Umweltpolitiker stärken Röttgen den Rücken

Berliner Zeitung vom 9. Februar 2010

von Gerold Büchner

BERLIN. Bei Umweltpolitikern und -Organisationen hat Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) einen wichtigen Sympathie-Punkt gemacht. Die Reaktionen auf seine Atom-Ausstiegspläne jedenfalls waren bei den Fachleuten deutlich positiver als seitens der Wirtschaftsexperten aus Union und FDP Röttgen weise zurecht auf die ungelösten Fragen der schwarz-gelben Atompolitik hin, erklärte der Chef des Naturschutzbundes, Olaf Tschimpke. Der Minister müsse aber Taten folgen lassen und ältere Kernkraftwerke sofort abschalten. Auch in seiner eigenen Partei erhielt Röttgen gestern Unterstützung. Die Kritik des Wirtschaftsflügels sei "nicht nachvollziehbar und unberechtigt", sagte der Umweltexperte Josef Göppel (CSU) dieser Zeitung. Die vom Minister anvisierte Verlängerung der AKW-Laufzeiten um höchstens acht Jahre werde aus heutiger Sicht ausreichen, um die erneuerbaren Energien auszubauen. Die Bundesregierung strebt einen deutliche Steigerung bei der Öko-Energie an. Dann, so Göppel, wäre die Atomkraft verzichtbar.

Streit über Zusatzgewinne Umstritten ist neben den Laufzeiten weiterhin, ob und in welchem Maß der Staat die Zusatzgewinne der Kraftwerkbetreiber abschöpfen und zum Ausbau der erneuerbaren Energien nutzen darf. Eine Sprecherin Röttgens relativierte gestern verfassungsrechtliche Bedenken des Ministers. Es werde "nicht das Ziel an sich in Frage gestellt", nämlich den Umbau der Energieversorgung zu beschleunigen. Zuvor hatte der Sprecher von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sich für die Abschöpfung von Profiten aus der Verlängerung ausgesprochen. Göppel sagte: "Wir brauchen diese Zusatzgewinne insbesondere für bessere Speichertechnologien und mehr Energieeffizienz."

Der CSU-Umweltexperte Josef Göppel griff die Röttgen-Kritiker scharf an. "Diese Leute sorgen dafür, dass die Wahl in Nordrhein-Westfalen schiefgeht", sagte er der Berliner Zeitung. Göppel forderte, Zusatzgewinne aus der Laufzeitverlängerung teilweise für Entwicklung und Ausbau erneuerbarer Energien abzuschöpfen und wandte sich damit gegen rechtliche Bedenken Röttgens. Auch bei anderen Zusicherungen müssten die Kraftwerksbetreiber Abstriche in Kauf nehmen.