Zur Finanztransaktionssteuer

Was ist eine Finanztransaktionssteuer?

Jedem Bürger ist die Mehrwertsteuer ein Begriff. Damit werden die Umsätze von Waren und Dienstleistungen besteuert. Jeder Kauf ist eine „Transaktion“. Für den Handel mit Geld gibt es bisher keine Umsatzsteuer.


Was soll besteuert werden?

Die Steuer soll alle Finanzinstrumente umfassen, insbesondere Aktien, Anleihen, Investmentanteile, Devisentransaktionen und den Derivatehandel. Die Steuer soll also eine breite Bemessungsgrundlage, aber einen niedrigen Steuersatz haben.


Wie hoch soll die Steuer sein?

Der anvisierte Steuersatz ist 0,1 %. Die Steuer wird voraussichtlich sowohl bei Kauf als auch bei Verkauf fällig.  


Welche Auswirkungen hätte eine solche Steuer für Otto Normalverbraucher?

Gehen wir einmal von folgendem Szenario aus: Ein Bürger möchte Aktien im Wert von 5.000 € erwerben. Sowohl bei Kauf als auch bei Verkauf der Aktien fiele eine Finanztransaktionssteuer in Höhe von 0,1 % an.

Bei Kauf wären das 5.000 x 0,001 = 5 Euro!  

Seien wir Optimisten und gehen wir davon aus, dass diese Person die Aktien nach einer Weile gewinnbringend für 6.000 € verkaufen kann. Bei Verkauf werden also 6.000 x 0,001 = 6 Euro fällig.

Insgesamt ergibt sich eine Steuerzahlung von 11 Euro. Durch eine derart geringe Steuer lässt sich kein Normalbürger ein lohnendes Geschäft vermiesen!


Wozu dann eigentlich eine Finanztransaktionssteuer?

Eine solche Steuer hat grundsätzlich zwei Effekte:

  • Geschäfte, welche nur eine verschwindend geringe Gewinnmarge haben, werden unrentabel. Die Zahl der spekulativen Finanzgeschäfte nimmt deutlich ab.
  • Es entstehen Steuereinnahmen, mit denen zukünftig die Finanzbranche zur Finanzierung ihrer eigenen Krisen in die Pflicht genommen werden kann.

Die Finanztransaktionssteuer würde zu einem deutlichen Rückgang der weltweiten Finanzgeschäfte führen, weil ein großer Teil dieser Geschäfte auf dem Ausnutzen minimaler Preisdifferenzen beruht. Fachleute sprechen hier von Arbitrage-Geschäften. Diese Geschäfte werden zu einem Großteil von Computern ausgeführt. Während ein normaler Börsenhändler pro Tag etwa 5.000 Geschäfte abwickelt, kommt ein Computer auf bis zu 60 Millionen Geschäfte.

Neben diesen Arbitrage-Geschäften basiert ein zweiter großer Teil der Finanzgeschäfte auf sogenannten Derivaten. Das Wort kommt von lat. derivare = ableiten und bezeichnet Finanzprodukte, die von zugrundeliegenden Werten abgeleitet werden. Zur Verdeutlichung: Ein Aktienderivat kann eine Art Wettschein auf die Kursentwicklung dieser Aktie sein. Man kann auf das Steigen oder auch das Sinken dieser Aktie wetten. Der zugrundeliegende Wert ist also die Aktie.  


Wo genau liegt eigentlich das Problem bei diesen extrem hohen Kapitalumsätzen und den Derivaten?

Zunächst einmal: Die Wette auf einen zugrundeliegenden Wert bringt selbst keine Wertschöpfung. Nun könnte man sagen, wenn solche Wetten der Allgemeinheit nichts bringen, so schaden sie jedoch auch nicht. Genau hier liegt jedoch der Trugschluss:

Derivate sind im Laufe der Zeit immer komplizierter geworden. Selbst Fachleute verlieren häufig den Überblick. Auch auf die Rating-Agenturen, die eigentlich das Risiko solcher Produkte bewerten sollen, ist häufig kein Verlass. Sie hatten die mittlerweile berühmten Derivate auf Immobilienkredite in den USA mit Topnoten bewertet. Wie falsch sie damit lagen ist heute jedem klar. Der Zusammenbruch dieser Kreditderivate stand am Anfang der aktuellen Finanzkrise. Über den Verkauf der Kreditderivate wurde diese windige Konstruktion in große Teile der Welt exportiert. Selbst Landesbanken erwarben solche Papiere und blicken nun auf die Scherben.

Der Überblick auf den internationalisierten Finanzmärkten geht verloren. Unsicherheit und mangelnde Planbarkeit sind jedoch Gift für wirtschaftliche Prosperität und Wohlstand. Ohne ein Klima der Solidität und Verlässlichkeit gibt es wenig Investitionen in die Realwirtschaft.

Regierungen weltweit beschäftigen Berater und Experten und machen sich ihr fundiertes Spezialwissen zunutze. Doch selbst diese Spezialisten, die „Besten der Besten“ können ein solches Maß an Komplexität nicht mehr überblicken. Das zeigen die in letzter Zeit fast schon regelmäßigen Milliardenverluste einzelner Unternehmen. Das „Glücks-Moment“ gewinnt in einer solchen Marktsituation gegenüber dem Moment der Tüchtigkeit und der Redlichkeit die Oberhand.   


Welche positiven Effekte hätte hier eine Finanztransaktionssteuer?

Neben der bereits erwähnten Eindämmung von Arbitrage-Geschäften ergibt sich ein Gerechtigkeitseffekt. Finanzmärkte müssen über die eingenommenen Steuern ihre Krisen zukünftig selbst finanzieren. Die Erpressbarkeit der Politik nimmt ab.


Widerspricht eine solche Steuer den Prinzipien der Marktwirtschaft?

Ganz klar NEIN! Welche Person stünde mehr für die Marktwirtschaft als Adam Smith? Auch er war jedoch der Meinung: Chance und Risiko wirtschaftlichen Handelns dürfen nicht auseinanderfallen! Wer in guten Zeiten hohe Gewinne erzielt, muss in schlechten Zeiten auch für die eigenen Verluste einstehen. Ohne dieses Prinzip ist eine Marktwirtschaft nicht denkbar.