Windige Geschäfte mit dem Klimaschutz

Spiegel Online-Auszug vom 27.10.2006

Die Bundesregierung will mit Gesetzen und Milliarden die Wärmedämmung von Häusern fördern. Doch Kritiker warnen vor Abzocke und Pfusch am Bau: Die angeblich umweltbewusste Wärmedämmung kann zur teuren Fehlinvestition werden.
Nach der Einigung der beteiligten Ministerien von vergangener Woche soll ein "bedarfswertorientierten Energiepass" für alle Gebäude mit "mehr als vier Wohnungen", die vor 1978 entstanden sind, gefordert werden. Dieser strengere Energiepass wird von Sachverständigen ausgestellt, die mit Hilfe von Baugutachten den typischen Heizwärmebedarf für das jeweilige Gebäude oder die Wohnung ermitteln. In einem Feldversuch hat die Dena ermittelt, dass ein solcher Pass für 200 bis 500 Euro zu erstellen sein müsste - allerdings pro Wohnung.
Die Haus- und Grundbesitzverbände hingegen favorisierten den viel billigeren "verbrauchsorientierten Energiepass", der jetzt für alle moderneren Bauten nach 1978 ausreichend sein soll. Für dieses Papier würde lediglich erfasst, wie viel Geld die bisherigen Bewohner pro Jahr verheizt haben; das würde nur 15 bis 20 Euro pro Passe kosten. "Wir wollen das Geld lieber in die Sanierung stecken, als in teure Gutachten", sagt Lutz Freitag, Präsident des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen.
"Eine Riesenchance für den Arbeitsmarkt und die Umwelt", sei die Renovierung des deutschen Wohnungsbestandes, sagt der CSU-Umweltpolitiker und Bundestagsabgeordnete Josef Göppel. Der SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel begrüßt den Energiepass als "hervorragendes Instrument" der Energie-Einsparverordnung, umwelt- und sparbewusste Hausbesitzern eine praktische Hilfestellung zu geben.