Der Plastikmüll der Wegwerfgesellschaft

Kampf dem Wegwerfplastik: Auch in Deutschland besteht Handlungsbedarf. Eine bis Ende 2018 einzuführende Verbrauchsgebühr soll zur Reduktion von Plastik führen. Müll am Strand der senegalesischen Hauptstadt Dakar. Foto: dpa

Kampf dem Wegwerfplastik: Auch in Deutschland besteht Handlungsbedarf. Eine bis Ende 2018 einzuführende Verbrauchsgebühr soll zur Reduktion von Plastik führen. Müll am Strand der senegalesischen Hauptstadt Dakar. Foto: dpa

Plastik findet sich inzwischen überall. Rund 6,4 Mio. Tonnen Kunststoffabfälle landen nach Schätzungen jährlich im Meer. Sogar in geklärtem Trinkwasser und im Blut finden sich Plastikteilchen. Rund 6000 Mikro-Plastikpartikel wurden in einem Liter Brauchwasser in Deutschland gezählt. Auch in Bier und Trinkwasser ist Mikroplastik nachweisbar (Antwort Kommissar Potocnik vom 29.01.2014). Es stammt aus Duschgels, Lidschatten und Fleecepullis und schwimmt über die Flüsse ins Meer. Dort reichert es sich über das Plankton in Sedimenten und der Nahrungskette an. Polyethylen findet sich in Muscheln, Fischen und Vögeln, selbst in der Antarktis. Dabei wurde der Grundstoff des unverrottbaren Allzweckmaterials Bakelit erst 1905 erfunden. Plastik wird aus reaktionsfähigen niedermolekularen Molekülen hergestellt und enthält meist eine große Anzahl giftiger Zusatzstoffe. Es zersetzt sich auch in Hunderten von Jahren nicht natürlich.

Kunststoffe haben seit den 1950er Jahren ihren Siegeszug angetreten. Wurden 1950 noch 1,5 Mio. Tonnen Plastik weltweit produziert, waren es 2008 schon 245 Mio. Tonnen, davon 60 Mio. Tonnen in Europa. Knapp die Hälfte der Produktion in Europa ist Plastikmüll zum Einmalgebrauch. So wurden europaweit 12 Mio. Tonnen Plastik deponiert, 8 Mio. Tonnen verbrannt und nur 6 % recycelt (Zahlen von 2008, Quelle: EU-Kommissionsvorschlag über Verpackungen und Verpackungsabfälle, Grünbuch Plastik). Von den 95, 5 Milliarden Kunststofftragetaschen (entsprechend 1,42 Mio. Tonnen) waren 92 % für die einmalige Verwendung vorgesehen.

Eine drastische Verringerung des Plastikmülls ist notwendig

Eine Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates (link zur Richtlinie COM 2013/0761.pdf) will eine Reduzierung erreichen. Sie schreibt Höchstgrenzen für den zukünftigen Verbrauch leichter Plastiktüten vor und überlässt es den Mitgliedstaaten, mit welchen Regelungen sie diese einhalten wollen. Jeder EU-Bürger verbraucht jährlich 198 Plastiktüten, davon 90 % aus leichtem Kunststoff. Allerdings ist die Anzahl in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich. Deutschland liegt bei 76 Plastiktüten pro Kopf und Jahr. 

Die Vorgaben der EU sind höchstens 90 Tüten pro Kopf bis 2019 und 40 Tüten bis 2025. Der Verbrauch kann alternativ über eine Gebühr bis Ende 2018 verringert werden. Erfasst werden Kunststofftüten zwischen 10 Mikron und 50 Mikron (= 0,05 Millimeter) Wandstärke. Die dünneren Verpackungen gelten als hygienisch notwendig. Sie sind von der Regelung ausgenommen und können mittelfristig auch durch Biopolymere ersetzt werden. Bei den stärkeren Tüten über 50 Mikron geht man von einer mehrfachen Verwendung und geregelten Entsorgung aus. Für Sauerstoff-abbaubares Verpackungsplastik, bei dem zugesetzte Salze für einen Zerfall in kleinste Plastikpartikel sorgen, wird eine Umweltverträglichkeitsprüfung vereinbart.

Ziel der Plastiktüten-Verordnung ist eine Revision der nationalen Verpackungsverordnungen, um den Kunststoffmüll zu begrenzen. Bis 2019 sollen 80% des anfallenden Plastikmülls verschwinden. Verbindliche Recyclingziele, Verbot der Deponierung, Vermeidung von Anreizen zur Verbrennung und Verzicht auf toxische Zusatzstoffe in neuen Produkten sowie eine deutliche Reduktion des Einmalverbrauchs werden vorgeschrieben. Nach der Einigung im Europäischen Rat am 17. Dezember 2014 (link: http://eur-lex.europa.eu/procedure/DE/1041377) sind die Mitgliedstaaten nun zur Umsetzung aufgerufen.

Deutschland muss handeln

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz Bau und Reaktorsicherheit hat sich daher in der ersten Januar-Sitzung 2015 mit der Problematik befasst. Innerhalb eines Jahres müssen Rechts und Verwaltungsvorschriften erlassen werden, um den Verbrauch leichter Plastiktüten entsprechend zu verringern. In Deutschland sind von 76 jährlich pro Kopf verbrauchten Plastiktüten 64 Einwegtaschen. Es geht in der Verordnung aber nur um Tragetaschen, nicht um Versandbeutel oder Mülltüten. Auch in Deutschland besteht Handlungsbedarf. 

Josef Göppel will erreichen, dass Plastiktragetüten in keinem Geschäft mehr kostenlos abgegeben werden. Irland hat zum Beispiel den Verbrauch von Plastiktüten mit einer Abgabe von 20 Cent von 328 auf 16 Stück pro Einwohner und Jahr gesenkt.

Der zweite Ansatzpunkt ist für MdB Josef Göppel die Beseitigung der Ausnahmen vom Pfand. Fruchtsäfte, Nektare und Getränke mit 50 % Milchanteil sind nämlich von der Pfandpflicht befreit. In einer Bundestagsrede am 29. Januar 2015 sagte Göppel dazu: „Das hat das Pfand erreicht, weniger Plastikflaschen werden in der Landschaft weggeworfen. Es ist die am schnellsten wirksame Maßnahme, um Mikroplastik im Meer zu vermeiden.“

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Artikel vom: 29.01.2015 14:19