Mehr Wertschöpfung aus weniger Material und Energie

Magazin für nachhaltiges Wirtschaften - September 2005

Wie können wir mit 20 Prozent des heutigen Energie- und Ressourcenverbrauchs gleich gut oder vielleicht sogar besser leben? Diese Frage wird die zentrale Herausforderung der Zukunft sein.
Unser Planet verbrennt heute fünf Mal mehr Ressourcen, als die Atmosphäre nachhaltig verkraften kann. „Wärmemüll" häuft sich als nicht mehr nutzbare Energie an. Und die weltweiten Energiemärkte boomen weiter. Nach 2003 nahm auch 2004 der Verbrauch an Primärenergie stark zu und wuchs um 4,3 Prozent. Vor allem der Energiehunger im asiatisch-pazifischen Raum sorgte mit einem Anstieg von 8,9 Prozent für diese Entwicklung. Bei einem anhaltend hohen Wachstum in den neuen Industriezentren China und Indien wird der Energieverbrauch weiter zunehmen. Seit 2002 steigt nach Angaben des Bundesumweltministeriums der Primärenergieverbrauch in Deutschland ebenfalls wieder langsam an.
Allerdings wächst bereits seit über 20 Jahren der Energieverbrauch in Europa langsamer als die Wirtschaft. Durch weitere Effizienzgewinne muss auch der absolute Energieverbrauch sinken. Einzelne Luftschadstoffe, wie Schwefeldioxid, oder die Gewässerbelastung sind bereits von der wirtschaftlichen Entwicklung entkoppelt. Laut Umweltbundesamt beweist dies, dass bei geeigneten Maßnahmen eine Trendumkehr in der Umweltbelastung möglich ist.

Ressourcen schonen - Lebensqualität verbessern

Unser Ziel muss es sein, durch neue Ideen die vorhandenen Ressourcen so neu zu kombinieren, dass sich die Lebensqualität der Gesellschaft verbessert.
Es geht um den Übergang zu einer Wirtschaftsweise, die die natürlichen Ressourcen schonender einsetzt und dabei Lebensstandard und -qualität wahrt. Die Marktwirtschaft ist das System, das Anreize zur Innovation setzt.
Eine Innovationsoffensive macht eine Effizienzrevolution möglich. Als Ziel sollte die mittelfristige Erhöhung der Ressourcenproduktivität um den Faktor 4, langfristig sogar um das Zehnfache angestrebt werden. Bei richtiger Rahmensetzung ist der Markt in der Lage, geeignete technische Lösungen zu finden. Er hat dies vielfach bewiesen: So wird der relativ teure Faktor Arbeit heute fast viermal effizienter genutzt als 1960. In den kommenden Jahrzehnten sollten Produktivitätsfortschritte vor allem beim Einsatz von Material und Energie erzielt werden. Gleichzeitig gewinnt man Spielraum, um den Faktor Arbeit vom Rationalisierungsdruck zu entlasten, ohne die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu gefährden.
Es ist logisch und folgerichtig, wenn wir die Ressourcennutzung stärker besteuern und dafür die Arbeit entlasten, damit wir einen effektiveren und rationelleren Einsatz von Energie und Rohstoffen bekommen. Die große Aufgabe heißt: mehr Wertschöpfung aus weniger Material und Energie. Früher hat die Arbeit eine ganz andere Rolle gespielt. Durch den technischen Fortschritt tritt der Anteil der menschlichen Arbeitskraft immer mehr in den Hintergrund. Darauf muss das Steuersystem reagieren.

Statt Ökosteuer: Energie anders besteuern

Die derzeitige Energiesteuer in Deutschland ist als Endenergiesteuer konzipiert. Die Produkte des Endenergieverbrauchs, wie z.B. Benzin, Heizöl, Erdgas und Strom werden mit unterschiedlich hohen Steuersätzen belastet. Ich setze mich anstelle der jetzigen Ökosteuer für eine aufkommens- und wettbewerbsneutrale Energiesteuer ein, die alle Energieträger entsprechend ihrer relativen Umweltbelastung heranzieht. Die Energiebesteuerung soll langfristig am Beginn der Wertschöpfungskette ansetzen, um auf allen Umwandlungsstufen einen Anreiz zu Effizienzsteigerungen und Innovationen zu geben.
Die Änderung der Steuergrundlage darf die Gesamtbelastung nicht erhöhen. Aufkommensneutral heißt, dass alle Steuerzahler gemeinsam nicht mehr belastet werden. Es muss gelingen, Knappheit und Umweltkosten der fossilen Energieträger in das ökonomische Kalkül der Bevölkerung zu integrieren. Die Folge ist sowohl für die privaten Haushalte als auch für die Wirtschaft ein erheblicher struktureller Wandel in der Energienutzung und -bereitstellung. Den Menschen muss daher genügend Zeit gegeben werden, ihre Verhaltensweisen anzupassen. Die Energiesteuer steigt über eine lange Periode in nur kleinen Schritten. Für den ökologischen Erfolg ist nämlich weniger die absolute Höhe der Steuer wichtig als vielmehr eine Veränderung der Erwartungen der Wirtschaftsakteure.
Die Erträge sollen der Steigerung von Rohstoff- und Energieeffizienz, der Senkung von Arbeitskosten und dem Beschäftigungsaufbau zu Gute kommen.
Ressourceneffizientes Wirtschaften ist seinem Wesen nach ein konservatives Anliegen. Das fein ausbalancierte Gleichgewicht der natürlichen Umwelt ist der Orientierungspunkt, an dem wir ansetzen müssen. Wer die Grenzen der Natur akzeptiert und ihre Organisationsformen als Vorbild nimmt, wird genügend Ressourcen zur Verfügung haben, um für alle dauerhaft einen hohen Lebensstandard zu gewährleisten.