Flüchtlinge: EU muß human bleiben

Wie lange noch sichert uns das Schengen-Abkommen freien Reiseverkehr in Europa?

Wie lange noch sichert uns das Schengen-Abkommen freien Reiseverkehr in Europa?

Josef Göppel zum Thema Flüchtlinge

Berlin, 12. April 2016 - Die europäischen Staatschefs haben sich mit der Türkei geeinigt. Ein Teil der EU-Außengrenze kann damit abgesichert werden. Was aber ist mit der Verteilung von Flüchtlingen im Innern Europas? Europa muss human bleiben! Dafür tritt Josef Göppel ein. Doch die Genfer Flüchtlingskonvention bietet nur Schutz auf Zeit. Deshalb unterstützt Josef Göppel alle Maßnahmen, die den Zuzug steuern können. Eine Abschottung Europas lehnt er ab.   

Stoppen kann man eine Völkerwanderung aber nur dort, wo die Menschen aufbrechen. Deshalb muss der Westen weiter auf den Iran, Russland und China zugehen, um zur Beendigung des Krieges in Syrien zu kommen. 

Kurzfristig braucht das UN-Flüchtlingswerk mehr Geld, damit die Menschen in den Lagern um Syrien erträglich leben können. Selbst das Existenzminimum von einem Dollar pro Person und Tag für Wasser, Nahrung und Unterbringung in Zelten war bis vor Kurzem nicht gewährleistet.

Gegenwärtig beträgt der Anteil politisch Verfolgter in Deutschland weniger als 2 %. Der Großteil der Flüchtlinge erhält eine auf ein bis drei Jahre begrenzte Aufenthaltserlaubnis nach der Genfer Flüchtlingskonvention (98%). Deren Ziel ist die Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Heimat nach Beendigung der Kriegsgefahren. Die jetzt so oft zitierten abendländischen Werte gebieten es aber, dass wir ihnen in der Zwischenzeit Schutz gewähren und sie gut behandeln. Auf längere Sicht wird daraus ein Vorteil für Deutschland. Viele junge Menschen, die Deutsch lernten und hier ausgebildet wurden, später als Partner unseres Landes im arabischen Raum zu haben, das ist eine Investition in Verständnis und Zusammenarbeit für die nächste Generation.

Die vielfach geäußerte Angst vor einer muslimischen Herrschaft in Deutschland teile ich nicht. 1995 nach dem Bürgerkrieg in Ex-Jugoslawien waren 350.000 Flüchtlinge aus Bosnien in Deutschland, 2001 waren es noch 19.200. Im Übrigen kann eine Gesellschaft nur dann überprägt werden, wenn sie ihre eigenen Werte nicht glaubwürdig lebt. Je lascher und gleichgültiger die angestammte Bevölkerung der christlichen Kultur gegenüber steht, desto mehr können andere Gruppen dieses Vakuum füllen. Leere Kirchen bereiten mir mehr Sorge als volle Moscheen.

Durch UNS und unser Verhalten wird Deutschland geprägt! Plötzlich melden sich Leute zu Wort, von denen man bisher nie besonderes Engagement für unsere angeblich von der Flüchtlingswelle in Gefahr gebrachten Werte bemerkt hat. Geht es etwa doch nur darum, den Wohlstand nicht antasten zu lassen? Solange der Flüchtlingsstrom in Griechenland, Italien und Spanien aufgefangen wurde, regte das bei uns kaum jemand auf. Wir überließen ihnen das Problem. Genauso ergeht es uns jetzt innerhalb der Europäischen Union. Deutschland zog sich immer darauf zurück, keine EU-Außengrenze zu haben – eine angenehme Position. Gleichzeitig exportieren wir unsere Produkte, erzielen enorme Überschüsse, haben die wenigsten Arbeitslosen und profitieren insgesamt von der Globalisierung. Wir können aber nicht als Insel leben!

Die aktuelle Auseinandersetzung dreht sich im Kern um die Frage, ob man durch Schließung der Grenzen das Problem mit einem Befreiungsschlag lösen kann oder ob die Reduzierung der Flüchtlingszahl in kleinen Schritten mit Teilmaßnahmen realistischer ist.

Die jetzige Praxis der Bundesregierung geht selektiv vor. Inzwischen wird täglich eine bis zu vierstellige Zahl von Personen an deutschen Grenzen zurückgewiesen. Die Zentralregistrierung in den sogenannten Wartezonen wirkt. Die Zentren mit Schnellverfahren für offensichtlich chancenlose Bewerber bewähren sich. Die Deklaration sicherer Herkunftsländer funktioniert ebenfalls. Aus dem Westbalkan kommen zum Beispiel nur noch 20 Menschen pro Tag.

Die vom Bundestag beschlossenen Gesetzesänderungen reduzieren den Zustrom nach Deutschland deutlich. Die Ausweisung von Marokko, Algerien und Tunesien als sichere Herkunftsländer schränkt die Aufnahmezahl nochmal spürbar ein.

Man kann Frau Merkel wegen ihrer Verhandlungen mit dem Partner Türkei kritisieren, doch sie steht nach wie vor für die Verpflichtungen Europas aus der Genfer Flüchtlingskonvention ein. Mit der standhaften Ausrichtung ihres Handelns an dieser rechtlichen und ethischen Richtschnur dient sie dem Wohl des Landes wirklich. Damit nimmt sie das C in ihrem Parteinamen ernst. Das beweisen auch ihre Initiativen zum Klimaschutz, zur Energiewende oder zur Befriedung der Ukraine. Letzteres hat uns übrigens vor einem weiteren Flüchtlingsstrom bewahrt. Aus all diesen Gründen stehe ich als CSU-Abgeordneter an der Seite von Frau Merkel

Wer glaubt, dass der Flüchtlingsdruck nach Europa durch eine andere Politik von Frau Merkel beseitigt werden kann, lebt in einer Traumwelt. Das Wohlstandsgefälle zum Süden der Erde ist zu groß.

Eine Möglichkeit zur Eindämmung der Fluchtursachen sehe ich in Arbeitskontingenten auf Zeit. Damit können junge Menschen für den Aufbau ihrer Heimat qualifiziert werden. Ihre Auswahl erfolgt nach dem Bedarf der deutschen Wirtschaft. Das Verfahren muss außerhalb des Asylrechts laufen. Mit einem Punktesystem, ähnlich wie in Kanada, lässt sich die Zuwanderung bedarfsgerecht steuern.

Bei all diesen Überlegungen darf eins nicht vergessen werden: Die große Hilfsbereitschaft unserer Bevölkerung gegenüber den Flüchtlingen und der ehrenamtliche Einsatz sind nach der friedlich herbei geführten Wiedervereinigung wiederum eine Leistung, die Deutschland als demokratischen Kulturstaat auszeichnet. Das hier durchschimmernde christliche Wertefundament ist vielleicht das wichtigste Signal aus der leidenschaftlich diskutierten Begegnung von Kulturen. Die vielen freiwillig helfenden Menschen sind es, die die europäischen Werte der Humanität und Nächstenliebe erhalten!

MdB Josef Göppel

Position der CDU/CSU-Fraktion 

Deutschland und Europa sehen sich der größten Zahl von Flüchtlingen seit Ende des Zweiten Weltkriegs gegenüber. In Deutschland haben die Bürger, der Bund sowie Länder und Kommunen im Jahr 2015 Einzigartiges geleistet, um die über eine Million Flüchtlinge in unserem Land aufzunehmen. Dies war ein Akt der Humanität, der in Europa seinesgleichen sucht, aber in dieser Form auch nicht wiederholbar ist.

Die Politik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bekennt sich zu den Grundsätzen des christlichen Menschenbildes. Danach ist jeder Mensch Ebenbild Gottes und muss entsprechend seiner Würde behandelt werden.

Somit sind wir aufgefordert, Menschen zu helfen, die verfolgt oder durch einen Bürgerkrieg in Lebensgefahr geraten sind. Dies heißt vor allem Unterstützung der Notleidenden in den Krisenregionen selbst oder in angrenzenden Ländern. Europa und Deutschland werden Menschen auch künftig Zuflucht gewähren. Wer aber nach Europa kommt, nur um besser leben zu können, muss in jedem Fall wieder in seine Heimat zurückkehren.

(Quelle: Fragen und Antworten zur Flüchtlingspolitik, www.cducsu.de)

Artikel vom: 02.08.2016 16:40