Was konservative Politik jetzt leisten muss

Rede von MdB Josef Göppel vor dem CSU-Kreisverband Ansbach-Stadt

1. September 2011

Der Markenkern der Union

Muss die Union konservativer werden, um Wählergunst zu gewinnen? Was ist heute konservativ?

Gerade die CSU war immer die Partei der Ordnung. Sie tritt für einen starken Staat ein, der Sicherheit garantiert. Leistung muss sich lohnen. Wer sich etwas erarbeitet hat, muss auch etwas davon haben. Der Lohn der Mühen muss erhalten bleiben. Wir sind die Partei der Beständigkeit. Wie verhält es sich aber mit den Kurskorrekturen der letzten Jahre -

•    der gewandelten Einstellung zur Berufstätigkeit der Frau,
•    dem Ausbau von Hortplätzen für Kinder ab einem Jahr,
•    der Einführung von Ganztagsschulen,
•    der Abkehr von der Atomkraft,
•    der Aussetzung der Wehrpflicht,
•    dem Verlust nationaler Eigenständigkeit in Europa?

Sind das Abkehrbewegungen vom Konservativen oder haben wir damit Realitäten des Lebens nachvollzogen? Zweierlei fällt in der aktuellen Debatte auf. Es ertönen keine Rufe zur offensiveren Vertretung des „C“ in unserem Parteinamen und die Forderungen zu einer deutlicheren konservativen Haltung sind nicht konkret.

Es reicht nicht, solche Fragen unter dem Gesichtspunkt von Wahlchancen zu behandeln. Der taktische Blick auf die Wähler bringt keine Glaubwürdigkeit.

Oberflächlich betrachtet sind konservative Parteien bei solchen Kursbestimmungen immer im Nachteil, weil sie dazu neigen, länger am Überkommenen fest zu halten und neue gesellschaftliche Entwicklungen erst spät nachzuvollziehen. Andererseits gibt es gerade in Umbruchzeiten eine Sehnsucht nach Beständigkeit und Sicherheit. Es kommt auf Grundhaltungen an, die im besten Sinn des Wortes konservativ sind; das Gute bewahrend. Dazu gehört das rechte Maß in der Lebensführung, der Blick auf den Nächsten, Fleiß und nicht zuletzt die Überzeugung, dass wir Menschen uns auf dieser Erde nicht aufführen können wie wir wollen, sondern als Geschöpfe einem Schöpfer verantwortlich sind.

Die Glaubwürdigkeit der Rufer nach mehr Konservatismus hängt sehr davon ab, ob sie auch bereit sind, sich mit den Schattenseiten der Wachstums- und Wohlstandsgesellschaft auseinander zu setzen, den zunehmenden Einkommensunterschieden, der Auszehrung der Mittelschichten, der Entkoppelung von Freiheit und persönlicher Haftung. Nach dem starken Staat rufen in Fragen der inneren Sicherheit oder gegenüber Zuwanderern und gleichzeitig die Wirtschaft deregulieren, das wirkt nicht glaubwürdig. Selbst der vielzitierte Adam Smith mit seiner unsichtbar lenkenden Hand des Marktes ließ keinen Zweifel daran, dass „die Raffgier der Reichen“ nur dann Wohlstand schaffe, wenn sie an „ethische Gefühle“ gebunden sei. Eine Grundhaltung muss durchgängig sein.

Was sind nun die drängenden Aufgaben unserer Zeit? Was sind die Ursachen von Fehlentwicklungen in der globalen Wirtschafts- und Finanzwelt? Der Trend zum kurzfristigen Denken ist zum Beispiel geradezu antikonservativ. Unser Kompass muss die Gleichrangigkeit von wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Gesichtspunkten sein. Hier müssen wir ansetzen und unsere Stimme erheben.

Was hält eine pluralistische Gesellschaft mit extrem unterschiedlichen Lebensstilen und Weltanschauungen noch zusammen? Bisher war das Wirtschaftswachstum der Minimalkonsens. Die Aussicht auf fortwährendes Wachstum beruhigte. Soziale Konflikte wurden dadurch entschärft, dass alle immer mehr bekommen konnten. Um-so furchterregender ist es, wenn dieses Wachstum ausbleibt. In einer Welt, in der andere aufholen, befindet sich der Westen in einem relativen Abstieg. 20 Jahre nach dem Sieg des freien Westens über die kommunistischen Systeme stellen sich jetzt Grundfragen zum Sinn und zur Funktionsweise freier Märkte. Der globalisierte Kapitalismus entfaltet Nebenwirkungen, die wahrlich kein Fortschritt sind.

Da ist der zunehmende Mobilitätsdruck, der die Familiengründung junger Menschen erschwert. Die „Generation Praktikum“ wurde ein geflügeltes Wort, weil bestens ausgebildete Nachwuchskräfte lange Zeit nur befristet und mit schlechtem Lohn beschäftigt werden. Das ist eine der Wurzeln der weltweiten Jugendproteste. In Deutschland sind die Probleme dieser Generation noch nicht existenziell, weil die Eltern Rückhalt bieten und materiell helfen. Seit 1994 sind nach einer Studie der AOK die Fehlzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen um 80 % gestiegen. Chronisch unbewältigter Stress, der Fluch ständiger Erreichbarkeit und das Gefühl, mit der Arbeit nicht mehr fertig zu werden, sind die Ursachen.

Das Statistische Bundesamt teilt mit, dass 2010 von 41 Millionen Beschäftigten in Deutschland 8 Millionen atypische Arbeitsverhältnisse hatten. 2011 sind 57 % der neuen Arbeitsplätze solche atypischen Beschäftigungsverhältnisse. Die Einkommen dieser Geringverdiener sanken in den letzten 10 Jahren um 22 %; die Gesamtheit der Nettogehälter aller Beschäftigten allerdings auch noch um 2,5 %. Kein Wunder, dass auf die Frage des ZDF-Politbarometers vom August 2011 zwei Drittel selbst der Unionsanhänger sagten „die Union soll sozialer werden“ und nur ein Drittel „die Union soll konservativer werden“. Die Abkehr von der paritätisch finanzierten Krankenversicherung im Jahr 2010 und die schleppende Durchsetzung branchenbezogener Mindestlöhne in der gegenwärtigen Koalition sind Punkte, die uns jenseits aller akademischen Debatten über das Konservativsein schwer schaden. Die soziale Balance ist nicht mehr gewahrt!

Wenn es uns nicht gelingt, auch die soziale Gerechtigkeit als Grundanliegen konservativer Politik unter Beweis zu stellen, dann wird es mit der Union weiter abwärts gehen. Die Democrazia Cristiana in Italien kann dafür als warnendes Beispiel dienen.

Ministerpräsident Seehofer sagte vor kurzem „Seit dem 2. Weltkrieg gab es in Bayern noch keine so gute Wirtschaftslage!“ Auf das Bundesgebiet bezogen sank die Arbeitslosenzahl von 2005 auf 2011 von 4,8 auf 2,8 Millionen. Das brachte eine Entlastung des Bundeshaushalts um 32 Milliarden Euro. Immer mehr Menschen fragen aber, unter welchen Bedingungen kommt der wirtschaftliche Erfolg zustande? Der Anteil der Arbeitnehmerentgelte am gesamten Volkseinkommen ist im abgelaufenen Jahrzehnt deutlich gefallen und zwar von 72 auf 66 %.

International wird der Ruf nach einer gerechten Weltwirtschaftsordnung immer lauter. Nach dem Sieg der Marktwirtschaft über den Kommunismus droht das zunächst unangefochtene kapitalistische System an seinen eigenen Überreaktionen zu ersticken. Die Parteien mit dem „C“ im Namen haben in Deutschland die soziale Marktwirtschaft durchgesetzt – eine Wirtschaftsordnung, in der dem Markt Begrenzungen von demokratisch kontrollierten Politikern auferlegt wurden. Das war aus den Trümmern des 2. Weltkriegs heraus eine große geschichtliche Leistung, konservative Politik im besten Sinn. Wir dürfen jetzt unter den Bedingungen der Globalisierung keinen Rückzug der sozialen Marktwirtschaft zulassen. Wir brauchen vielmehr ihren weltweiten Siegeszug. Sie vereint wirtschaftliche Dynamik mit sozialer Gerechtigkeit und Rücksicht auf die Natur.

Finanzmärkte bändigen

Ein Lehrstück für den Schaden ungezügelter Märkte spielt sich vor unseren Augen auf dem Finanzsektor ab. Mit dem aufkommenden Neoliberalismus in den 80er Jahren nahmen die Regierungen vieler Staaten Zug um Zug die Vorschriften für Finanzgeschäfte zurück. In Deutschland wurde 1989 das erste Finanzmarktliberalisierungsgesetz erlassen. Danach führten die rot-grünen Finanzmarktreformen ab dem Jahr 2000 zu einer wilden Flut neuer Finanzprodukte. So wurden zum Beispiel Kreditausfallversicherungen zugelassen. Genau dieses Produkt verführte amerikanische Banken zur Vergabe hochriskanter Immobilienkredite, die 2008 zum Auslöser einer Weltfinanzkrise wurden. Weltweit wird aktuell an den Börsen täglich 80mal soviel Kapital gehandelt, wie die Realwirtschaft erarbeitet. Dazu kommt noch der sogenannte graue Markt, der außerbörsliche Handel, der nach Schätzungen noch mal etwa ein Viertel des Börsenhandels umfasst.

Fondsmanager legen nicht das Geld ihrer Vorgesetzten an, sondern das von fremden Dritten. Sie schauen in Computer, nicht in Gesichter. An der Börse gibt es keinen Wucherparagraphen. Das was dort täglich vor sich geht, würde man bei einer Kreditvergabe durch die Hausbank Halsabschneiderei nennen. Der Münchner Finanzexperte Georg von Wallwitz schreibt in seinem 2011 erschienenen Buch „Odysseus und die Wiesel“: „Privatanleger haben an der Börse etwa dasselbe Ansehen wie Plankton im Ozean. Ohne Plankton können die kleinen Fische nicht leben und ohne die Kleinen haben auch die Großen nichts zu fressen“.

Staatenlenker starren heute gebannt auf jeden Schritt der Finanzmärkte. Sie sind Produkt und Plage der Politik zugleich. Es ist eine Überregierung neben den gewählten Staatsoberhäuptern entstanden. Der allzu freie Markt frisst auch diejenigen, die ihm den Weg bereitet haben. Die Staaten haben sich den Börsen ausgeliefert.

Ein besonderes Kapitel ist dabei die Arroganz der Ratingagenturen. Sie sagen von sich selbst, sie würden „lediglich Meinungen äußern“. Ihre Bewertungen werden von den Finanzakteuren aber wie Gottesurteile angenommen. Wer erinnert sich noch, dass sie 2008 der amerikanischen Bank Lehmann Brothers wenige Tage vor deren Bankrott die Bestnote AAA verliehen? Die Hybris und übersteigerte Frechheit dieser Branche verdeutlicht ein kleines Beispiel. Die Ratingagentur Moody’s drohte in einem Rundschreiben an die 420 deutschen Sparkassen an, die Bestnote AAA abzuerkennen, wenn ihre Gewährsträger, also Städte und Landkreise, nicht selbst auch noch Ratingverträge abschließen würden. Begründung: Moody’s möchte seine Analysen verbessern und genaueres Verständnis für die Bonität der Unterstützer gewinnen. Kein Wunder, dass der amerikanische Finanz-Guru Warren Buffett inzwischen von Massenvernichtungswaffen spricht und sein Kollege George Soros das Verbot hochgefährlicher Finanzprodukte fordert.

Wie weit ist es noch bis zur Schmerzschwelle? Wann holen die Staaten der Erde die demokratische Kontrolle über die Finanzmärkte zurück? Die Finanzmärkte haben keine Moral, aber sie reagieren auf Entscheidungen. Der Finanzmarkt muss genau so behandelt werden wie die Realwirtschaft. Dort gibt es DIN-Normen, Gewerbeaufsichtsämter, Haftungsregeln. Wer käme auf die Idee, all das bei der Erstellung von Bauwerken oder im Straßenverkehr außer Kraft zu setzen? Genau das findet aber auf den Finanzmärkten statt. Die Verursacher von Verlusten werden sogar noch mit hohen Prämien entlassen. Nüchtern betrachtet ist die Geduld der Staaten gegenüber dem grandiosen Spiel mit Geld unerklärlich. Dort findet keine Wertschöpfung statt, sondern Wertabschöpfung! Das hin und her schieben von Kapital ist ein Null-Summen-Spiel. Es schafft keine echte Wertschöpfung! Besonders deutlich zeigt sich das auf den Rohstoffmärkten, dem neuen Spielball des Investmentbankings. Die Deutsche Bank gibt für diesen Bereich aktuell eine Eigenkapitalrendite von 40 % vor! Mit diesen Spekulationen wird aber kein einziges Kilogramm Weizen zusätzlich geerntet. Den Preis zahlen vielmehr die Menschen in ärmeren Ländern mit Hunger. Mit gierigem Blick auf die Traumrenditen des Investmentbankings vernachlässigen die Großbanken darüber hinaus ihre eigentliche Aufgabe – der Realwirtschaft zu dienen und Investitionen zu finanzieren.

Maßnahmen zur Regulierung

1. Das wichtigste Mittel zur Eindämmung des schnellen spekulativen Kapitalumsatzes ist die Finanztransaktionssteuer. Sie wird die heftigen Kursausschläge eingrenzen und vor allem dazu beitragen, dass der Finanzsektor seine Rettungsschirme selbst finanziert. Der jetzige Zustand ist untragbar: Mit dem aus der Realwirtschaft stammenden Geld, den Steuern der Arbeitnehmer und Unternehmer, werden utopisch hohe Summen abgesichert.

2. Rein spekulative Finanzgeschäfte müssen verboten werden. Im deutschen Wertpapierhandelsgesetz gilt seit 2010 ein Verbot ungedeckter Leerverkäufe. Noch beileibe nicht alle Staaten der europäischen Union haben sich dem angeschlossen! Es kann nicht sein, dass neben der vielfach regulierten Realwirtschaft ein völlig unregulierter Finanzsektor besteht. Das musste die Finanzwelt nach der Wirtschaftskrise von 1929 schon einmal lernen. Die damals bewährten Regeln müssen wieder in Kraft gesetzt werden.

3. Ein Grundprinzip der Marktwirtschaft muss auf dem Finanzmarkt endlich durchgängig verankert werden: Wer Risiken eingeht, muss sie selbst tragen. Wer Verluste verursacht, muss dafür persönlich haften!

Ohne eine wirksame Regulierung der Finanzmärkte sind weitere Rettungsschirme nutzlos und nicht mehr zu verantworten!

Der Euro

Ein Sonderproblem in der globalen Finanzkrise ist der Euro. Wir haben zu lange eine elementare Wahrheit ausgeblendet – eine gemeinsame Währung kann nicht ohne gemeinsame Finanzpolitik bestehen! Die Geschichte der deutschen Mark ist das beste Beispiel dafür. Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs die Wirtschaft der deutschen Kleinstaaten durch den Eisenbahnbau zusammen. Zollunionen folgten. 1871 dann der Zusammenschluss zum deutschen Reich und erst 1873 ersetzte die Mark den preußischen Taler und den bayerischen Gulden. Mit dem Euro verhält es sich genau umgekehrt. Am 01. Januar 2002 hielten wir die Starter-Päckchen des neuen Geldes in der Hand, aber jedes europäische Land wirtschaftete weiter wie die deutschen Kleinstaaten im 19. Jahrhundert. Ich spreche damit nicht gegen, sondern für den Euro, denn schnelle Flugzeuge und Internetverbindungen rückten die Welt zusammen. Der Schritt zu einer europäischen Währung war richtig! Die Wahrheit ist aber, dass eine gemeinsame europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik folgen muss. Das Europaparlament muss mehr und mehr die demokratische Kontrolle dafür übernehmen. Nationale Parlamente werden Zuständigkeiten abgeben müssen. Eine Stärkung des Ausschusses der Regionen würde alte Nationalkonflikte ausgleichen und auch das Ungleichgewicht zwischen großen und kleinen Mitgliedsstaaten mildern. Es muss in allen Staaten, die an der gemeinsamen Währung teilnehmen, die gleichen Schuldengrenzen geben und auch die gleichen Kontrollmechanismen. Wer die Vorteile des großen gemeinsamen Marktes genießt, muss die gemeinsamen Spielregeln einhalten. So gesehen ist die Finanzkrise auch eine Chance zu realistischer Betrachtung. Konservative Grundhaltungen wie gutes Haushalten, rechtes Maß und langfristiges Denken sind gerade jetzt zentrale Erfordernisse.

Technologie der Zukunft

Das Wirtschaftsleben der Zukunft wird von den beiden Polen global und regional geprägt sein. Die Technik der Zukunft ist kleinteilig. Durch die Mikroelektronik wird es möglich, Produkte und Dienstleistungen individuell auf den Einzelkunden zugeschnitten anzubieten. „Losgröße 1“ ist dafür das Schlagwort. Breit gestreute erneuerbare Energien lösen zentrale Großkraftwerke ab. Das Internet bietet die Möglichkeit, Stromerzeugung und Verbrauch in räumlicher Nähe auszugleichen, Anbieter und Kunden in der Nachbarschaft zusammen zu bringen. Gleichzeitig ist es ein Tor in die Welt zur erdumspannenden Kontaktaufnahme.

Der betont bipolare Charakter des künftigen Wirtschaftslebens ist eine riesige politische Chance, wenn wir sie richtig erkennen. Regionale Verwurzelung in der globalisierten Welt, regionaltypische Architektur, Mundart, Speisen, Bräuche, all das kommt der Sehnsucht nach Heimat in der gleichmachenden Zivilisationswelt der Globalisierung entgegen.

Kleinteilige Technik eröffnet neue wirtschaftliche Chancen. Die Verdienste im Energiesektor sind nicht mehr in anonymen Aktienpaketen konzentriert, sondern sie führen zu breit gestreutem Eigentum bei Landwirten, Handwerkern, Waldbesitzern, Hauseigentümern und Mietern. Sie eröffnen ganz neue Mitwirkungsmöglichkeiten in Energiegenossenschaften und fördern damit die aktive Bürgergesellschaft durch mehr Teilhabe. In ländliche Räume fließt endlich wieder mehr Kapital und stärkt dort regionale Wirtschaftskreisläufe. Breit gestreutes Eigentum, eigenverantwortlicher Umgang mit Energie an Stelle von reinem Konsum, bewusste Pflege regionaler Eigenarten – allesamt konservative Grundwerte! Sie sind menschengemäß, naturschonend und wirtschaftlich effizient – nachhaltig im besten Sinn. Sie geben Hoffnung und Hoffnungen werden gewählt.

Regionale Wirtschaftsentwicklung

Wirtschaft auf Rekordniveau. Volle Auftragsbücher und so viele Arbeitsplätze wie noch nie. So lauten Zeitungsüberschriften der Fränkischen Landeszeitung im August 2011. Die Arbeitslosenquote liegt am 31. August in der Stadt Ansbach bei 4,1 %, im Landkreis bei 2,8 %. Fachkräftemangel ist bereits ein Problem. Unsere Region tragen Mittelstand, Handwerk und Landwirtschaft. Die Kleinteiligkeit hat hier überlebt. Von 5000 gewerblichen Unternehmen im Landkreis Ansbach haben 4500 weniger als 20 Beschäftigte! Die persönliche Bindung zwischen Mitarbeitern und Chef, Unternehmer, die selbst im Betrieb mitarbeiten sowie ihre persönliche Haftung, das sind die Stärken unserer Region.

Dabei gibt es aber ein Problem. Der hochqualifizierte Nachwuchs drängt immer noch in die Ballungszentren. Wir haben ein leistungsfähiges Bildungswesen, aber keine Strategie für die gezielte Werbung um Absolventen. Die regionale Wirtschaftspolitik muss einen Blickwechsel von der Fixierung auf Flächenangebote hin zu den einzelnen jungen Menschen vornehmen. Dazu gehören Bedarfsanalysen für Fachkräfte bei einheimischen Firmen, regionale Stellenbörsen an den Fachhochschulen Ansbach, Neuendettelsau und Triesdorf sowie die gezielte Unterstützung von Ausgründungen.

In der Stadt und dem Landkreis Ansbach leben 4400 Studenten. Der wirtschaftliche Erfolg ländlicher Regionen hängt in Zukunft immer mehr davon ab, ob genügend qualifizierte Nachwuchskräfte zum Bleiben veranlasst werden können.

Daher wird auch das Gesicht einer Region immer wichtiger, attraktive Ortsbilder, große Freiräume, kulturelle Angebote. Öde Standardarchitektur und ausufernder Siedlungsbrei schrecken ab. Wir müssen vielmehr den Eigenwert und die Vorzüge des Ländlichen bewusst betonen. Dazu gehören vor allem lebendige Ortszentren. Wer es zulässt, dass Einzelhandelsgeschäfte, Büros und Kleingewerbe in gesichtslose Industriegebiete abwandern, muss sich nicht wundern, wenn der Kern allmählich verödet. Wer will dann noch dorthin ziehen?

Die Ausweisung großer Gewerbeflächen in der Hoffnung auf Ansiedelungen von irgendwoher ist das Rezept der Vergangenheit. Viel mehr Chancen bietet der Blick auf vorhandene Potenziale. Kleinteiliges Wachstum von innen heraus ist beständiger als übergestülpte Vorhaben von außen. Was der eigenen Landschaft und Tradition entspricht, ist unverwechselbar. Das wirkt gerade im Tourismus dauerhafter als austauschbare Modeprojekte. Mittelständische Unternehmer finden ihren Erfolg nicht in der Konkurrenz durch Billigprodukte, sondern mit Qualität und Nischenbesetzung. Genauso ist es auch im Tourismus.

Wir brauchen bei all dem eine Regionalplanung, die über kommunale Grenzen hinweg das Gemeinsame sieht. Stadt und Landkreis Ansbach bieten dafür ein klassisches Beispiel. Von 28.000 Auspendlern des Landkreises fahren täglich 16.000 in die Stadt Ansbach. Das zeigt, wie dringlich eine gemeinsame Sicht auf den regionalen Raum ist.

Auch in der Kommunalpolitik brauchen wir angesichts schneller technischer und sozialer Umbrüche vermehrt den konservativen, den bewahrenden Blick auf jene Werte, die über die Zeit hinweg tragen. Die Konservativen bleiben dann politisch prägend, wenn sie ihre Grundhaltungen überzeugend leben.

Artikel vom: 02.09.2011 09:53