Ziehen wieder Gefahren aus dem Osten herauf?

Eine Betrachtung zum Verhältnis zwischen Deutschland und Russland


Berlin, 23. Mai 2007 - Mit Schalke 04 hat Gazprom die deutsche Meisterschaft knapp verfehlt. Stattdessen ist der russische Staatskonzern dabei, mit seinen sprudelnden Gewinnen aus dem Öl- und Gasgeschäft deutsche Unternehmen zu kaufen. Erklärtes Ziel ist, möglichst von der Quelle bis zum Endkunden alles in eigener Hand zu haben. So lässt sich mit einer marktbeherrschenden Stellung am meisten verdienen und die Konkurrenz auf Abstand halten. Russlands größtes Unternehmen greift aber auch gern in anderen Branchen zu. Aktuell gerät das Tafelsilber der Ruhrkohle AG, vor allem die Chemiesparte Degussa und der Kraftwerksbetreiber Steag, ins Visier der Russen. Gazproms Cheflobbyist Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder leistet gute Arbeit. Im Hintergrund lässt er seine Kontakte spielen: Die Ruhrkohle AG wird von Schröders ehemaligem Wirtschaftsminister Müller geführt.
Russland ist Deutschlands wichtigster Energielieferant. 35 Prozent des Öls und 40 Prozent des Erdgases kommen aus dem Osten. Und die Abhängigkeit droht weiter zu steigen. Die europäischen Vorräte gehen nämlich zur Neige: Briten und Niederländer können mit ihren Vorkommen in der Nordsee nicht mal mehr den eigenen Bedarf decken. Allein Norwegen besitzt noch Reserven. Auch die Russen wissen das. Präsident Putin erklärt ganz offen, dass Öl und Gas Russlands Macht und Ansehen wiederherstellen sollen. Beispiele gibt es genug: Der nach Westen strebenden Ukraine wurde im vorletzten Winter einfach der Gashahn zugedreht. In Georgien lässt er gleich die russischen Truppen mit den Säbeln rasseln und in Tschetschenien tobt seit Jahren ein verlustreicher Krieg. Kann es Zufall sein, dass diese Staaten in der Nachbarschaft der neu entdeckten Öl- und Gasvorkommen im Kaspischen Meer liegen?
Die Kreise um Schröder schließen daraus, dass Deutschland sich möglichst eng mit Russland verflechten soll, um auch in Zukunft bevorzugter Abnehmer für russisches Gas zu bleiben. Der CSU-Abgeordnete Karl-Theodor zu Guttenberg, Obmann der Unionsfraktion im Auswärtigen Ausschuss, dazu: "Bislang ist es nicht gelungen, Russland zu einem verantwortungsvollen Partner zu machen."
Das gilt auch für Russlands Innenpolitik. Die großen russischen Energieunternehmen, allen voran wieder Gazprom, werden von Ergebenen Putins geführt. Abtrünnige, wie zum Beispiel Michail Chodorowski und sein ehemaliges Unternehmen Yukos, werden von Russlands abhängiger Justiz solange verfolgt, bis sie nur noch aufgeben können. Kritische Medien werden auf elegante Weise kremltreu gemacht: Einer der Energiekonzerne kauft die entsprechende Zeitung oder den Fernsehsender auf. Journalisten, die den Mut haben, trotzdem aufzubegehren, müssen um ihr Leben fürchten. Im vergangenen Jahr wurde die kritische Journalistin Anna Politkowskaja ermordet. Unter Putins Herrschaft wird diese Tat wohl nicht mehr aufgeklärt.
Russland ist aber auch auf Deutschland angewiesen. Wir sind Russland wichtigster Außenhandelspartner. So werden zum Beispiel deutsche Maschinen dringend für die Modernisierung der russischen Wirtschaft benötigt.Bundeskanzlerin Merkel baut ihre Russlandpolitik darauf auf. Der bilaterale Handel entwickelt sich gut. Anders als bei ihrem Vorgänger sind die Prioritäten klar: Russlands Abwendung von der Demokratie und die Missachtung von fundamentalen Bürgerrechten sind nicht im deutschen Interesse. Seit die Missstände in Russland offen angesprochen werden, ist das deutsch-russische Verhältnis merklich abgekühlt. Aber nur so erreichen wir, dass Russland vielleicht langfristig zum verantwortungsvollen Partner wird.

Artikel vom: 25.05.2007 10:23