Laufzeitverlängerung der falsche Weg

Fränkische Landeszeitung vom 1. Oktober 2010

Atomkraftkritischer Brief aus Wassertrüdingen kam MdB Göppel gerade recht: Laufzeitverlängerung der falsche Weg
Abweichen von Fraktionskurs – Auch Erdel äußert sich zum Energiekonzept

Wassertrüdingen – Zu den Gegnern der von der Berliner Regierungskoalition geplanten Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke, über die am heutigen Freitag im Bundestag diskutiert wird, gehören auch kirchliche Kreise. So haben jetzt katholische und evangelische Christen aus Wassertrüdingen an den Herrieder CSU-Bundestagsabgeordneten Josef Göppel appelliert, gegen die entsprechende Gesetzesinitiative zu votieren. Mit ihrem Wunsch rennen sie anscheinend offene Türen bei dem Politiker ein, denn der erklärte gestern, von dem „so genannten Atomkompromiss“ wenig zu halten und in dieser Frage gegebenenfalls auch gegen die Mehrheitsmeinung seiner Fraktion zu stimmen.

Die beiden Kirchengemeinden der Wörnitzstadt hatten einen Infoabend veranstaltet, in dessen Rahmen ein kritischer Film über das Atommüll-Problem gezeigt worden war. Aus dieser Veranstaltung heraus sei die Idee entstanden, sich mit einem Brief an den CSU-Parlamentarier zu wenden und darin die skeptische Haltung von Wassertrüdinger Bürgern zur geplanten Laufzeitverlängerung zum Ausdruck zu bringen, so Johannes Ackva, Sprecher des katholischen Pfarrgemeindrats der Stadt. Laut Bundesumweltamt könne Deutschland seine Klimaziele ohne Laufzeitverlängerung erreichen, heißt es in dem Brief an den Abgeordneten. Auch der Diözesanrat des Bistums Eichstätt habe sich gegen jede Laufzeitverlängerung ausgesprochen. „Für uns als Bürger mutet die Verhandlung mit den Energieriesen wie ein Deal an, in dem es hauptsächlich um Geld geht, nicht ernsthaft um technische Fragen, nicht um den Erhalt unserer Schöpfung und nicht um die Belange der Bürger“, schreiben die Wassertrüdinger – und sprachen damit Göppel offenbar aus dem Herzen.
„Wie Sie wissen, stehe ich der Atomkraft schon lange ablehnend gegenüber“, so der in Umweltfragen immer wieder von der Mehrheitsposition seiner Partei abgewichene CSU-Politiker in seiner Antwort. Er fordere, dass statt einer pauschalen Laufzeitverlängerung für jedes Atomkraftwerk einzeln und regelmäßig geprüft werde, ob es noch benötigt werde. Es mache ihm Sorgen, dass durch eine Verlängerung Atomstrom immer häufiger die Netze für erneuerbaren Strom blockieren könne. Der finanzielle Ausgleich der vier großen Energieversorger sei darüber hinaus ungenügend. Er werde sich im parlamentarischen Verfahren bemühen, „möglichst viele meiner Kollegen zu überzeugen“, so Göppel. Dabei sei die tatkräftige Unterstützung durch Bürger sehr hilfreich, denn nach dem Grundgesetz, sei er seinem Gewissen verpflichtet“ und natürlich meinen Wählern“. Er habe deshalb schon bei einer Abstimmung innerhalb der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am vergangenen Dienstag mit fünf Kollegen gegen die vorgelegten Atomgesetznovellen gestimmt und werde auch im Plenum mit Nein votieren, wenn er das am Ende zur Abstimmung stehende Paket nicht mittragen könne.

Bei der Diskussion über das Thema gehe es letztendlich auch um den Kampf zwischen Großstruktur und dezentraler Wertschöpfung, die durch alternative Stromgewinnungs-Projekte möglich sei und von der der ländliche Raum profitiere, so Göppel. Durch die Förderung solcher Anlagen werde erstmals breite Eigentumsstreuung möglich. Haus- und Waldbesitzer, Landwirte, Handwerker oder auch Kommunen bekämen nun Stücke vom großen Kuchen ab. Und nach Jahrzehnten des Wertverfalls bei landwirtschaftlichen Grundstücken stiegen nun wieder die Erlöse. Die Debatte über die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke sei deshalb gerade auch für den ländlichen Raum entscheidend. Zweifellos seien bei den erneuerbaren Energien nach wie vor Schwächen auszumachen. So halte er eine Abkehr von der Nutzung von Mais als einzigem Eingangsstoff für Biogasanlagen für dringend nötig. Wichtig erscheine ihm ferner, hofnahe Biogas-Projekte besser zu fördern als industrielle Großanlagen, die viel Konfliktpotenzial bescherten, so Göppel. Das Energiekonzept der Bundesregierung enthalte abgesehen vom Thema Laufzeitverlängerung übrigens auch gute Ansätze, so etwa bei der Gebäudedämmung, ergänzt er. Hier weise es in die richtige Richtung und mache gleichzeitig die Laufzeitverlängerung umso überflüssiger.

Zu deren Befürwortern gehört der andere Abgeordnete, mit dem der Landkreis Ansbach im Bundestag vertreten ist. FDP-Mann Rainer Erdel aus Dietenhofen kam in seiner gestern zum Energiekonzept der Bundesregierung verbreiteten Pressemitteilung allerdings nicht konkret auf das Thema Laufzeitverlängerung zu sprechen. Vielmehr wies er darauf hin, dass das Paket wichtige Fördermaßnahmen für Kommunen und Stadtwerke enthalte, des Weiteren ein Programm, mit dem für kleine Marktteilnehmer der Bau von hocheffizienten Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen gefördert werde. Nun komme es darauf an, dass davon auch die Bauern profitierten, die regenerative Energie und Wärme aus Biomasse und Biogas erzeugten, so der gelernte Landwirt Erdel.

Artikel vom: 04.10.2010 12:31