Umwelt und Energie

Positionspapier von Josef Göppel zur Novellierung des EEG und zur Verabschiedung eines Regenerativ-Wärme-Gesetzes


Hintergrund
Das Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien (Erneuerbare Energien-Gesetz-EEG) hat im April 2000 das Stromeinspeisungsgesetz (StrGE) abgelöst. Letzteres wurde 1991 auf Initiative der CDU/CSU eingeführt und schrieb eine Abnahme- und Vergütungsgarantie für regenerativ erzeugten Strom unter bestimmten Bedingungen fest. Auch der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber sprach sich in seiner Umweltregierungserklärung vom 19.7.1995 für „das Ausschöpfen der regenerativen Energiequellen“ aus. Das EEG ist eine Fortentwicklung des erfolgreichen StrEG und hat dessen Grundprinzipien – Abnahmeverpflichtung für Strom aus erneuerbaren Energieträgern und Festlegung von Mindestvergütungen – übernommen.  
Wir brauchen für diesen wichtigen Zukunftssektor eine von allen getragene Lösung.
Erneuerbare Energien sind nachweislich beschäftigungswirksam. Sie stützen vor allem auch das Handwerk und bringen neue Wertschöpfung in ländliche Räume.
Aus diesen Gründen darf es nicht noch einmal zu einer Ablehnung des EEG durch die Union kommen.
Aktueller Stand
2001 stammten rund 7 % des Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Energien. Ende 2002 näherten wir uns der 10% Marke.
Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien
Wasserkraft
Wind
PV
Biomasse
Summe
in % 2001
55 %
32 %
0,1 %
12,9 %
100 %
in Mrd. kWh 2001
19,8
11,5
0,05
4,9
36,

Die EU Richtlinie 2001/77/EG zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt sieht für Deutschland eine Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien von 4,5 % im Jahr 1997 auf 12,5 % im Jahre 2010 vor. Der Anteil erneuerbarer Energien soll   EU weit auf 22% steigen. Diese Richtziele können nur erreicht werden, wenn die vom EEG erbrachte Ausbaudynamik erhalten bleibt und regelmäßige Anpassungen erfolgen.
Novelle EEG – Auf dem Weg zu einer wettbewerbsorientierten und effizienteren Förderung
Der Anteil EEG Strom am Endkundenverbrauch wird 2002 bei 5,3 % liegen, 2003 wird ein Anteil von 6,6% erwartet.  
Anteile am EEG Strom:
 
Biomasse
Kleine Wasserkraft, Deponiegas
PV
Windkraft
2002
7 %
23 %
0,3 %
69
Biogas
Biomasse ist als gespeicherte Sonnenenergie sowohl für Strom als auch für Wärmenutzung gezielt abrufbar!Die klassischen Biogasanlagen auf landwirtschaftlichen Betrieben lassen sich mit den bislang gewährten Einspeisevergütungen nicht wirtschaftlich betreiben. Das Potenzial der Biogasanlagen ist aber auf Grund seiner dezentralen Anlagenform in Deutschland sehr groß. Für die typischen Anlagen um  80 KW auf Bauernhöfen  ist  derzeit eine Vergütung von 16 - 18 ct/kWh kostendeckend.
In der Praxis setzt sich immer mehr die Zugabe frischer Pflanzenmasse durch, weil die noch nicht durch den Tiermagen gegangene Grünmasse bei der Vergärung einen größeren Wirkungsgrad entfaltet. Blockheizkraftwerke  für die Verarbeitung von Biogas haben erst ab einer Grösse von 8o kW elektrischer Leistung einen vernünftigen Wirkungsgrad. Optimal ist es, die Anlagengrößen  auf 150 kW elektrischen Anschlusswert auszulegen.  Aus Gründen der Betriebssicherheit  werden inzwischen häufig zwei Blockheizkraftwerke in einer Anlage gefahren.
Vorschläge
Erhöhung des Vergütungssatzes für Anlagen im unteren Leistungsbereich (unter 100 kW)
Differenzierung der Vergütung nach den Einsatzstoffen
Bonus bei Nutzung der Abwärme aus der Stromproduktion
Wasserkraft
Derzeit stammt 55% aller regenerativen kWh aus Wasserkraft, drei Viertel davon aus Anlagen größer 5 MW(2). Diese sog. Große Wasserkraft wird nicht durch das EEG gefördert - obwohl die EU RL den Weg dafür freimacht. Die Bundesregierung hat auch keine sonstige Förderung der großen Wasserkraft vorgenommen. Wasserkraftanlagen haben die größte Nutzungsdauer aller regenerativen Energien und den höchsten Erntefaktor.
Die Begrenzung der Förderung auf Anlagen unter 5 MW verhindert zunehmend Investitionen zur Verbesserung des Wirkungsgrades und der Umweltverträglichkeit.
Ohne Änderung der 5 MW Grenze können zahlreiche bestehende Anlagen nicht erhalten werden. Die Bundesregierung riskierte damit ein langsames Auslaufen der großen Wasserkraft.
Die große Wasserkraft muß der kleinen Wasserkraft bei der Förderung prinzipiell  gleichgestellt werden, ohne daß es zu reinen Mitnahmeeffekten kommt.
Vorschläge
„Kleine“ Wasserkraft (< 5 MW) wird weiterhin nach den bisherigen Sätzen gefördert.
„Große“ Wasserkraft (> 5 MW) wird im Falle von Neubauten[3], Ausbauten, Reaktivierungen und Erneuerungen, die dem Erhalt des genutzten Potentials dienen, in einem der „kleinen“ Wasserkraft < 5 MW vergleichbarem Umfang gefördert.
Die erhöhte Förderung erfolgt jedoch nur bis zur Höhe der nachgewiesenen Kosten.
Die Berücksichtigung der großen Wasserkraft würde zu einer Erhöhung des EEG- Gesamtaufwandes von rund 340 Mio. €/Jahr führen [4].
Wind
Wichtig ist die Verlängerung der Einspeiseregelung für Offshore Windkraft über 2006 hinaus damit keine übereilten Planungen ohne umfangreiche Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfung provoziert werden. Die Offshore Technik ist noch nicht ausreichend gereift. Insbesondere herrscht zur Zeit noch Unklarheit darüber, welche Vergütungssätze angemessen wären.
Betreiber von Windanlagen in Norddeutschland (onshore) erhalten bereits seit Einführung des Stromeinspeisungsgesetzes (StrEG) 1991 eine kostendeckende Vergütung.
Bei Windkraftanlagen an Land ist daher eine stärkere Differenzierung der Vergütung je nach Lage zu fordern. Belange des Naturschutzes und des Landschaftsschutzes sind stärker zu berücksichtigen. Im Ergebnis muß eine maßvolle Absenkung der Vergütung in Toplagen erreicht werden. Der Vergütungssatz für Binnenanlagen sollte einen wirtschaftlichen Betrieb ermöglichen.
Vorschläge
Differenzierung der Vergütungssätze und der Degression
Verlängerung der gegenwärtigen offshore Regelung bis 2010
Photovoltaik                   
PV Anlagen haben im Gegensatz zur Windenergie bisher weder im StrEG noch im EEG eine kostendeckende Vergütung erhalten. Mit dem Argument der fehlenden Wirtschaftlichkeit wurde eine Einspeisevergütung verneint, die Voraussetzung einer Massennachfrage und Preissenkung wäre. Die Mindestvergütung für Neuanlagen wurde im EEG zum 1.1.2002 um 5% gesenkt, mit dem Ergebnis, daß 2002 in Deutschland weniger PV Anlagen verkauft wurden als im Vergleichszeitraum des  Vorjahres. Die beobachteten geringen Preissenkungen ergeben sich daher wohl eher aus der schwachen Nachfrage. Mit dem Auslaufen des 100 000 Dächer Programms wird die PV Entwicklung in Deutschland ohne Ersatzregelung im EEG zusammenbrechen.
Um der PV zum Durchbruch zu verhelfen wäre eine langfristig planbare, kostendeckende Einspeisevergütung notwendig. Damit würden sich die Exportchancen deutscher Hersteller verbessern.
Die Förderung der Solaranlagen muß zudem in eine europäische Förderung integriert werden, um die Strahlungspotentiale in Südeuropa besser nutzen zu können.
Vorschläge
Einspeisevergütung in Höhe der aktuellen Kostendeckung bei Wegfall des 100 000 Dächer Programms
Beibehaltung der jetzigen Degression
Differenzierung der Vergütung nach Anlagengröße und Aufstellungsart (Dach oder Erdboden)
Finanzierung
Die Förderung erneuerbarer Energien lohnt auf Grund der vermiedenen Umweltschäden und dem damit verbundenen volkswirtschaftlichen Nutzen [5], insbesondere der Stärkung des Exportes. Bei der Förderung der erneuerbaren Energien handelt es ich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Eine Umlagebefreiung mancher Industrien würde zu einer stärkeren Belastung der privaten Haushalte führen. Sondervertragskunden spüren von den EEG-Kosten schon bisher nichts. Daran wird sich in Zukunft kaum etwas ändern.
Das EEG hat im Jahr 2001 Vergütungszahlungen in Höhe von ca. 1,5 Mrd. € begründet. Nach Prognosen des VDEW würden diese Vergütungszahlungen bei Beibehaltung der momentanen Sätze  im Jahre 2005 auf ca. 3,2 Mrd. € anwachsen. Bei Umlage auf alle Kunden würde sich damit für 2005 eine rechnerische Durchschnittsbelastung von 0,51 ct/kWh (2001 von 0,26 ct) ergeben.
Jahr
Gesamtvergütung
ct/kWh
Quelle
1999 StrEG
665 Mio. Euro
 
10
 
 
 
 
2001 EEG
1,54 Mrd. Euro
0,26
[6]
2002 EEG
2,2 Mrd. Euro
 
[7]
2003 EEG
2,77 Mrd. Euro
 
7
2005 (Prognose)
3,2 Mrd. Euro
0,51
7
2010 (Prognose)
4,6 Mrd. Euro
 
[8]

Vorschläge
Beibehaltung des jetzigen Finanzierungsprinzips
Regelung gegen mögliche Doppelvermarktung nach Einführung des CO2 Emissionshandels
II.   Vorüberlegungen zu einem Regenerativ Wärme Gesetz  (RegWG)
Für die Förderung erneuerbarer Energien im Wärmemarkt gibt es in Deutschland bisher kein vergleichbares Instrumentarium zum EEG. Das Verdopplungsziel der Bundesregierung für erneuerbare Energien bis 2010 ist im Strombereich durch das EEG aller Voraussicht nach zu erreichen, im Wärmemarkt dagegen ohne zusätzliche Instrumente nicht machbar.
Am gesamten Endenergieverbrauch Deutschlands hat die Bereitstellung von Wärme einen Anteil von 57%, der Rest entfällt auf mechanische Energie und Licht. Über die Hälfte der Wärme betrifft Raumwärme, gefolgt von Prozeßwärme und ca. 10 % Warmwasser.  Wärme wird zur Zeit   zu ca. 77 % aus Erdöl und Erdgas gewonnen, die unter dem Aspekt der Begrenztheit dieser Ressourcen und unter dem Aspekt internationaler Verteilungsgerechtigkeit für höherwertige Nutzungen reserviert bleiben sollten. Der Ersatz von Erdöl und Erdgas ist im Wärmemarkt technisch und wirtschaftlich viel einfacher und kostengünstiger als in allen anderen Sektoren durchführbar.
Das Ziel muß die Unterstützung der regenerativen Wärmeerzeugung aus klima- und ressourcenpolitischen Gründen sein. Die bisherige Förderung der öffentlichen Hand zugunsten von erneuerbaren Energien im Wärmemarkt war stets unzuverlässig und damit phasenweise sogar kontraproduktiv. Die Förderung muß von der jeweiligen Haushaltslage der öffentlichen Hand entkoppelt werden.
Die neue Regelung soll sich auf die Akteure am Markt konzentrieren. Die staatliche Beteiligung ist auf ein Minimum zu beschränken.
Folgende Ausgestaltungsmerkmale werden zur Diskussion gestellt
Alternative 1
Die Betreiber von Anlagen mit fossilen Brennstoffen (Öl, Kohle, Gase außer EEG Gase) werden ab einer bestimmten Größe verpflichtet , einen Mindestanteil der Wärme durch erneuerbare Brennstoffe bereitzustellen (Quotenmodell).
Alternative 2
Bei der Wärmeerzeugung mit nicht begünstigten Brennstoffen muß ein bestimmter Aufschlag an eine Clearingstelle gezahlt werden. Daraus erhalten begünstigte Anlagen einen Bonus (Bonusmodell).
Begünstigt wird die Erzeugung von Wärme aus Biomasse, Solarkollektoren und Geothermie. Eingeschlossen ist die Wärmeabgabe aus EEG-Anlagen.
Zusatz
Die Nutzung der Biomasse ist derzeit die wirtschaftlichste Möglichkeit, Wärme aus erneuerbaren Energien bereitzustellen. Um den faktischen Ausschluß der anderen regenerativen Wärmeträger zu vermeiden muß auch die Weiterentwicklung und Markteinführung von Geothermie und solaren Heizanlagen angemessen berücksichtigt werden. Dafür ist ein Mindestanteil zu definieren.

Jan./Feb. 2003 unter wissenschaftlicher Mitarbeit von Thomas Tennhardt
 
[1] Nach Berechnung des Fachverbandes Biogas
[2] Nach Informationen der NaturEnergie AG
[3] Bei der Einspeisevergütung für Neubauten darf es sich nur um Ersatz bestehender  Wasserkraftanlagen unter Beachtung gewässerökologischer Gesichtspunkte handeln.
[4] VDEW Positionspapier zur Novellierung EEG November 2002
[5] Krewitt & Nitsch (DLR), EU-KOM, UBA Texte 06/200
[6] VDEW November 2002, Erfahrungsbericht des Bundeswirtschaftsministeriums Juni 2002
[7] VDEW November 2000
[8] VIK Mitteilungen  6-2002

Artikel vom: 01.02.2003 10:18