Die Reform der Reform der Reform

Berliner Zeitung vom 17.03.2006

Von Jörg Michel
Berlin - Eine Woche nach der ersten Lesung der Föderalismusreform im Bundestag planen die Regierungsfraktionen erste Änderungen. Nach dem Willen der Fachpolitiker von Union und SPD soll der Bund vor allem in den Bereichen Bildung und Umwelt mehr Kompetenzen erhalten als bislang geplant. "Wir wollen den Bund stärken", sagte der bildungspolitische Sprecher der SPD, Jörg Tauss, der Berliner Zeitung. Die SPD-Bildungspolitiker haben dazu einen Fünf-Punkte-Katalog vorgelegt.
Laut Katalog, der dieser Zeitung vorliegt, soll es dem Bund weiter erlaubt sein, mit den Ländern Förderprogramme etwa für Ganztagsschulen aufzulegen. Nach den bisherigen Plänen wäre dies zukünftig verboten. Außerdem soll die Mittelverteilung für den Hochschulbau zu Gunsten finanzschwacher Länder korrigiert werden. Bei Hochschulzugang und Abschlüssen sollen die Länder keine Abweichmöglichkeiten mehr erhalten. Außerdem wollen die SPD-Fachpolitiker die Bildungs- und Forschungsplanung sowie die Forschungsförderung von Bund und Ländern stärken.
Auch die Umweltpolitiker von Union und SPD haben konkrete Pläne formuliert. So will die Union verhindern, dass die Wirtschaft bei der Genehmigung von Anlagen in jedem Land andere Umweltvorschriften vorfindet. "Wirtschaftsrelevante Vorhaben sollten in einem Verfahren unter allen Umweltgesichtspunkten geprüft und zugelassen werden", sagte der CSU-Umweltexperte Josef Göppel. Dies werde auch vom Bundesverband der Deutschen Industrie so gesehen. Nach den bisherigen Plänen sollte jedes Land eigene Standards festlegen können. Die Wirtschaft befürchtet, dass so die Genehmigung von Anlagen zu bürokratisch wird.
In einem Änderungsantrag fordern die Unions-Umweltpolitiker ferner mehr Kompetenzen des Bundes beim Naturschutz, bei der Wasserwirtschaft und beim Hochwasserschutz. Umweltverbände hatten kritisiert, dass die Reform etwa dazu führen könne, dass es entlang der Flüsse je nach Land unterschiedliche Standards bei der Höhe von Deichen gibt. Der stellvertretende Fraktionschef der SPD, Ulrich Kelber, bestätigte, dass auch seine Fraktion an konkreten Änderungen im Bereich Umwelt arbeitete.
Die Expertin der Deutschen Umwelthilfe, Cornelia Ziehm, begrüßte die Vorschläge. Diese seien ein "Schritt in die richtige Richtung". Allerdings müsse die Rolle des Bundes im Interesse eines effektiven Umwelt- und Klimaschutzes weiter gestärkt werden. Die SPD teilte gestern mit, dass die mehrtägige Anhörung zur Staatsreform am 8. Mai beginnen soll. Danach soll sich in Gesprächen mit den Länder entscheiden, welche Korrekturen umgesetzt werden können.