Göppel: Unklare Umwelt-Regelungen schaden der Wirtschaft


Interview im Deutschlandfunk vom 3. Februar 2009

Das Gespräch von Josef Göppel mit Christoph Heinemann können Sie hieranhören.

Nur neue Produkte, die umweltverträglich sind, haben nach Meinung von Josef Göppel Chancen auf den Weltmärkten. Als Bayer schmerze es ihn besonders, dass sein Bundesland eine gemeinsame Lösung nicht mittragen könne. Er fordert im Zusammenhang mit dem gescheiterten Entwurf für ein Umweltgesetzbuch eine bundesweite Regelung im Sinne der Umwelt.

Christoph Heinemann: Die Auseinandersetzung über das Umweltgesetzbuch wird fortgesetzt. Nein: hier streitet nicht die Regierung mit der Opposition. Zum Service der Großen Koalition gehört, dass sie diese Arbeit den kleineren, im Bundestag vertretenen Parteien abnimmt. Das Umweltgesetzbuch sollte das Umweltrecht bündeln - straffen, sagen die Befürworter. Eine Monsterbürokratie malt dagegen die CSU an die Wand. Am Telefon ist jetzt Josef Göppel (CSU), Unions-Obmann im Umweltausschuss des Deutschen Bundestages. Guten Tag!

Josef Göppel: Grüß Sie!

Heinemann: Herr Göppel, am vergangenen Freitag, vor dem offiziellen Scheitern des Umweltgesetzbuches, haben Sie hier bei uns im Deutschlandfunk Ihre Sympathie für das geplante zu Protokoll gebracht:

O-Ton Josef Göppel: Der Kompromiss, der jetzt auf dem Tisch liegt, lautet, dass Bayern sein altes Verfahren weiterführen kann und die anderen Bundesländer, die das wollen, die neue integrierte Vorhabensgenehmigung realisieren. Ich bin der Meinung, das kann man so tun, denn es wird sich auch in Bayern schnell zeigen, dass ein Ausscheren mit neuen Schlagbäumen nicht sinnvoll ist für das Land.

Heinemann: Also, Herr Göppel, Ihr Bekenntnis zu einer zentralen Regelung hat sich in der CSU-Führung noch nicht herumgesprochen. Warum hat in Ihrer Partei die Schlagbaum-Fraktion das Sagen?

Göppel: Ich denke, es steckt eine Angst dahinter, dass jetzt in der Finanzkrise Umweltstandards vielleicht generell zu hoch sind. Man will sich teilweise gewisser Lasten entledigen und daher kommt auch ein allgemeiner Unmut gegen ein Umweltgesetzbuch. In Wirklichkeit ist das aber ein Schaden für unsere Wirtschaft, denn neue Produkte, die umweltverträglich sind und gleichzeitig modernste Technik in sich haben, die haben ja die Chancen auf den Weltmärkten. Wenn wir die ökologische Erneuerung jetzt nicht in der Verknüpfung hinbekommen, dann werden wir bei Automobilen und auch bei Industrieanlagen in den alten Strukturen bleiben, und das nützt dann unserer Wirtschaft am allerwenigsten.

Heinemann: Das heißt, Sie verstehen auch die Position Ihres Parteichefs Seehofer und auch des Umweltministers Söder nicht?

Göppel: Ich kann nur sagen, dass der Normenkontrollrat im Kanzleramt auf ausdrücklichen Wunsch der CSU 2005 eingerichtet wurde, und nun hat ausgerechnet dieser Normenkontrollrat bescheinigt, dass das neue Umweltgesetzbuch Bürokratie abbauen würde, Kosten senken würde und Verfahren beschleunigen würde.

Heinemann: Ist die Haltung der Parteiführung, des Ministerpräsidenten und des Umweltministers noch an der Sache orientiert, oder schon Wahlkampf?

Göppel: Das will ich hier nicht kommentieren, aber ich kann aus Überzeugung sagen (als einer, der dieses Vorhaben ja im Detail von Anfang an begleitet hat), dass es zu keinen Standarderhöhungen oder Verschärfungen des Umweltschutzes gekommen wäre und natürlich auch nicht zu einem Abbau von Standards, den manche insgeheim wollen.

Heinemann: Aber diese Einsicht müsste sich doch auch in München durchsetzen lassen? Also noch mal die Frage: Vermuten Sie möglicherweise politische Absichten hinter dem Nein aus Bayern?

Göppel: Ich will das so direkt nicht kommentieren.

Heinemann: Warum nicht?

Göppel: Es tut mir als einem Bayer weh, wenn 15 Bundesländer sagen, dies ist eine gute Lösung, und ein Bundesland hält die Lösung eben nicht für gut. Letztlich haben die Praxisbeispiele und die Erprobungen des neuen Verfahrens in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen gezeigt, dass es funktionieren würde und dass es zu einem flüssigeren Genehmigungsablauf käme.

Heinemann: Herr Göppel, Ihr Generalsekretär, Karl-Theodor zu Guttenberg, hat bei uns im Deutschlandfunk heute früh gesagt, im Koalitionsausschuss könne man noch einen Kompromiss finden. Was stellen Sie sich unter einem Kompromiss jetzt noch vor?

Göppel: Wir brauchen auf jeden Fall eine irgendwie geartete bundeszentrale Regelung, denn im Grundgesetz haben die Länder Abweichungsrechte. Abweichungsrechte machen ja nur Sinn, wenn es eine zentrale Regelung gibt. Wenn es keine zentrale Regelung mehr geben würde, dann sind diese Abweichungsrechte unbeschränkt. Da stellt sich dann schon die Frage nach der Rechtseinheit in unserer Republik, ob so etwas überhaupt noch dann dem Grundgesetz entsprechen würde. Die Wirtschaft, die müsste dann mit einer wirklich eminenten Zersplitterung rechnen. Wenn beispielsweise ein bayerischer Unternehmer in Thüringen eine Werkhalle baut, dann müsste er dort mit ganz anderen Vorschriften rechnen.

Heinemann: Haben Sie das alles Herrn Söder auch mal gesagt?

Göppel: Ja, Herrn Söder, meinem Parteivorsitzenden, allen anderen, die hier maßgeblich mitwirken.

Heinemann: Und haben die zugehört?

Göppel: Sie haben zugehört, aber offenbar waren meine Argumente nicht überzeugend genug.

Heinemann: Herr Söder sagt ja - und das haben wir eben zitiert -, diese Monster-Bürokratie, die hat er an die Wand gemalt. Ist die Genehmigungspraxis in Bayern denn so zahm, dass Bayern eine Verschärfung fürchtet?

Göppel: Bayern nimmt für sich in Anspruch, dass es die Umweltgesetze sehr stringent vollzieht, denn Bayern lebt ja von einem sauberen Land, von einer gesunden Natur. Das ist ja in Bezug auf den Tourismus und das Bild Bayerns in der Welt ganz entscheidend. Also das nimmt man immer für sich in Anspruch und ich meine eben, dass das jetzt mit dem neuen Verfahren wirtschaftlich und ökologisch sinnvoller möglich wäre im Vergleich zu den anderen Bundesländern.

Heinemann: Herr Göppel, kurz zum Schluss. Wo ist und was macht in dieser Debatte eigentlich die Bundeskanzlerin?

Göppel: Die Bundeskanzlerin hat das Umweltgesetzbuch als Idee in ihrer Zeit als Umweltministerin ja begonnen und hat es immer verfolgt und sie ist auch jetzt dafür. Anders kann ich die Gespräche mit ihr nicht verstehen. Die Kritik und die Blockade trifft nun in Wirklichkeit die Kanzlerin.

Heinemann: Die Blockade aus Bayern?

Göppel: Nicht nur!

Heinemann: Aber auch?

Göppel: Aber auch, ja.

Heinemann: Josef Göppel (CSU), Unions-Obmann im Umweltausschuss des Deutschen Bundestages. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören!

Göppel: Auf Wiederschauen!