Generaldebatte zur Umweltpolitik 2009-2013

Bundestagsrede am 11. November 2009

Hier können Sie sich den Videomitschnitt der Rede ansehen.

Josef Göppel (CDU/CSU):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am Verhalten der Deutschen in der Umweltpolitik richten sich viele andere aus. Wenn sich die Deutschen in einer Sache zurückhalten, dann bleiben auch viele andere in der Deckung. Das merken die Teilnehmer an internationalen Umweltkonferenzen immer wieder. Deshalb brauchen wir in der jetzigen Phase einer gewissen Stagnation in der internationalen Klimapolitik einen neuen Anschub.

Herr Bundesminister Röttgen, wir wünschen Ihnen Glück im neuen Amt. Ich darf Ihnen die volle Unterstützung der Umweltpolitiker und Umweltpolitikerinnen der Union zusagen. Wir erwarten allerdings viel von Ihnen. Die erste große Herausforderung liegt jetzt in Kopenhagen. Dort muss der gordische Knoten der gegenseitigen Zurückhaltung durchschlagen und es müssen konkrete Angebote für den internationalen Waldschutz und für die Entwicklung klimaverträglicher Technologien in den Entwicklungsländern auf den Tisch gelegt werden. Ich möchte Ihnen sehr danken, dass Sie sich, was die Ziele für Kopenhagen angeht, so klar positioniert haben.

Wir haben es auf innereuropäischer Ebene mit demselben Sachverhalt zu tun. Ich nenne das Gezerre um die sogenannten Nullenergiehäuser bei Neubauten ab 2019, die das Europäische Parlament vorschreiben will, oder auch um die verpflichtenden Anreize in der europäischen Gebäudeeffizienzrichtlinie für die energetische Sanierung von Altbauten. Der Europäische Rat ist nach wie vor dagegen. Wir in Deutschland haben solche Anreize mit den KfW-Programmen, mit dem Marktanreizprogramm des Umweltministeriums, und ich hoffe, es wird eines Tages auch steuerliche Anreize geben, weil da viel Geld sinnvoll lockergemacht werden kann für den Klimaschutz, für Energieeinsparung und für Arbeitsplätze in Handwerk und Mittelstand.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Ulrich Kelber (SPD))

Der Wandel von einer zentralen zu einer dezentralen Stromerzeugung, die Abwärme vermeidet, wo Abwärme also nicht ungenutzt bleibt, sondern zusammen mit der Stromerzeugung sinnvoll genutzt werden kann, ist ein Schlüssel für unsere technologische Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltmärkten der Zukunft und natürlich auch für den Klimaschutz.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen möchte ich an dieser Stelle auf die Verlängerung von Laufzeiten eingehen. Herr Kollege Kauch hat völlig recht. Im Vertrag steht: Wir sind bereit, Laufzeiten zu verlängern. - Aber ich sage hier auch ganz deutlich: Wenn die Begrenzung der Laufzeiten fällt, dann müssen auch die Gegenleistungen im Ausstiegsvertrag der damaligen rot-grünen Koalition vom Juni 2000 fallen, nämlich die steuerliche Begünstigung der Rücklagen, die Begrenzung der Versicherungspflicht für Reaktoren, die bis zu zehn Jahre langen Prüfungsintervalle, und die Begünstigung   es ist da von „ungestörtem Betrieb“ die Rede   im Wettbewerb mit anderen Formen der Stromerzeugung. Das zusammen schafft ein Klima, das man entweder für Innovationen nutzen kann oder für die Zementierung von Zuständen. Unser Nachbarland Belgien macht übrigens im Moment vor, wie ein solcher Energievertrag für ein ganzes Land aussehen kann.

Die Internationale Energieagentur hat gestern bekanntgegeben, dass die Investitionen im Energiesektor wegen der Finanzkrise um 20 Prozent eingebrochen sind. Die Umweltpolitik hat ein elementares Interesse an einer wirkungsvollen Regulierung des Finanzsektors. Das Geld, das zur Rettung von Banken ausgegeben werden muss, steht nicht mehr für technische Innovationen und für den Klimaschutz zur Verfügung.

Ich denke, dass an der Stelle eine neue kulturell-geistige Diskussion angebracht ist, die das Überstülpen von ökonomischen Kategorien auf alle Lebensvorgänge überwindet. Da möchte ich Sie, Herr Minister Röttgen, zitieren und unterstützen. Sie haben die ethische Verankerung der Umweltpolitik angemahnt. Die aktuelle Situation hat niemand besser beschrieben als Roger de Weck in der FAZ vom vergangenen Sonntag. In einem Artikel hat er geschrieben:

"Die derzeitige Krise ... ist eine Folge ... jener Denkweise, die alles nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten beurteilt und nur wirtschaftliche Kategorien anerkennt ...

(Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist nicht neu!)

Heute beherrscht der Markt die Gesellschaft, statt ihr zu dienen."

Die Umweltpolitik der nächsten vier Jahre steht deshalb, so denke ich, auch unter einem starken Werteanspruch. Gehen wir an unsere Aufgaben heran im Bewusstsein der Fülle des Lebens!

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)