"Waldschutz heißt mehr Klimaschutz"

 

Bundestagsrede vom 2. Dezember 2011

Hier können Sie sich das Video der Bundestagsrede ansehen.

Josef Göppel (CDU/CSU):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der Ernüchterung von Kopenhagen flammte die Diskussion über die Ursachen des Klimawandels wieder auf. Diese Debatte wird zwar heftig geführt, aber sie ist müßig. Der haushälterische Umgang mit den Gütern der Erde ist auch wirtschaftlich vernünftig, und der sparsamere Einsatz von Rohstoffen und Energie bringt wirtschaftliche Vorteile. Das sind Argumente, die die Klimaskeptiker immer für sich beanspruchen. Deshalb ist dieser Streit müßig.

Das nun schon mehrfach angesprochene Thema der Position der Europäischen Union in Cancún hängt damit direkt zusammen. 20 Prozent Minderung der Treibhausgase bis 2020   das ist unsere größte Schwäche in der Konferenz, weil die anderen wissen, dass wir 17 Prozent erreicht haben. Ich schätze das so ein: Wenn die Europäische Union nicht wieder wie in Kopenhagen an den Rand gedrängt werden will, sondern an den Schlusstagen der Konferenz eine aktive Rolle spielen will, dann muss sich die Delegation hier bewegen. Gott sei Dank gibt es einige Anzeichen dafür.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme zu einem zweiten Bereich, der ebenfalls schon mehrfach angesprochen wurde, zum Waldschutz. Es besteht jetzt die Chance, mit dem Schwung der gelungenen Konferenz zur biologischen Vielfalt den Waldschutz konkret voranzubringen. Waldschutz heißt mehr Klimaschutz, bedeutet aber auch Sicherung der biologischen Vielfalt, und er trägt zur Armutsbekämpfung bei. Wir haben in Deutschland eine lange Tradition der nachhaltigen Forstwirtschaft. Jetzt geht es darum, das Wissen des hochqualifizierten Personals mit anderen zu teilen. Ich nenne dafür zwei Beispiele.
Erstens. Die Fähigkeit der Wälder, Kohlenstoff zu speichern, hängt mit ihrer biologischen Vielfalt zusammen. Man muss ganz klar sagen: Pappelkulturen und Eukalyptuswälder, Monokulturen, sind keine echten Wälder. Sie können die Funktion der Klimaanpassung nicht wahrnehmen.

Zweitens. Je stärker wir den Wald nutzen, desto stärker sinkt die Speicherfähigkeit. Auch im Zusammenhang mit unserer Waldstrategie in Deutschland ist es wichtig, die Nutzung so auszubalancieren, dass die Wälder eine Senke bleiben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Erfreulich ist, dass sich von den 193 Staaten, die an der Konferenz teilnehmen, 140 bereit erklärt haben, den 2-Grad-Appell von Kopenhagen mit freiwilligen Verpflichtungen zu unterlegen. Aber die unschöne Seite an der Sache ist, dass diese Verpflichtungen gerade einmal ausreichen, um den Anstieg der mittleren Erdtemperatur auf 4 Grad zu begrenzen. 2 Grad wollen wir erreichen. Damit wird deutlich: Es muss noch kräftig nachgelegt werden.

Deutschland ist in der Gruppe der Willigen, in der sogenannten Cartagena-Gruppe. In dieser Cartagena-Gruppe sind Industrieländer, aber auch Entwicklungsländer und hochbedrohte Inselstaaten. Ich erhoffe mir von der Mitarbeit in der Cartagena-Gruppe eine abgestimmte Vorgehensweise, die auf der Konferenz in Cancún eine gewisse Dynamik in Gang setzen kann, insbesondere im Hinblick auf unseren Nachbarkontinent Afrika. Es geht darum, die Lebensbedingungen dort so zu stabilisieren, dass die Menschen in ihrer Heimat bleiben können. Wir sind uns im Umweltausschuss darin einig, dass wir das ureigene afrikanische Projekt eines großen Pflanzgürtels am Südrand der Sahara unterstützen wollen.

Damit komme ich abschließend zur Verhandlungsstrategie in Cancún. Ich möchte an dieser Stelle kurz an unseren verstorbenen Kollegen Hermann Scheer erinnern. Er war der Erste, der in die Niedergeschlagenheit nach Kopenhagen hinein gesagt hat: Wendet euch konkreten Aktionen zu. Geht die Schritte, die jetzt gegangen werden können. Dann können die konkreten Aktionen zu einem Abkommen zusammenwachsen.

Ich wünsche unserem Umweltminister Verhandlungsglück und eine starke Rolle, um an jedem Tag der Verhandlungen deutlich zu machen, dass Deutschland vorangehen will. Ich war in Nagoya. Ich habe miterlebt, wie glaubwürdig Deutschland neben Norwegen war, weil wir als einzige konkrete Beiträge erbracht haben. Diese Glaubwürdigkeit erwarten viele in der Welt von uns, weil Deutschland in diesem Zusammenhang einen guten Namen hat. Wir haben aber auch eine große Verantwortung.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)