Wie muss der Emissionshandel weiter entwickelt werden?

Bundestagsrede vom 9. Juni 2011

Wir sind Zeugen eines sich wandelnden Weltklimas. Mit dem Klima ändern sich die Lebensbedingungen auch in Deutschland. Wenn es nicht gelingt, den globalen Klimawandel in Grenzen zu halten, wird das weitreichende Folgen für die Natur als unsere Lebensgrundlage und damit für unsere Gesellschaft und unser Wirtschaften haben. Eine erfolgversprechende Klimapolitik braucht deshalb zwei Säulen: Erstens, die Vermeidung von Treibhausgasen und zweitens, die Anpassung an die Folgen des Klimawandels, die schon heute nicht mehr vermeidbar sind. Der Emissionshandel ist dabei ein zentrales Instrument zur Reduzierung von Treibhausgasen, die den Motor für den Klimawandel darstellen.

Die Bundesregierung hat am 16. Februar 2011 auf der Grundlage der reformierten europäischen Richtlinie zum Emissionshandel die Novelle des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes beschlossen. Diese Entscheidung dient der Weiterentwicklung des Emissionshandels für die bevorstehende Handelsperiode 2013 bis 2020 und setzt zugleich die europäische Richtlinie in nationales Recht um.

Die Novelle stellt einen wesentlichen Fortschritt für den Klimaschutz dar: Ab dem Jahr 2013 gibt es damit ein einheitliches EU-Emissionshandelssystem und nicht wie bisher 27 Einzelsysteme. Erstmals wird eine gesamteuropäische Obergrenze für die Emissionsmenge festgelegt. Die Harmonisierung des Emissionshandelssystems trägt ganz wesentlich dazu bei, dass Wettbewerbsverzerrungen zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten beseitigt werden können.

Ab 2013 werden in Deutschland 2000 Anlagen am Emissionshandel teilnehmen. Bisher waren es in Deutschland nur 1665 Anlagen.
Ich sehe es als Erfolg der Politik, dass ab 2012 auch der Luftverkehr und ab 2013 weitere emissionsintensive Industriebranchen in den Emissionshandel einbezogen werden.

In keinem anderen Sektor steigen die Emissionen so schnell an wie im Luftverkehr. Die Treibhausgasemissionen aus dem Flugverkehr haben sich seit 1990 in Europa fast verdoppelt. Ab 2012 fallen alle Flüge, die von europäischen Flughäfen abgewickelt werden unter das Emissionshandelsrecht der Europäischen Union. Hier ist es nach meiner Auffassung richtig, am Verursacherprinzip festzuhalten: Europa sollte sich nicht durch die Drohungen Chinas, bei Einführung des Emissionshandels im Flugverkehr Zwangsabgaben für europäische Fluggesellschaften einzuführen, vom richtigen Weg abbringen lassen. Hier kann und muss Europa als Vorbild vorangehen. Ich teile die Auffassung von Klimaschutzkommissarin Hedegaard, dass es bei der beschlossenen europäischen Gesetzgebung zum Flugverkehr keinen Rückzieher geben darf.

Neben dem Flugverkehr gibt es aber auch andere Wirtschaftsbereiche, die eventuell in den Emissionshandel einzubeziehen sind. Hier ist die Landwirtschaft und der Straßen- und Schiffsverkehr zu nennen.

Die Regierung in Neuseeland will zum Beispiel die Landwirtschaft ab 2015 in den Emissionshandel einbeziehen. Viele Landwirte erhoffen sich daraus sogar Einnahmen.

Die internationale Seeschifffahrt ist genauso wie der Flugverkehr ein stark wachsender Sektor. Eine aktuelle Studie des Öko-Instituts hat gezeigt, dass die Einbindung des Seeverkehrs in das europäische Emissionshandelssystem problemlos vollzogen werden könnte. Darüber hinaus bin ich der festen Überzeugung, dass mehr Klimaschutz im Straßenverkehr notwendig und möglich ist. Der Emissionshandel kann die effizienteste Form sein, die verschiedenen Emissionen des Verkehrs- und Transportsektors einheitlich zu behandeln.

Der zukünftige Erfolg des europäischen Emissionshandelssystems steht und fällt mit dem Wert der Zertifikate. Ich habe große Sorge, dass es mit der Beibehaltung des 20 Prozent-Minderungszieles zu einem Preisverfall bei den Zertifikaten kommt. Mit dem Erreichen des 20 Prozent-Zieles verlieren die Zertifikate an Wert.

Der Bundesrat hat sich mit der Novelle des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes ebenfalls befasst. Die Änderungsanträge der Regierungsfraktionen zum Entwurf vom Februar 2011 tragen den Wünschen des Bundesrates in weiten Teilen Rechnung. Das betrifft insbesondere die Entlastung für kleinere und mittlere Unternehmen, denn gerade kleine Anlagen mit geringen Emissionen würden von den Verwaltungskosten des Emissionshandels im Verhältnis zu ihren Emissionsmengen überdurchschnittlich belastet. Mit der Kleinanlagenregelung werden zukünftig alle Effizienzverbesserungen anteilig auf den zu zahlenden Ausgleichsbetrag angerechnet. Zudem wird es eine Härtefallregelung bei der kostenlosen Zuteilung für Zertifikate geben.

Mit einer erweiterten Ausnahmeregelung für Müllverbrennungsanlagen, konkret dem Verzicht von Heizwertkriterien zur Abgrenzung von Siedlungsabfällen, kommen die Änderungsanträge der Regierungsfraktionen ebenfalls den Bundesländern entgegen.
Es könnte allerdings sein, dass die Kommission die Ausnahmen nicht als ausreichende Umsetzung der europäischen ETS-Richtlinie akzeptiert.

Beim Vollzug des Emissionshandels in Deutschland wird die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern eindeutig geregelt. Die Landesbehörden werden für die Emissionsgenehmigungen zuständig sein. Den gesamten Bereich der Emissionsüberwachung übernimmt zukünftig das Umweltbundesamt.

Der Forderung des Bundesrates nach einer Beteiligung der Länder an den Versteigerungserlösen können wir nicht nachkommen.

Die Weiterentwicklung des europäischen Emissionshandels stellt einen wesentlichen Fortschritt dar und schafft ein vorbildliches System zur Treibhausgasreduzierung. Zugleich werden Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedsstaaten, die durch unterschiedliche Zuteilungsregelungen entstehen konnten, beseitigt. Mit den Erlösen aus dem Emissionshandel werden weitere Klimaschutzmaßnahmen finanziert.