Hochwasserschutz durch Renaturierung von Feuchtgebieten

 

Bundestagsrede vom 17. Juni 2010

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben die Bilder der Hochwasser an Weichsel und Oder der letzten Wochen und Monate vor Augen. Die Zahl der Todesopfer in unserem Nachbarland Polen ist indes auf 15 angestiegen. Tausende Häuser und Straßen stehen unter Wasser. Für Polen sind es die schlimmsten Überschwemmungen seit über 100 Jahren. Polens Regierungschef Donald Tusk beziffert die Schäden auf 2,5 Milliarden Euro.

In Deutschland nehmen die Hochwasserschäden nicht zu. Nach der Flutkatastrophe von 1997 und den Hochwassern an Elbe und Oder 2002 wurden alte Dämme und Deiche saniert und Neue gebaut. In Deutschland ist viel für den Hochwasserschutz geschehen. Alle Regierungen der vergangenen Jahre, gleich welcher politischen Konstellation, haben zu dieser Verbesserung beigetragen.

Die jetzige Koalition steht ebenfalls für einen konsequenten Hochwasserschutz. Ich darf hierzu aus dem Koalitionsvertrag zitieren: „Frei fließende Flüsse haben einen hohen ökologischen Wert. […] Für den Natur- und Hochwasserschutz sollen natürliche Auen reaktiviert und Flusstäler, wo immer möglich, renaturiert werden.“

Vor dem Hintergrund des Klimawandels und der sich ergebenden Folgen für den Wasserhaushalt wird sowohl der Hochwasserschutz als auch der Schutz der Ressource Trinkwasser immer bedeutender. Hochwasserschutz meint dabei nicht nur technischen Schutz und Verbauungen. Der effektivste Hochwasserschutz ist unbestritten der Schutz der natürlichen Flusslandschaften und der Flussauen mit allen positiven Nebeneffekten für den Grundwasser- und Naturschutz. Wir müssen den Flüssen wieder mehr Raum geben, damit Flüsse ihrer natürlichen Dynamik folgen können und Rückhalteflächen geschaffen werden. Deshalb bin ich aktives Mitglied der parlamentarischen Arbeitsgruppe „Frei fließende Flüsse“.

Die am 07. November 2007 verabschiedete Nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt umfasst auch den Auenschutz. Das Bundesumweltministerium hat den Auenzustandsbericht im Oktober 2009 vorgelegt. Es ist vereinbart, dass im Rahmen der Umsetzung der Nationalen Strategie ein Bundesprogramm für die Biologische Vielfalt erarbeitet werden soll. Das Bundesumweltministerium arbeitet an der Vorbereitung dieses Bundesprogramms. Es sieht einen Förderschwerpunkt beim Schutz der Flussauen vor.

Ein nur auf die Kompetenzen des Bundes bezogenes Auenschutzprogramm ist nicht sinnvoll, weil die Kompetenzen nicht beim Bund alleine liegen, sondern sich auf Bund, Länder und Gemeinden verteilen. Dennoch greifen die Anträge wichtige Anliegen auf. Dazu gehören die Reinhaltung des Grundwassers, die Sicherung der Trinkwasservorräte und die Sicherung der Artenvielfalt. Es ist allgemein bekannt, dass gerade in den Feuchtgebieten, Flussauen und Mooren die Artenvielfalt am meisten bedroht ist.

Die Forderung, den Erhalt und die Renaturierung von Feuchtgebieten bei der Neuregelung der Gemeinsamen Agrarpolitik einzubeziehen, ist sinnvoll. Ich persönlich unterstütze die Forderung nach der Schaffung einer Genehmigungspflicht für den Umbruch von Grünland und ein Umbruchverbot auf feuchten und anmoorigen Standorten.

Genauso sinnvoll ist die bekannte Forderung, die Ausweisung von Bauland in der Aue zu unterlassen. Bauland in der Aue provoziert Hochwasserschäden und erzwingt teure technische Schutzmaßnahmen, die sich volkswirtschaftlich nicht rechnen.

Wir benötigen durchaus bundesweite Lösungsansätze. Ein Hochwasser macht nicht an einer Landesgrenze halt. Die Themen, die wir auf Bundesebene anpacken können, sollten wir gemeinsam in Angriff nehmen und zielorientiert diskutieren. Ökologischer Hochwasserschutz und Auenschutz gehen dabei Hand in Hand.

Ich möchte deshalb mein Angebot für einen gemeinsamen Antrag zum Schutz des Wasserhaushaltes und der Feuchtgebiete erneuern.