Ökologen sind erschüttert

Frankfurter Rundschau vom 9. Januar 2009

Von Vera Gaserow

BERLIN. Umweltverbände und Ökoexperten haben massive Bedenken gegen die Pläne der Bundesregierung für ein zweites Konjunkturpaket angemeldet. Die bisher angedachten Milliarden-Ausgaben vergäben die Chance auf ein ökologisches Umlenken und seien in Teilen sogar schädlich für die Umwelt, warnte die aus 100 kirchlichen, entwicklungspolitischen und Naturschutzgruppen bestehende "Klima-Allianz" am Donnerstag. Als "hilf- und sinnlose Verschleuderung von Steuergeldern" kritiserte der Deutsche Naturschutzring die Konjunkturmaßnahmen.

Auch Umweltpolitiker der großen Koalition sehen etliche der Vorhaben mit Sorge. "Ich sehe die Gefahr, dass wir hier mit Staatsgeldern alte Strukturen konservieren", warnte der Umweltexperte der Unionsbundestagsfraktion Josef Goppel. Der CSU-Politiker wandte sich entschieden gegen eine von der SPD geforderte Abwrackprämie für Altautos ohne ökologische Auflagen.

Die Prämie müsse zwingend an den Kauf eines Autos mit geringem Schadstoffausstoß gekoppelt sein, sagte Goppel der Frankfurter Rundschau. "Oberhalb einer Grenze von 160 Gramm CO2 pro Kilometer darf es kein Geld geben. Ein bloßer Kauf anreiz auf Basis der alten Pkw-Modellpalette wäre sogar schädlich."

Der CSU-Politiker warnte auch davor, mit dem Konjunkturpaket Milliarden-Investitionen in den ökologisch fragwürdigen Neubau von Straßen zu lenken, statt in die Modernisierung des bestehenden Straßen- und Schienennetzes. Goppel unterstützt damit die Bedenken des Präsidenten des Umweltbundesamtes (ÜBA), Andreas Troge, gegen das Konjunkturpaket. Troge hatte in der Berliner Zeitung gemahnt, Deutschland dürfe nicht noch mehr Naturflächen für neue Bauprojekte opfern. Das Konjunkturpakets brauche "mehr ökologischen Komponenten".

Auch die Klima-Allianz betonte, es gehe nicht an, dass Deutschland mit dem Konjunkturpaket lediglich die Versäumnisse der letzten Jahre nachhole wie die Sanierung von Schulklos, sich aber nicht für Umwelt-Herausforderungen wappne. SPD-Umweltexperte Ulrich Kelber wies die Kritik zurück. Das Konjunkturpaket setzte etwa mit seinem unbeschränkten Förderprogramm für Gebäudesanierung und Offshore-Windparks nachhaltige "Marktsignale, die man nicht kleinreden sollte". Auch Kelber forderte aber, Pkw-Abwrackprämien an Schadstoffobergrenzen zu koppeln. Zudem meint der SPD-Vize, dass die Verschrottungsprämie auch für den Kauf eines sauberen Gebrauchtwagens gezahlt werden sollte.