Klimaschutzgedanken – Wir dürfen nicht ruhig sitzen bleiben

Bundestagsrede vom 11. November 2011

Hier finden Sie den Videomitschnitt der Rede.

Josef Göppel (CDU/CSU):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der bisherige Verlauf der Debatte zeigt ganz deutlich, dass von diesem Parlament jetzt das Signal ausgehen muss, dass wir das Verschleppen und Verzögern eines internationalen Klimaschutzabkommens nicht hinnehmen. Es war ja der Deutsche Bundestag, der vor zwei Jahren das Minderungsziel von 40 Prozent ohne Bedingungen beschlossen hat.

(Marie-Luise Dött (CDU/CSU): Genau!)

Es muss deutlich werden, dass diejenigen der Regierung, die verhandeln, ein drängendes Parlament über alle Fraktionsgrenzen hinweg im Rücken haben. Das möchte ich hier deutlich machen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Andreas Jung hat schon darauf hingewiesen, dass er das 30-Prozent-Ziel für richtig hält und weiterhin unterstützt. Das gilt ebenso für mich. Ich bin der Überzeugung, dass wir in Durban keine Fortschritte erzielen werden, wenn sich die Europäische Union nicht bewegt. Die Europäische Union gehört im Moment aber leider nicht zu den Zugpferden.

Der Prozess der Meinungsbildung in der Europäischen Union geht quälend langsam voran. Da das Abkommen von Kyoto 2012 ausläuft und am Ende des Jahres 2011 nichts in Sicht ist, was an seine Stelle treten kann, muss ich sagen: Alle, die ihren Amtseid ernst nehmen, können angesichts dessen nicht ruhig sitzen bleiben. Wir haben hier eine besondere Verantwortung.

Nun setzt Deutschland als hochindustrialisiertes Land seit der Energiewende im Sommer 2011 vollkommen auf erneuerbare und CO2-freie Energien. Die Welt beobachtet aufmerksam, wie das deutsche Experiment vorangeht. Eben da liegt unsere besondere Verantwortung.

Ich will auf einen Punkt eingehen, der in den Verhandlungen in Durban vielleicht eine Brücke darstellen kann, nämlich die Energieeffizienz und die Einspartechnologien. Dabei geht es darum, was wir selber bei uns tun: in Deutschland, in der Europäischen Union. Die europäischen Regierungschefs haben 2007 den Beschluss gefasst: dreimal 20 Prozent bis 2020. Die Marke von 20 Prozent erneuerbare Energien werden wir in neun Jahren wahrscheinlich deutlich überschritten haben; vielleicht liegen wir dann bei 30 Prozent. Bei der CO2-Einsparung wird Europa wohl das 20-Prozent-Ziel erreichen. Aber unsere Schwachstelle sind die Energieeffizienz und die Einsparung von Primärenergie. Wenn es konkret wird, verlaufen die Verhandlungen eher zögerlich, so auch die Beratungen über eine neue europäische Energieeffizienzrichtlinie.

Ich muss ganz deutlich sagen: Diejenigen, die den Vorschlag der Europäischen Union, der vorsieht, dass Energieversorger verpflichtet werden, jährlich eine Effizienzsteigerung von 1,5 Prozent zu erreichen, für Planwirtschaft halten, müssen sagen, wie sie das Ziel auf andere Weise erreichen wollen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie des Abg. Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine Reihe von amerikanischen Bundesstaaten, die etwa die Hälfte der Bevölkerung der USA repräsentieren, hat dieses Ziel übernommen. Darunter ist übrigens der Bundesstaat Texas, dem man Planwirtschaft bestimmt nicht vorwerfen kann. In Europa haben sich Frankreich, Polen, Dänemark und Großbritannien entsprechend verpflichtet.

Ich habe mit Interesse gesehen, dass Eon in Großbritannien in den Zeitungen ganzseitige Inserate mit der Überschrift schaltet: Was in aller Welt soll einen Energieversorger veranlassen, dafür zu sorgen, dass seine Kunden weniger Energie verbrauchen?   Solche Inserate erinnern mich sehr an die Einführung des Katalysators 1982/83 in der Ära Kohl. Damals war es teilweise die Taktik der deutschen Industrie: in Deutschland verschleppen und im Ausland verkaufen.
Die Steigerung der Energieeffizienz und dementsprechend die Einsparung von Primärenergie sind der Schlüssel für Schwellenländer; denn wenn wir Technologien auf den Weltmärkten anbieten können, die diesen Ländern helfen, den Energieverbrauch zu senken und damit Kosten einzusparen, dann werden wir auch in den Klimaverhandlungen mehr Erfolg haben. Ich erwarte als Abgeordneter der Koalition, dass Deutschland rasch auf die Verabschiedung einer neuen Energieeffizienzrichtlinie drängt, und zwar mit verbindlichen Zielen und verbindlichen Maßnahmen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)