Aufstand gegen neue Benzin-Steuer

Bild am Sonntag vom 14.05.2006

Von Bernhard Kellner
Berlin - Aufstand im Bundestag gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihren Finanzminister Peer Steinbrück (SPD)!
Der Regierungsbeschluss, volle Steuern auf die bislang steuerbefreiten Biokraftstoffe zu kassieren, stößt auf erbitterten Widerstand in den eigenen Reihen. Zahlreiche Abgeordnete von SPD und Union wollen in der kommenden Woche mit einem Gruppenantrag die geplante Steuererhöhung kippen.
In der SPD-Fraktionsführung wird damit gerechnet, dass mehr als 122 Genossen - und damit mehr als die Hälfte der Fraktion - den Antrag unterstützen. Zu den 17 Erstunterzeichnern gehören Hermann Scheer, Andrea Nahles, Karl Lauterbach, Nina Hauer und Garrelt Duin. Auch aus der Union kommt breite Zustimmung. Nach Auskunft des CSU-Abgeordneten Josef Göppel stehen die Umwelt-, Agrar- und Wirtschaftspolitiker der Unionsfraktion geschlossen hinter dem Antrag. Göppel ist sich weiterer Zustimmung gewiss: „Ich bin überzeugt davon, dass auch unser Fraktionsvorsitzender Volker Kauder unsere Position teilt."
Der Zorn richtet sich in erster Linie gegen Finanzminister Steinbrück. Durch die Besteuerung der Biokraftstoffe will er im nächsten Jahr 1,7 Milliarden Euro und ab 2010 jährlich 2,2 Milliarden Euro kassieren.
Steinbrücks Pläne treffen alle Autofahrer! Denn Biokraftstoff muss künftig zu einem festen Anteil Benzin und Diesel beigemischt werden. Die geplante Mehrwertsteuererhöhung eingerechnet, werden Benzin und Diesel zum 1. Januar 2007 um 6 Cent pro Liter teurer. Das entspricht dem Doppelten einer Ökosteuerstufe!
Autofahrer, die Biodiesel oder reine Pflanzenöle tanken, müssen sogar mit Aufschlägen von 10 Cent beziehungsweise 15 Cent pro Liter rechnen. Und 2009 kommt es für sie noch dicker. Dann nimmt Steinbrück den vollen Steuersatz von 47 Cent pro Liter auch für Pflanzenöle und Biodiesel.
Die Rebellen in den Regierungsfraktionen befürchten, dass der Biokraftstoffbranche der Garaus gemacht wird. Josef Göppel: „Steinbrück vernichtet mit seinen widersinnigen Steuerplänen einen ganzen Wirtschaftszweig. Man darf ein junges Pflänzchen nicht zu Beginn kaputttreten, sondern muss es behutsam wachsen lassen, dann bringt es auch Ertrag."
Unterstützung kommt auch aus dem von CSU-Minister Horst Seehofer geführten Agrarministerium. Der parlamentarische Staatsekretär Gerd Müller (CSU): „Deutschland ist bei Biokraftstoffen und Motortechnik Marktführer. Diesen Vorsprung dürfen wir nicht durch zu hohe Steuersätze gefährden."
Ähnlich der SPD-Abgeordnete Hermann Scheer: „Die Pläne des Finanzministers privilegieren die Erdölmultis und gefährden die Existenz und den Ausbau der innovationsfreudigen mittelständischen Biokraftstoffindustrie. Nur mit einer Steuerermäßigung für reine Biokraftstoffe können wir vom Erdöl unabhängig werden."