Diskussion um Autobahngebühr auch für Pkws

DIE WELT vom 25.07.03

Von Hans-Jürgen Leersch
Das mögliche Scheitern der Lkw-Maut in Deutschland könnte auch eine Chance sein. Die Chance erblickt jedenfalls der CSU-Bundestagsabgeordnete Josef Göppel, Vorsitzender des Arbeitskreises Umwelt seiner Partei. Man könne, so Göppel zur WELT, die Gelegenheit ergreifen und europaweit ein Mautsystem für Lastwagen und Personenwagen einführen. Manche hätten geglaubt, die CSU meine den St.-Nimmerleins-Tag, als sie sich auf dem Parteitag in Nürnberg für eine europaweite Straßenbenutzungsgebühr ausgesprochen hatte. „Genau das Gegenteil ist der Fall“, sagte Göppel. „Unser Grundgedanke ist, dass man Umweltinanspruchnahme verursacherorientiert finanziert – und zwar so, dass es der Betreffende auch spürt.“
Die CSU hatte sich in ihrem Beschluss dafür ausgesprochen, „eine wegeabhängige Straßenbenutzungsgebühr als Nutzerfinanzierung für alle Fahrzeuge anzustreben.“ Die Einnahmen daraus seien zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur zu verwenden. Eine solche Umstellung sei allerdings nur möglich, wenn sie im Rahmen einer europäischen Lösung erfolgen könne. Außerdem verlangt die CSU als Ausgleich für die deutschen Autofahrer eine Senkung der Mineralölsteuer und eine Abschaffung der Kfz-Steuer.
Göppel sagte, nur eine europaweite Lösung mache Sinn, selbst wenn die Einführung etwas dauern sollte. Die in vielen Ländern verwendeten Vignetten oder Mauthäuschen wie in Frankreich „sind nicht mehr Stand der Technik“, sagte Göppel.
Die Politik könne dabei mehrere Stellschrauben für die Gebühren nutzen, sagte der CSU-Umweltpolitker. So sei es möglich, die Gebühr nach dem spezifischen Schadstoffausstoß des Fahrzeuges zu bemessen. Außerdem könne die Benutzung verschiedener Straßen mit unterschiedlichen Gebühren verbunden werden. Die Benutzung von Landwirtschaftswegen könnte entweder gar nicht oder nur ganz gering mit Gebühren belastet werden. „Die Steuerungsmöglichkeiten sind sehr groß“, sagte Göppel. Allerdings müssten für die Erfassung alle Fahrzeuge mit einem satellitengestützten Navigationssystem ausgerüstet sein. Durch die Mittelage Deutschlands gebe es keine andere Möglichkeit als die Gebühr.
Die CSU steht mit ihrer Position allerdings in der Union allein. In der CDU war ein Vorschlag ihres Haushaltsexperten Manfred Carstens einhellig verworfen worden. Der CDU-Politiker hatte im Zuge des Streits um die Gegenfinanzierung der Steuerreform vorgeschlagen, die Autobahnen zu privatisieren und für deren Benutzung eine Maut einzuführen, die an den Autobahnbetreiber anzuführen gewesen wäre. Mit dem Erlös aus der Privatisierung der Autobahnen wollte Carstens die Steuerreform gegenfinanzieren und Haushaltslöcher schließen.
CDU-Politiker kritisierten gestern vehement das Verhalten der Bundesregierung in Sachen Lkw-Maut. Der Verkehrsexperte Georg Brunnhuber sieht „das größte Fiasko der Verkehrspolitk in den letzten Jahrzehnten“ kommen. Die Union habe schon seit längerem befürchtet, dass die EU-Kommission die deutsche Lkw-Maut stoppen könnte. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union, Klaus Lippold, verlangt von Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) Antworten auf die Frage, „ob wir auf eine Abwicklungskatastrophe hinauslaufen.“