Für Vielfalt in der Natur und in der Gesellschaft
Bauernblatt Schleswig-Holstein vom 28. Mai 2011
Veranstaltung der CDU zur „Wahrung der Schöpfung“
CDU-Fraktionsvorsitzender Christian von Boetticher (r.) eröffnete die Veranstaltung im Rendsburger Conventgarten. Auf dem Podium: Michael von Abercron (MdL CDU), Josef Göppel aus Bayern (MdB CSU), Moderator Thorsten Roos, Uwe Riecken (Bundesamt für Naturschutz) und Walter Hemmerling (Stiftung Naturschutz SH).
Für Vielfalt in der Natur und in der Gesellschaft
Bis 2010 sollte das Artensterben gestoppt werden, hatte sich die Weltgemeinschaft vorgenommen. Das konnte, trotz Erfolgen in Teilbereichen, keineswegs erreicht werden, auch nicht in Schleswig-Holstein. Als „Partei, die sich der Wahrung der Schöpfung verschrieben hat“, will sich die CDU mit dieser Entwicklung nicht zufriedengeben. Deshalb luden Landesverband und Landtagsfraktion gemeinsam zu einer Veranstaltung mit dem Titel „Wahrung der Schöpfung – Analyse des Ist-Zustandes und Konsequenzen“ in den Rendsburger Conventgarten ein.
Die Brücke zur Landwirtschaft und den Erneuerbaren Energien sollte laut Programmheft erst in einer Folgeveranstaltung im Herbst geschlagen werden. Dies geschah jedoch schon an diesem Abend, dank großer Beteiligung von Landwirten sowie Vertretern des Bauernverbandes aus Haupt- und Ehrenamt, darunter mehrere Kreisvorsitzende unter den rund 70 Gästen.
„Das Ziel ist nicht erreicht“, räumte Umwelt- und Landwirtschaftsministerin Juliane Rumpf in ihrer Begrüßung ein, verwies aber auch auf die Erfolge ihrer Regierung und der ihres Vorgängers Christian von Boetticher im Naturschutz. So sei erstmals Rechtssicherheit bei Natura 2000 und Vogelschutz erreicht worden, der Vertragsnaturschutz sei seit 2005 zu doppelter Fläche ausgeweitet worden, die Einrichtung des Ökokontos sei beispielhaft in Deutschland. „Wir verbinden Ökologie und Ökonomie, wir setzen auf Freiwilligkeit so lange wie möglich“, betonte die Ministerin, versäumte jedoch nicht hinzuzufügen: „Aber wenn sie nicht reicht, greifen wir auch zum Ordnungsrecht, wie beim Grünlanderlass.“
Den Lurchen geht es schlecht
Dem Referenten Dr. Uwe Riecken vom Bundesamt für Naturschutz oblag es, den Ist-Zustand aufzuzeigen: Bestandszunahmen bei Großvögeln wie dem Uhu oder Adler, hingegen weitere Abnahmen bei Wiesenbrütern. Dem Seehund und dem Biber gehe es besser, dramatisch sei jedoch die Bedrohung von Kriechtier- und Lurcharten. Als Hauptgründe für den Artenschwund nannte er Schadstoffeinträge in Gewässer, aber auch den Nährstoffeintrag aus der Landwirtschaft. Allerdings: Fast gleichauf mit den Schäden durch Intensivnutzung in der Landwirtschaft liegen die, die durch Nutzungsaufgabe entstehen. Eine weitere Ursache für den Artenschwund sei der Verbau von Fläche – bundesweit 95 ha pro Tag.
Vielfalt auch bei den Biersorten
Der Franke Josef Göppel sitzt für die CSU im Bundestag und ist dort für die Unionsfraktion Obmann im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Der Gast aus dem Freistaat Bayern schlug die Brücke von der Artenvielfalt zur Vielfalt der Strukturen in Wirtschaft und Gesellschaft und zeigte sich als engagierter Fürsprecher der Dezentralisierung. „Wir müssen die Vielfalt erhalten – die der Natur, aber auch der Biersorten. Das Leben wird ungeheuer eintönig, wenn wir der Globalisierung freien Lauf lassen.“ Große Chancen dazu sieht Göppel in der Revolution der Informationstechnologie: „Monopolistische Großstrukturen, etwa in der Energieversorgung, waren 60 Jahre richtig, weil wir keine anderen Möglichkeiten hatten. Jetzt haben wir diese Möglichkeiten, jetzt können wir kleinere Projekte und Anbieter miteinander vernetzen.“ Das stelle eine technologische Wende dar, die die Politik erst mit Verzögerung nachvollziehe. In diesem Zusammenhang war Göppel des Lobes voll für Schleswig-Holstein: „Sie haben Deutschland das Bürgerwindrad gegeben“, rief er aus.“ Dass der Bauernverband den Landverbrauch zum Thema gemacht hat, freute den Franken ebenfalls. Vor der Anwendung der Gentechnik im freien Feld warnte der wertkonservative Politiker wegen der noch unbekannten Einflüsse auf die Mikrokulturen im Boden.
Als einen Fels auf der „Insel der Glückseligen – Schleswig-Holstein“ (Göppel) konnte Dr. Walter Hemmerling die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein vorstellen, die mit 30.000 ha einen der größten Landeigentümer darstellt. Als Beispiel nannte der Vorstandsvorsitzende das „Metapopulationskonzept“, bei dem zum Beispiel kleinere, isolierte Amphibienbestände durch Korridore verbunden werden. Dabei sei die Kooperation von vielen Menschen auf lokaler Ebene, besonders von Landwirten, wichtig. Das „Schleswig-Holstein Froschkonzert-Festival“ stellt eine humorvolle Verbindung von Artenschutz und Kultur dar.
„Es baut sich eine Aversion gegen den Mais auf“
„Wie wird die Energiewende aus Naturschutzsicht gesehen?“, fragte Klaus-Peter Lucht, Kreisbauernverbandsvorsitzender von Rendsburg-Eckernförde, in der anschließenden Diskussion. In seiner Antwort verglich Josef Göppel die heutigen Erneuerbaren Energien mit einem Opel aus dem Jahr 1929: „Die Technik steht erst am Anfang.“ Neue Technologien sollten nicht wieder in neue Großstrukturen und anonymes Kapital übergehen: „Wir brauchen eine breite Wertschöpfung.“ Von einem großflächigen Ausbau des Biogassektors riet er ab: „Biogasenergie ist nicht auf pflanzliche Frischmasse ausgelegt“ und „ihre Bedeutung liegt im Energiespitzenausgleich“. Göppel warnte: „Es baut sich eine Aversion gegen den Mais auf. Wenn wir das nicht begrenzen, wird das Ganze in den Mond geschossen, und die Bauern, die das machen, werden keine Freude haben.“