Landnutzung in europäischen Schutzgebieten

Bundestagsrede am 24.10.07

Sie können sich hier den Mitschnitt der Rede ansehen.

Josef Göppel (CDU/CSU):

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident! Das Gesetz, über das wir heute beraten, ist ein voll ausgereifter Kompromiss.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -- Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was immer das auch ist!)

Damit kann man wohl mit Fug und Recht sagen, dass es seinen Zweck erfüllen wird. Ich bin der Überzeugung, dass wir die beiden Urteile des Europäischen Gerichtshofes zu den Natura-2000-Gebieten damit sachgerecht umsetzen. Ebenso bin ich der Meinung, dass wir damit den Schutz der Arten in den Natura 2000-Gebieten verbessern.

Aus der Sicht der Union lautet der entscheidende Satz dieses Kompromisses:

„Die der guten fachlichen Praxis entsprechende land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung ist kein Projekt im Sinne dieses Gesetzes."

Das bedeutet, dass für die normale Bodennutzung nach der guten fachlichen Praxis keine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist.

Ich möchte den Blick auf die Perspektive der Grundeigentümer und der Nutzer in den Natura 2000-Gebieten richten. Es wird immer wieder das Argument vorgebracht: Wenn unsere bisherige Nutzung nicht naturverträglich und nachhaltig gewesen wäre, dann wäre dieses Gebiet gar nicht in die Liste der Natura 2000-Flächen gekommen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dieses Argument muss man in der Tat ernst nehmen. Mir geht es sehr darum, dass die Nutzer und die Eigentümer dieser Flächen die Regelung gut akzeptieren; denn das ist die beste Voraussetzung dafür, dass sie sich damit auch identifizieren.

(Michael Brand (CDU/CSU): Sehr gut!)

Nach meiner Erfahrung war die Bestimmung der Gebiete in vielen Bundesländern nicht gerade ein Ruhmesblatt. Es gibt allerdings ein paar, die das positiv begleitet haben. Wir müssen unsere Anstrengungen darauf richten, dass die Menschen, die in diesen Gebieten Land nutzen, das als etwas Wertvolles und Positives ansehen. Ich glaube schon, dass die jetzige mühsame Kompromißsuche diesem Ziel dient.

Auf der anderen Seite möchte ich mich namens der Unionsfraktion klar von denen abgrenzen, die immer wieder versuchen, den Naturschutz als etwas nicht so Wichtiges oder als etwas darzustellen, was die Leute nur gängelt. Wir haben als Politiker im Bund und in den Ländern die Aufgabe, Rahmenbedingungen zu schaffen, die das Tun der Menschen auf der Fläche wertvoll machen und ihnen das Gefühl geben, dass sie mit diesem Tun einen konkreten Beitrag zur Pflege des großen Netzes der europäischen Schutzgebiete leisten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Frau Staatssekretärin Astrid Klug hat meiner Meinung nach sehr treffend gesagt, dass wir in Deutschland unsere Hausaufgaben machen müssen. Das hat viel mit gefühlsmäßiger Einstellung zu tun. Naturschutz ist etwas, was die Herzen der Menschen anspricht. Es ist möglich, die Grundeigentümer davon zu überzeugen, dass sie eine wertvolle Arbeit tun, wenn sie diese Flächen behutsam behandeln. Der Artenschutz ist vom konkreten Tun auf der Fläche abhängig.

Ich möchte nun auf ein Argument eingehen, das in dem Änderungsantrag der FDP, über den wir heute ebenfalls abstimmen, niedergeschrieben ist. Die FDP ist der Meinung, dass dann eingegriffen werden muss, wenn eine Population in ihrem Bestand insgesamt gefährdet ist. Wir, die Koalition, sind hingegen der Meinung, dass bereits dann eingegriffen werden muss, wenn eine Population in ihrem räumlichen, also örtlichen Bestand gefährdet ist. Eine Population kann sich über ganz Deutschland erstrecken. Es kann nicht sein, dass erst der letzte Brachvogel ausgerottet und damit der gesamte Bestand erloschen sein muss , bevor wir eingreifen. Der räumliche Zusammenhang bezieht sich auf ein einzelnes zusammenhängendes Gebiet. Ich denke, dass die Formulierung im Gesetzentwurf den tatsächlichen naturschutzfachlichen Erfordernissen voll entspricht.

Ich fasse zusammen. Mit dieser Novelle beschreiten wir einen guten Weg, auf dem wir die umfassende Erneuerung des Naturschutzgesetzes im Rahmen des UGB vollziehen können. Wir brauchen sinnvolle Kompromisse zwischen den Landnutzern und denen, die den Artenschutz verfolgen. Das Ziel ist letztlich, dass wir alle Nutzer motivieren, durch ihre Nutzung den Artenschutz selber zu stärken und das zu erhalten, was seit Generationen vorhanden ist.

Ich möchte daran erinnern, dass die europäische Richtlinie von der Philosophie her immer auch eine Nutzung der Natura-2000-Gebiete beinhaltet. Das sind keine Reservate, die den Menschen ausschließen, sondern sie schließen den Menschen, der sie nachhaltig und naturverträglich nutzt, ausdrücklich ein. In diesem Sinne komme ich auf den Anfangssatz zurück: Der ausgereifte Kompromiss ist nach meiner Meinung doch ein guter Weg, um Deutschland zu einem Land zu machen, in dem die Mitgeschöpfe des Menschen ihren Raum haben.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)