Deutschland braucht den Wechsel!

Nominierungsrede am 9. Juli 2005 in Wolframs-Eschenbach

Die schrecklichen Ereignisse in London zeigen, wie sehr ein Grundpfeiler der Unionspolitik – das unablässige Bemühen um innere Sicherheit – im Europa der offenen Grenzen nötig ist. Unser Mitgefühl gilt den vielen Toten, ihren Angehörigen und den Verletzten in den Krankenhäusern.
Im Zentrum: Der Wahlkreis
Oberstes Ziel meiner politischen Arbeit ist, unsere Heimat als pulsierenden Lebensraum zu erhalten, damit junge Menschen hier ihre Zukunft sehen und ihre Existenz aufbauen können. Auf dem Lande kann man gut leben – wenn man einen Arbeitsplatz in erreichbarer Nähe hat. Bei der kommenden Bundestagswahl geht es darum, wieder ein Klima zu schaffen, in dem Handel und Wandel gedeihen, in dem vor allem Handwerk und Mittelstand wieder bessere Arbeitsbedingungen bekommen. Deshalb braucht Deutschland jetzt den Wechsel!
Mittelstand, Handwerk und Landwirtschaft sind die tragenden Säulen des Erwerbslebens in unserem Wahlkreis. Wir haben 17.200 Mitgliedsbetriebe der IHK und 3.200 Handwerksbetriebe. Diese Firmen beschäftigen 80 % der 98.400 Arbeitnehmer. Noch hält diese Struktur. Deswegen liegen wir bei den Arbeitslosenzahlen mit aktuell 7,1% sogar unter dem bayerischen Durchschnitt von 7,3%. Diese Betriebe müssen sich neben dem täglichen Kampf um Aufträge aber auch mit ausufernden Statistiken und einem zeitraubenden Steuersystem auseinander setzen. Hier muss eine Änderung der Rahmenbedingungen erfolgen.

Arbeitsplätze

Darüber hinaus darf das Steuerrecht nicht länger die bestrafen, die ihre Arbeitsplätze in Deutschland halten. Bei der Zerschlagungder AEG, die auch den Standort Rothenburg bedroht, erleben wir das ganz aktuell. Porsche-Chef Wendelin Wiedeking hat das in einem Interview (Spiegel online 5.4.2005) kürzlich sehr klar auf den Punkt gebracht: „Besonders kritisch sehe ich die Tatsache, dassUnternehmen bei Standort­verlagerungen ins Ausland die Kosten für die Planungder Investition, den Transfer der Arbeitsplätze, die Verwaltung und dieFinanzierung des Tochter­unternehmens voll steuerlich geltend machen können. Esist wenig sinnvoll, ja geradezu der Gipfel des Unsinns, wenn man bei mehr als 5Millionen Arbeitslosen den Jobexport auch noch aus dem deutschen Steuertopfsubventioniert.“
Viele unserer Schwierigkeiten sind hausgemacht! Die Erleichterung der Unternehmensnachfolge mit dem Erlass der Erbschaftssteuer für Handwerks- und Mittelstandsbetriebe setzt die Bundesregierung entgegen ihren eigenen Ankündigungen nicht mehr um. Diese Koalition setzt eben andere Prioritäten, zum Beispiel das Antidiskriminierungsgesetz.

Landwirtschaft

Andere Prioritäten hat auch die Landwirtschaft zu spüren bekommen. Wir dürfen in Zukunft in Deutschland nur mehr solche Produktionsauflagen machen, die auch gegenüber Nahrungsmittelimporten durchgesetzt werden können. In der landwirtschaftlichen Sozialversicherung muss der Grundsatz gelten, dass die monatlichen Beiträge einer bäuerlichen Familie für Kranken-, Unfall- und Altersversicherung dem Bevölkerungsdurchschnitt entsprechen müssen. In den letzten fünf Jahren ist auch hier eine krasse Mehrbelastung entstanden. 80 % der Haupterwerbsbetriebe erreichen inzwischen nicht mehr den gewerblichen Vergleichslohn. Die Landwirtschaft bildet aber den Kern standorttreuer Arbeitsplätze im ländlichen Raum.

Erneuerbare Energien

Eine Chance für neue Wertschöpfung liegt in der Bereitstellung von Energie aus der eigenen Fläche unseres Landes. Jetzt ist es soweit - China und Indien fegen die Rohstoff- und Energiemärkte leer. Auf 60 Dollar ist das Fass Rohöl inzwischen gestiegen und es besteht keine Aussicht, dass der Preis längerfristig wieder fällt. Deswegen brauchen wir die erneuerbaren Energien: Biomasse, Wasserkraft, Photovoltaik, Erdwärme, Meereswellen und auch Windkraft – alles aber am rechten Ort. Die Union hat dem EEG im Bundesrat unter anderem deshalb zugestimmt, weil es neue Windräder auf die wirklich lohnenden Standorte beschränkt.
Erneuerbare Energien sind von ihrem Wesen her dezentral. Deshalb bringen sie auch Aufträge für Handwerk und Mittelstand, anders als die zentralen Großkraftwerke der Vergangenheit. Wenn jetzt über die Verlängerung von Laufzeiten bei Atomkraftwerken diskutiert wird, dann müssen wir auch über die Verwendung der zusätzlichen Erträge reden. In jeder anderen Branche stecken im Preis der jetzigen Produkte die Entwicklungskosten für neue Produkte drin. Nur die Energiewirtschaft hat sich Neuentwicklungen bisher immer vom Staat subventionieren lassen.

Projekte im Wahlkreis

Mit der mutigen Investitionsentscheidung eines einheimischen Unternehmers für das Kasernengelände Heidenheim haben wir jedenfalls einen Kristallisationskern zur Nutzung erneuerbarer Energien in unserem Raum.
In den nächsten Jahren stehen weitere wichtige Infrastrukturprojekte an, die zum Teil noch massiven politischen Druck erfordern:

  • die zusätzliche Fahrspur an der A 6
  • die fristgerechte Verwirklichung der S-Bahn Nürnberg-Ansbach
  • der verbesserte Taktverkehr Richtung Stuttgart
  • der Ausbau der B 2 als Direktverbindung zwischen Nürnberg und Augsburg
  • die Sicherung schneller Fernanbindungen an den Bahnhöfen Treuchtlingen und Ansbach
  • die B 131 als Querverbindung zwischen A 9 und A 7
  • der Ausbau des Klosters Heidenheim als Kulturzentrum
  • ein Römerpark - die Präsentation römischen Lebens in Ruffenhofen am Hesselberg.

Wichtig ist bei all diesen Vorhaben der Schulterschluss mit den politischen Kräften im Ballungsraum Nürnberg. Eine Metropolregion kann nur mit einem intakten Umland erfolgreich sein. Ohne Umland kein Zentrum. Stärker bündeln müssen wir auch unsere eigenen Kräfte. Ich meine die freiwillige Zusammenarbeit in kommunalen Allianzen.
Damit lassen sich Kosten sparen. Aber was noch viel wichtiger ist – sie stärken die innere Kraft einer Region, wecken Bürgerengagement. Sie erzeugen Aufbruchstimmung. Es können Projekte verwirklicht werden, die eine einzelne Gemeinde überfordern. Je vernetzter die Welt, desto mehr brauchen wir einander. Am erfolgreichsten sind in der Politik jene, die diese Zusammenarbeit organisieren können. Es ist mir ein Anliegen, vielen heute für gute Zusammenarbeit zu danken, den Ortsvorsitzenden der CSU, den Kommunalpolitikern, unseren vier Landtags­abgeordneten, Artur Auernhammer und Ingo Friedrich. Wir sind zur Zeit, wie es modisch heißt, gut aufgestellt.

Meine Arbeit

Die Arbeit eines Bundestagsabgeordneten ist keineswegs von der so genannten großen Politik geprägt. Persönliche Anliegen nahmen in den letzten Jahren eher zu. Das ist ein Gradmesser für berufliche und finanzielle Probleme der Menschen. Häufig entstanden daraus allgemeine Initiativen zu Themen wie Au-Pair-Dienste, Schornsteinfegerwesen,Feuerwehrführerschein, Dienstleistungsrichtlinie, Truppenabzug der Amerikaner oder Besteuerung von Lebensversicherungen. Ich weiß aus meiner kommunalpolitischen Erfahrung, dass der Kern von Problemen im Einzelfall oft am klarsten sichtbar wird und greife solche Anregungen deshalb gerne auf. Nah am Ohr der Menschen zu sein ist ein Markenzeichen der CSU. Während der letzten drei Jahre habe ich jährlich rund 100 öffentliche Veranstaltungen in unserem Wahlkreis abgehalten. Das sind im Durchschnitt vier Veranstaltungen in jeder sitzungsfreien Woche. Dazu kommen diei nternen Besprechungen mit Ortsverbänden der CSU und Fraktionssitzungen. Mit dem Internetdienst "Bericht aus Berlin" versuchte ich, Ihnen regelmäßig Hintergrundinformationen über bundespolitische Themen zu geben. Besonders danke ich all denen, die darauf mit Anregungen reagierten.

Innovationen

Heute ist das gemeinsame Wahlprogramm der CDU/CSU in der Schlußabstimmung. Am 11. Juli werden Frau Merkel und Edmund Stoiber ihr Konzept vorstellen. Der Schwerpunkt wird auf politischen Rahmenbedingungen für mehr Arbeitsplätze in Deutschland liegen. Diese hängen – darüber müssen wir uns klar sein – vor allem von Innovationen ab. Nicht mit Billigprodukten, sondern nur an der Spitze des Fortschritts kann Deutschland im internationalen Wettbewerb bestehen. Chancen liegen vor allem in den Bereichen
Medizin- und Gesundheitsforschung
Medien und Kommunikation sowie
Energie- und Rohstoffnutzung. Mehr Wertschöpfung aus weniger Material und Energie muss das Ziel sein.

Soziale Gerechtigkeit

Bei Kürzungen und Einschnitten auf dem Weg zu diesem Ziel ist entscheidend, dass die Menschen sie als gerecht empfinden. Wenn steuerfreie Nachtarbeitszuschläge gestrichen werden, dann muss das auf der anderen Seite auch für Abschreibungsmodelle Gutverdienender gelten. In die von der SPD versuchte Aufteilung - sie für soziale Gerechtigkeit und die Union für rücksichtslosen Markt - dürfen wir uns nicht hineindrängen lassen. CSU-Tradition ist es, Markt  und Menschlichkeitmiteinander zu verbinden. Wir heißen „christlich sozial“. Beim Parteitag vor drei Wochen in Gunzenhausen sagte Edmund Stoiber zu diesem Thema: „Die soziale Marktwirtschaft war, ist und bleibt das Modell der Union. Soziale Marktwirtschaft das heißt: Markt und Wettbewerb ja, aber mit sozialer Ausgewogenheit. “Konkret heißt das zum Beispiel bei den Langzeitarbeitslosen, dass wir sie nicht länger zwingen, Lebensversicherungen vorzeitig mit Verlust auszahlen zu lassen. Das bestraft diejenigen, die vorgesorgt und gespart haben und belohnt jene, die in guten Zeiten alles ausgaben, was sie hatten.
In Wildbad Kreuth nannte Stoiber die CSU eine Partei, die nicht über-, aber auch nicht untertreibt. Untertreibt, das bezieht sich auf Themen, die derzeit im Hintergrund der politischen Debatten rangieren, wie eben die soziale Ausgewogenheit oder der Schutz der Schöpfung. Das C in unserem Namen verpflichtet uns.

Umweltschutz

Haushälterischer Umgang mit den Gütern dieser Erde ist urkonservatives Gedankengut. Es ist eine ethische Verpflichtung, aber auch ein wirtschaftlicher Vorteil. China hat zum Beispiel ab 1. Januar 2005 Obergrenzen für den Spritverbrauch neuer Autos eingeführt, um weniger abhängig von Ölimporten zu werden. Amerikanische und europäische Hersteller müssen nun sparsamere Motoren entwickeln, um weiterhin Autos in China verkaufen zu können.Die Welt ändert sich rasant und wer neue Bedingungen rechtzeitig aufgreift,wird sich auch in der globalisierten Wirtschaft behaupten. Deutsche Forscher sind in Europa führend. Bei den Patentanmeldungen liegen Deutsche hinter den USA an zweiter Stelle. Was uns fehlt, ist die rasche Umsetzung von Erfindungen.

Maß und Mitte

Wir brauchen ein Land, in dem die Menschen wieder Hoffnung schöpfen, das seine Kräfte freisetzt, in dem Mittelstand und Handwerk Luft zum Atmen haben. Die Union hat dafür die praxisnäheren Konzepte. Unsere Spitzenpolitiker haben zum Beispiel rechtzeitig vor zu raschen Erweiterungen der Europäischen Union und vor der Vollmitgliedschaft der Türkei gewarnt. Nun kommt auch SPD-Mitglied Verheugen, der dafür die Hauptverantwortung trägt, drauf, dass die Erweiterungen zu schnell gegangen sind. Maß und Mitte sind Kennzeichen einer guten konservativen Politik. Maß und Mitte braucht unser Land auch wieder bei den Grundwerten des Zusammenlebens. Fleiß, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit sind keine Sekundärtugenden! Markt und Geld können einem Volk keinen inneren Halt geben. Grundlegendere Werte sind es, die unser Leben tragen. Gute konservative Politik ist fest in den Werten und modern in den Wegen.
In diesem Zusammenhang und abschließend noch ein persönliches Wort. Ich habe in den vergangenen Jahren erleben dürfen, was füreinander einstehen in der Familiebedeutet. Ich habe auch erlebt, wie klein der Mensch bei existentiellen Gesundheitsproblemen werden kann. Das hat meine Einstellung verändert. Manches, was früher sehr wichtig war, tritt in den Hintergrund. Was zählt, ist die menschliche Zuwendung und das einzelne Schicksal. In diesem Sinn möchte ich in die neue Amtsperiode gehen. Ich bin für die Erhaltung meiner Schaffenskraft jeden Tag dankbar und will meine Erfahrung und Energie weiterhin für die Menschen unserer Heimat einsetzen. Dafür bitte ich Sie erneut um Ihr Vertrauen.