Wälder für Generationen!

Rede zur Eröffnung der internationalen Parlamentarierkonferenz GLOBE am 3. Juni 2007 in Berlin

Herzlich Willkommen im Deutschen Bundestag! Wir Abgeordneten freuen uns, die internationale Parlamentarierkonferenz zu Walderhaltung und Klimaschutz ausrichten zu dürfen.
Vor 30 Jahren ging das deutsche Wort „Waldsterben" in mehrere Sprachen ein. Ich war damals junger Förster und musste erleben, wie die Natur vor meinen Augen aus dem Gleichgewicht geriet. Mit forstwirtschaftlichen Mitteln konnte ich nichts gegen das Absterben der Bäume tun. Das hat mich in die Politik geführt. Damals ging es um Schweldioxide und Stickstoffoxide.
Heute gibt es in meiner Heimat wieder ein Waldsterben. Aufgrund der trockenen Sommer konnte sich der Borkenkäfer massenhaft vermehren und einen großen Teil der Fichtenwälder zerstören. Fassungslos stehen viele Waldbesitzer vor den Kahlflächen. Ihre Kinder können erst im Greisenalter dort wieder Bäume ernten. So spüren sie den Klimawandel am deutlichsten.
Tropische Naturwälder speichern doppelt so viel Kohlenstoff wie kultivierte Wälder. Tropische Naturwälder sind die wichtigsten Schatzkammern für den Artenreichtum unserer Erde.
Beim Schutz der Wälder geht es aber nicht nur um Klimaschutz und Artenvielfalt, sondern auch um eine gerechte Verteilung von Entwicklungschancen. Die Bäume, die Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai mit ihrer Organisation „Green Belt Movement" pflanzt, stoppen nicht nur die Ausbreitung der Wüste, sondern stehen auch für eine nachhaltige Verbesserung der Lebensverhältnisse der Menschen in Afrika.
Ärmere und reichere Staaten können die Wälder nur gemeinsam erhalten. Die Industrieländer sind dabei aber als Hauptverursacher des Klimawandels in einer besonderen Verantwortung. Wälder sind nach unserem deutschen Rechtsverständnis ein öffentliches Gut. Was allen nützt, muss auch von allen gemeinsam finanziert werden.
Der Erhalt von Naturwäldern und die Wiederaufforstung von Kahlflächen sind deswegen unverzichtbar für die globale Klimaschutzstrategie, auch wenn dadurch andere wichtige Maßnahmen wie die Förderung der Energieeffizienz und der Einsatz erneuerbarer Energien keinesfalls ersetzt werden können.
Für den Walderhalt gibt es zwei Schlüsselfragen:
1. Wie kann der Erhalt von Naturwäldern und die Wiederaufforstung finanziert werden?
Am Ende muss ein finanzieller Ausgleich stehen auf der Basis des gleichen Rechts aller Menschen, die Atmosphäre zu nutzen.
Der finanzielle Ausgleich muss so groß sein, dass sich der Erhalt von Wäldern mehr lohnt als die Abholzung. Walderhaltung bedeutet nicht Verzicht auf jegliche Nutzung. Es geht vielmehr um eine nachhaltige Bewirtschaftung, bei der die Substanz des Waldes erhalten bleibt. Das gilt vor allem für den Humusgehalt des Bodens. Davon hängt die Menge des dauerhaft gespeicherten Kohlenstoffs nämlich ab.
Wie schaffen wir den Einstieg in einen solchen Ausgleich?
Mit dem Instrument „Clean Development Mechanism" wurde bisher nur eine einzige Wiederaufforstung finanziert. So kann es also nicht gehen.
Vielleicht ist die Initiative „Forest Carbon Partnership" der Weltbank ein besserer Anfang.
Nach meiner Meinung muss der Ausstoß von Treibhausgasen weltweit einen Preis bekommen. Im Gegenzug muss die Zurückhaltung von Schadgasen belohnt werden.
So entsteht ein weltweiter Kohlenstoffmarkt mit genügend Kapital für die nachhaltige Waldbewirtschaftung.
2. Wie kann der Import von illegal geschlagenem Holz wirksam verhindert werden?
Auch hier gibt es bereits einen Ansatzpunkt. Der europäische Aktionsplan „Forest Law Enforcement, Governance and Trade" setzt auf freiwillige Partnerschaften zwischen den Staaten mit tropischen Wäldern und ihren Abnehmerländern. Dieser schöne Plan hat nur einen Nachteil: Es sind keine Kontrollen vorgesehen. Die Überprüfung der Ausgleichszahlungen in der Europäischen Agrarpolitik könnte dafür ein Vorbild sein. Mit Satellitenbildern wird dort die Landnutzung beobachtet. Ein solches System ist auch für die Waldbewirtschaftung einsetzbar. Alle Endprodukte müssen darüber hinaus bis zum Ursprungsort rückverfolgbar sein.
Wir deutschen Abgeordneten unterstützen die konkreten Klimaschutzziele unserer Kanzlerin beim G8-Gipfel. Darin sind sich die Parlamentarier von Regierung und Opposition alle einig. Wir stehen zur besonderen Verantwortung Deutschlands als starkes Industrieland.
Noch einmal herzlich Willkommen in Berlin!