Natur der Politik - Die CSU streitet über ihr neues Umweltprogramm

Süddeutsche Zeitung vom 26.03.03

Von Christian Schneider
Die beste Reformkraft im Lande zu sein, das nimmt die CSU vor allem im Bereich der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik für sich in Anspruch. Ministerpräsident Edmund Stoiber sagt über seine Partei deshalb auch gerne, die sei der „Motor der Reform“. Bei der Umweltpolitik ist dieser Motor allerdings gerade ins Stottern geraten. Da drückt sich die CSU derzeit vor klaren Aussagen. Das neue Umweltprogramm, das der Parteivorstand auf seiner jüngsten Klausursitzung in Wildbad Kreuth offiziell absegnen wollte, hat intern einen heftigen Meinungsstreit ausgelöst. Die ursprünglich für das vergangene Wochenende geplante Abstimmung über das Papier ließ Stoiber am Ende lieber bleiben.
 Statt dessen soll nun der Vorsitzende der Landtagsfraktion, Alois Glück, erst einmal nach einer Möglichkeit suchen, die Gegensätze zu überbrücken. Noch vor Ostern will er sich dazu mit dem CSU-Generalsekretär Thomas Goppel und Umweltminister Werner Schnappauf in kleinem Kreis zusammensetzen. Glück hat freilich nicht die Absicht, das vom Umweltarbeitskreis der CSU in langen Debatten neu formulierte und jetzt im Parteivorstand zerfledderte Umweltprogramm völlig umzuschreiben. Da dürften ruhig „kreative und drängende“ Sachen drin stehen bleiben, findet Glück. Dem Fraktionsvorsitzenden schwebt vielmehr ein kurzes Positionspapier zur Umweltpolitik vor, das auf dem nächsten CSU-Parteitag, der im Juli in Nürnberg stattfindet, als Entschließungsantrag eingebracht werden soll.
Der Streit, der um die Frage entbrannt ist, wie weit sich die CSU in der Umweltpolitik nach vorne trauen soll, ist nicht ohne Komik – und er zieht auch Stoibers Umweltkompetenz in Zweifel. So kritisierte Wirtschaftsminister Otto Wiesheu sinngemäß, in dem umstrittenen Umweltpapier stehe viel albernes und dummes Zeug. Dieser Kritik hielt Josef Göppel, der Vorsitzende des CSU-Umweltausschusses, entgegen: „Wir haben nur reingeschrieben, was auch der Kanzlerkandidat Stoiber in seinem Wahlkampf zur Umweltpolitik gesagt hat.“
 Nun bemüht sich CSU-General Goppel um Schlichtung. Stoiber sei keineswegs beschädigt worden, erklärte er, es gehe nur um eine „Nachjustierung“ umweltpolitischer Grundaussagen der CSU. Denn seit dem Herbst vorigen Jahres hätten sich einige Rahmenbedingungen geändert. Der CSU kommt es jetzt darauf an, ihre Umweltpolitik unter dem Gesichtspunkt der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen zu sehen. Außerdem macht es sich schlecht, wenn Stoiber einerseits verspricht, in den nächsten fünf Jahren wolle die CSU keine Steuern mehr erhöhen, wenn gleichzeitig im Umweltpapier der Partei neue Energiesteuern als Lenkungsmaßnahmen für einen besseren Klimaschutz gefordert werden.
 Klimaschutz, Energiesteuer und Verkehr – das sind die Knackpunkte in der gegenwärtigen CSU-Umweltdiskussion. Glück will bei seinem Entschließungsantrag darauf achten, dass „wir keinen Schritt zurück machen“. Und auch Göppel ist nicht bereit, „hinter Positionen zurückzuweichen, die schon längst beschlossen sind“. Goppel wiederum drängt, mit dem neuen Papier nicht erst bis zum Parteitag zu warten. Die CSU müsse schneller sein, schon deshalb, um den Grünen das Feld nicht alleine zu überlassen. Im Herbst ist Landtagswahl.