Wie geht es weiter nach der britischen Volksabstimmung?

Göppel für Besonnenheit

Berlin, 7. Juli 2016 – Eine hauchdünne Mehrheit der britischen Bevölkerung will die Europäische Union verlassen. Die Folgen eines Austritts zeichnen sich erst allmählich ab. Klar ist, dass nun eine lange Phase der Unsicherheit folgt und sich die Verhandlungen um die künftigen Beziehungen mindestens zwei Jahre hinziehen werden. MdB Josef Göppel tritt in einer zunehmend aufgeregten Debatte für eine besonnene Reaktion und faire Verhandlungen ein. Er unterstützt die Linie von Bundeskanzlerin Merkel: Die EU sollte die Geduld haben die Bildung einer neuen britischen Regierung abzuwarten. Verhandlungen gibt es aber erst ab einem offiziellen Austrittsantrag. 

„Einen positiven Effekt hat die britische Volksabstimmung: Endlich wird über die Vorteile der Europäischen Union geredet, die viele Menschen für selbstverständlich halten. Gerade kleine und mittlere Unternehmen profitieren davon, im europäischen Binnenmarkt ihre Produkte und Dienstleistungen zu verlässlichen Rahmenbedingungen anbieten zu können. Das sichert Arbeitsplätze. Junge Menschen können im europäischen Ausland studieren und arbeiten. Und nur gemeinsam haben die europäischen Staaten auf der weltpolitischen Bühne das Gewicht um die aktuellen Krisen zu meistern.“, stellt Göppel fest. Der mittelfränkische Abgeordnete fordert die Bedenken der Bevölkerung ernst zu nehmen: „Nicht nur in Großbritannien haben viele Bürgerinnen und Bürger den Eindruck, dass ihre Stimme nicht ausreichend wahrgenommen wird. Wir brauchen deshalb eine grundlegende Debatte über die Aufgabenverteilung zwischen Nationalstaaten und europäischer Ebene. Die Europäische Kommission beweist leider aktuell, dass sie das noch nicht verstanden hat.“

Wie geht es nun weiter?

Voraussetzung für den Beginn des Austrittsverfahrens ist ein Antrag der britischen Regierung. Damit beginnt eine zweijährige Verhandlungsperiode. Wenn kein Ergebnis erreicht wird, scheidet Großbritannien aus der EU aus. Im Handel mit EU-Staaten würden dann die WTO-Regeln gelten. Dieser Status würde Großbritannien auf eine Stufe mit afrikanischen oder asiatischen Staaten stellen. Alternativ könnte Großbritannien nach dem Vorbild Norwegens in den Europäischen Wirtschaftsraum wechseln und voll im Binnenmarkt integriert bleiben. Es müsste dann aber alle Regeln des gemeinsamen Markts übernehmen ohne bei künftigen Änderungen mitreden zu können. Außerdem sind Beiträge in den EU-Haushalt zu leisten. EU-Bürger hätten weiterhin das Recht in Großbritannien zu arbeiten. 

Bereits heute scheint sicher, dass eine individuelle Verhandlungslösung wie für die Schweiz in zwei Jahren nicht zu erreichen wäre. Auch für die Schweiz gilt aber, dass sie im Gegenzug für den Zugang zum Binnenmarkt, dessen Regeln einhalten und die Bewegungsfreiheit für EU-Bürger garantieren muss. Ein Schweizer Referendum, das die Freizügigkeit einschränken sollte, ist wegen der gravierenden Folgen bis heute nicht umgesetzt.

Die beiden Hauptakteure der Brexit-Kampagne, der ehemalige Londoner Bürgermeister Johnson und der Chef der rechtspopulistischen UKIP-Partei, Farage verweigern sich nun politischen Führungspositionen bei der Umsetzung des Referendums. Sie machen ihr Land damit in der Welt lächerlich. Die schwierigen Verhandlungen und den gravierenden wirtschaftlichen Einschnitt will offensichtlich niemand vertreten. Deshalb erscheint auch möglich, dass eine neue Regierung in Großbritannien den Austritt nicht umsetzt. Ein solches Szenario wäre denkbar, wenn Neuwahlen einen Sieger hervorbringen, der sich unmissverständlich für den Verbleib in der EU einsetzt. 

Für Deutschland würde ein Austritt Großbritanniens nicht ohne Folgen bleiben. Je nach Verhandlungsergebnis werden Exporte zum drittwichtigsten Handelspartner schwieriger. Gleichzeitig könnten aber auch Unternehmen ihren Sitz und Arbeitsplätze nach Deutschland verlagern. Insbesondere im Finanzdienstleistungssektor wird eine Abwanderung von London nach Frankfurt erwartet.

Artikel vom: 07.07.2016 14:49