereinbarung von Verkehrssicherheit und Alleenschutz in der Praxis. In Bestandsalleen muss der Vorrang von Schutzplanken vor Baumfällungen gelten. Beim Ausbau von Straßen muss der Grunderwerb für Neupflanzungen von vorneherein mit eingeplant werden. Dazu verlangen die Parlamentarier eine Ergänzung der sogenannten RPS-Richtlinie, der "Richtlinie für den passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme" von 2009.

Grün online: Wir sehen auch den Wert der biologischen Vielfalt von Alleen, denen eine Brückenfunktion zwischen Straße und landwirtschaftlich genutzten Flächen zukommt. Wie sehen Sie diesen Aspekt?

Göppel: Richtig. Untersuchungen in Baumreihen zeigen regelmäßig eine erheblich größere Artenvielfalt als in angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen. Das beweist den besonderen Wert von Baumreihen für den Artenschutz in unserem intensiv genutzten Land. Auch deshalb sind Alleen erhaltenswert und die Neuanlage von Alleen unumgänglich.

Grün online: Besteht zwischen Verkehrssicherheit und Alleenschutz Ihrer Meinung nach ein tatsächlicher Konflikt oder ist die Verkehrssicherheit ein vermeintlicher Deckmantel, unter dem in vielen Kommunen Kosten für Neuanpflanzungen und Baumpflege gespart werden wollen?

Göppel: Die Kommunen und Straßenbauämter haben insbesondere Angst vor Haftungsfragen. Für einen Baum, der nicht da ist, gibt es weder Verkehrssicherungspflichten, noch kann ein Amtsleiter bei einem Unfall mit Abkommen eines Fahrzeuges von der Fahrbahn kritische Fragen bekommen. Die technologische Entwicklung wird den Konflikt zwischen Verkehrssicherheit und Alleenschutz möglicherweise in der Zukunft auflösen: Das selbstfahrende Auto hält eine angepasste Geschwindigkeit ein und bleibt auf der Fahrbahn. Bis dahin brauchen wir noch Geschwindigkeitsbeschränkungen und Radarkontrollen.

Grün online: Welche Parlamentarier haben sich bisher zur Mitarbeit bereit erklärt? Und wie können es noch mehr werden?

Göppel: Zunächst sind Eva Bulling-Schröter (LINKE), Rüdiger Kruse (CDU), Stephan Kühn (Bündnis 90 / Die Grünen), Ulli Nissen (SPD) und ich selbst für die CSU, die tragenden Parlamentarier – einer für jede im Bundestag vertretene Fraktion. Außerdem hatten Cajus Caesar (CDU), Hermann Färber (CDU), Prof. Dr. Egon Jüttner (CDU), Hiltrud Lotze (SPD), Matern von Marschall (CDU), Peter Meiwald (Bündnis 90 / Die Grünen) und Carsten Träger (SPD), die beim Parlamentarischen Abend anwesend waren, ihre Mitarbeit erklärt. Wir haben zudem Mitte Mai einen Brief mit der Bitte, sich zu engagieren, an die über 600 Bundestagsabgeordneten versandt.

Grün online: Wer unterstützt die Initiative darüber hinaus?

Göppel: Neben dem Bund deutscher Baumschulen wird die Initiative wird von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, dem Deutschen Naturschutzring und der Gütegemeinschaft Stahlschutzplanken unterstützt.

Grün online: Wann trifft sich die Parlamentsgruppe zum ersten Mal?

Göppel: Am 8. September 2016. Darüber hinaus will die Parlamentsgruppe ihre Gründung mit einer Baumpflanzung in einer der Alleen um das Reichstagsgebäude dokumentieren.

Grün online: Vielen Dank, Herr Göppel.