Abgeordnete wenden sich wegen Glyphosat an EU-Kommission

Josef Göppel MdB gehört zu den Unterzeichnern eines offenen Briefes zur Überprüfung des Pflanzengifts Glyphosat. Göppel setzt sich seit Langem für eine Beschränkung des großflächigen Einsatzes dieses Breitbandherbizids ein. 

Alleine in Deutschland sind 73 Produkte zugelassen, die Glyphosat enthalten. Das Umweltbundesamt schätzt die Menge des jährlich in Deutschland ausgebrachten Glyphosats auf 6000 Tonnen. Weltweit werden jährlich ca. 750.000 Tonnen dieses Unkrautvernichtungsmittels versprüht.

Nachweislich verringert Glyphosat die Artenvielfalt in Böden und Gewässern. Glyphosat greift selektiv in den Stoffwechsel von Bakterien ein. Nicht umsonst hatte sich Monsanto Glyphosat wegen seiner antimikrobiellen Wirkung ursprünglich als TBC-Bekämpfungsmittel patentieren lassen. Besonders Kolibakterien werden schnell resistent, was zu einer gefährlichen Ausbreitung von Krankheitserregern führen kann. In Anbetracht der dramatisch gestiegenen Zahl von resistenten Keimen, die dem menschlichen Organismus gefährlich werden können, ist eine Neubewertung daher dringend notwendig.

Der großflächige Einsatz des lange als unbedenklich geltenden Glyphosats hat auch längst bekannte negative volkswirtschaftliche Folgen. Neu entstehende, gegen Glyphosat resistente Unkrautarten lassen sich nur mit hohem finanziellen und chemischem Aufwand bekämpfen.

Besonders problematisch in Deutschland ist daher die bisher uneingeschränkte Zulassung von Glyphosat als Mittel zur künstlichen Austrocknung von Getreide vor der Ernte, der sogenannten Sikkation. Auf die Anwendung als Sikkationsmittel sollte dringend verzichtet werden. In Österreich ist die Sikkation mit Glyphosat bereits verboten. 

Bei der Expertenanhörung im Deutschen Bundestag zu den Risiken von Glyphosat für Gesundheit und Umwelt kam zu widersprüchlichen Aussagen. Ein Streitpunkt ist die Bewertung der berücksichtigten Studien durch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) als Berichterstatter für den Wirkstoff Glyphosat. Das Bundesamt hatte alle vorliegenden epidemiologischen Studien als „nicht relevant“ für die Beurteilung des Wirkstoffs klassifiziert. Begründet hat Prof. Hensel vom BfR dies damit, dass die Anwendungsfälle in Deutschland und Europa nicht mit den gefundenen Glyphosat-Schädigungen der menschlichen Gesundheit aus z.B. Südamerika vergleichbar seien.

 

Streit gibt es ebenfalls darüber, ob bei krebserregenden oder zellschädigenden Substanzen überhaupt Schwellenwerte angemessen sind. Immerhin kann bei einer vorliegenden (genetischen) Neigung oder Vorschädigung auch eine geringe Dosis zu Krebs führen. Allerdings muss man bei einer Risikoabschätzung für Krebs zwischen dem Expositionsrisiko von Anwendern (Glyphosataufnahme auch über die Haut) und dem von Konsumenten (Glyphosat nur durch Nahrungsaufnahme) unterscheiden.

Für die Entscheidung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) über die weitere Zulassung von glyphosathaltigen Produkten für 10 Jahre müssen zunächst weitere Bewertungen erfolgen, so fordern es  Europa- und Bundestagsabgeordnete in ihrem offenen Brief an die EU-Kommission. 

 

Die Presseagentur AFP hat hierzu eine ausführliche Meldung am 20. Oktober 2015 gebracht: 

ABGEORDNETE WENDEN SICH WEGEN ZULASSUNG DES PESTIZIDS GLYPHOSAT AN EU-KOMMISSION

    - Brüssel soll Risikobewertung erneut prüfen lassen -

BERLIN (AFP) - Im Streit um die Neuzulassung des möglicherweise krebserregenden Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat haben sich Europa- und Bundestagsabgeordnete mehrerer Fraktionen in einem offenen Brief an die EU-Kommission gewandt. In dem Schreiben, das der Nachrichtenagentur AFP am Dienstag vorlag, fordern sie den EU-Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Vytenis Andriukaitis, auf, einen Bericht des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) noch einmal genau zu prüfen.

Neben Abgeordneten aus dem grünen und linken Lager unterschrieb mit Josef Göppel (CSU) auch ein Politiker der großen Koalition den Brief.

    Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) arbeitet derzeit an einer Empfehlung, ob Glyphosat in der EU weiter zugelassen wird. Die Zulassung für das Pestizid endet Ende 2015. Im Zulassungsprozess ist Deutschland als Berichterstatter für die Koordination zuständig. Das BfR hatte dazu die Gesundheits- und Umweltrisiken von Glyphosat überprüft und sieht nach eigenen Angaben «keine Hinweise auf krebserzeugende, reproduktionsschädigende oder fruchtschädigende Wirkung durch Glyphosat». Die internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stufte das Pflanzengift dagegen als «wahrscheinlich krebserregend» ein.

    Der grüne Bundestagsabgeordnete Harald Ebner, der den Brief initiiert hat, wirft dem BfR vor, wichtige Studien zur Gefährlichkeit von Glyphosat in seiner Einschätzung nicht berücksichtigt zu haben. «Der fehlerhafte und verharmlosende Bericht» des BfR dürfe nicht die Basis für die Neuzulassung des Pflanzengiftes sein, erklärte Ebner. 

    Ob der Brief der Abgeordneten in der EU-Kommission auf offene Ohren stößt, ist ungewiss. Mitte September sagte ein EU-Sprecher, die Kommission beabsichtige, die Zulassung von Glyphosat vorläufig um weitere sechs Monate zu verlängern, um in Ruhe eine Entscheidung über die grundsätzliche Weiterverwendung oder das Verbot von Glyphosat treffen zu können. 

    Glyphosat ist weltweit das am weitesten verbreitete Pflanzengift. In Deutschland kommt das Mittel Schätzungen zufolge auf 30 bis 40 Prozent der Ackerflächen zur Anwendung.

AFP-Meldung vom 20.10.15  mre/ut