Erstes Bundestreffen der Energiegenossenschaften in Berlin

Mit überwältigender Resonanz fand am 19. November 2012 das erste Bundestreffen der deutschen Bürgerenergieprojekte in Berlin statt. Über 500 Kleinerzeuger nutzten die Gelegenheit zu einem intensiven Ideenaustausch. Die Tagung zog auch international großes Interesse auf sich – es waren Gäste aus den Vereinigten Staaten, Großbritannien und Spanien angereist, um sich aus erster Hand zu informieren.

Die Initiative zum Kongress ging von Josef Göppel aus. Ihm schlossen sich der Unionsabgeordnete Ingbert Liebing (Schleswig-Holstein), der Energieexperte Hans Josef Fell (Bündnis 90/ Die Grünen) und die SPD-Abgeordnete Waltraud Wolff (Sachsen-Anhalt) an. Der Deutsche Genossenschafts- und Raiffeisenverband richtete die Veranstaltung aus. Bei dem Treffen wurden unterschiedliche Bürgerbeteiligungsmodelle vorgestellt − von dörflichen und städtischen Energieerzeuger-Genossenschaften über Stadtwerke und Bürgernetze bis hin zur regionalen Nutzung und Vermarktung des selbsterzeugten Stroms. Bundesumweltminister Peter Altmaier hielt eine engagierte Rede. Er betonte, dass die Energiewende der Generation unserer Kinder und Enkel die Chance einer positiven ökonomischen und ökologischen Zukunft bietet. Indem genossenschaftliche Strukturen noch mehr einbezogen werden, könne die demokratische und wirtschaftliche Akzeptanz gestärkt werden.

Die deutsche Bevölkerung greift bereits jetzt die Chancen der Energiewende aktiv auf: Seit 2005 haben sich über 80.000 Bürger in rund 600 Energiegenossenschaften zusammengeschlossen - das ist die konsequenteste Form der Bürgerbeteiligung mit dem Prinzip des gleichen Stimmrechts für alle.

Michael Diestel aus der Rhön stellte die Erfolgsgeschichte der Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Energie-Genossenschaft vor. An seinem Beispiel aus der ländlich geprägten Region um Bad Neustadt veranschaulichte er das Motto: „Was die Industrialisierung der Stadt, ist die Energiewende dem ländlichen Raum“. Größte Herausforderung bei dieser Entwicklung ist das Zusammenführen der neuen Technologien, des energetischen Potenzials, der engagierten Menschen vor Ort und der Investitionsmittel – Genossenschaften bieten eine zuverlässige Lösung dieser Herausforderung. „Was dem Einzelnen nicht möglich ist, ist der Gemeinschaft möglich“, so Michael Diestel.

Bürgerenergieprojekte können sogar noch mehr leisten als Stromerzeugung und –vermarktung, wie die Energiegenossenschaft Odenwald zeigt. Vorstandssprecher Christian Breunig hob neben der Reaktivierung einer alten Wasserkraftanlage das „Haus der Energie“ in Michelstadt besonders hervor. In diesem Beratungszentrum profitieren Bürger von einem Komplettangebot zum Thema Gebäudesanierung. Sie werden dabei durchgehend von einem Ansprechpartner betreut.

Neben Genossenschaften wurden weitere Formen des bürgerschaftlichen Engagements auf dem Kongress vorgestellt – darunter Bürgernetze und Vermarkter des Stroms von Kleinerzeugern. Ihnen allen ist gemein, dass sie die Energiewende dezentral gestalten und die Wertschöpfung in der jeweiligen Region halten - getreu dem Leitspruch Christian Breunigs: „Der Mensch der den Wind der Veränderung spürt, sollte keinen Windschutz sondern ein Windrad bauen“.

Konsens unter den Gästen des Bundestreffens war die Forderung nach der Bildung eines übergeordneten Netzwerks der Bürgerenergieprojekte. Dieses soll noch im kommenden Jahr gegründet werden.