Überraschender Vorstoß zur EEG-Umlage

Umweltminister Altmaier überrascht mit einem radikalen Plan zu Deckelung des Strompreises. Opposition und Experten befürchten, dass der Plan Investoren abschreckt und die Energiewende blockiert. Ein CSU-Politiker sieht in dem Vorhaben gar eine "Aufforderung, Rot-Grün zu wählen". Doch am Ende geht es Altmaier um etwas ganz anderes.

Die Vorschläge von Bundesumweltminister Peter Altmaier zur Deckelung der Stromkosten sind auf ein höchst geteiltes Echo gestoßen. Wirtschaftsminister Philipp Rösler signalisierte Zustimmung, machte aber deutlich, dass er an einer grundlegenden Überarbeitung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes festhält: "Was wir brauchen, ist der große Wurf zu einer grundlegenden Reform des Gesetzes zur Förderung der Erneuerbaren Energien."

Er kämpfe "seit Monaten" dafür, dass Energie in Deutschland bezahlbar bleibe, "für Unternehmen genauso wie für die Menschen", sagte Rösler, den Altmaier vor Veröffentlichung seiner Vorschläge nicht informiert hatte. Dennoch nannte er die von Altmaier gemachten Vorschläge "absolut richtig"; sie deckten sich mit den Vorschlägen, die er und FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle vor einem halben Jahr zur Deckelung der Fördergelder gemacht hätten. Es sei aber wichtig, "sich nicht an Zwischenschritten aufzuhalten" oder nur "Stellschrauben zu verändern".

Industrie will Ausnahmeregeln behalten

Altmaiers Ankündigung, Ausnahmen für energieintensive Unternehmen zu begrenzen, müsse noch konkretisiert werden, forderte der Wirtschaftsminister. "Das werden wir uns erstmal ansehen", sagte Rösler. "Grundsätzlich gilt, die Industriefähigkeit Deutschlands zu erhalten." Altmaier hatte angekündigt, Unternehmen müssten "maßvoll" an der EEG-Umlage beteiligt werden, wodurch 500 Millionen Euro eingenommen werden könnten.

In welche Richtung Röslers Einwände gehen dürften, zeigt die Reaktion des Deutschen Industrie- und Handelskammertages. DIHK-Chef Hans Heinrich Driftmann sagte, die Strompreise seien für die energieintensiven Unternehmen im internationalen Vergleich bereits heute "sehr hoch". Kurzfristig sei die Senkung der Stromsteuer der bessere Weg. Sie sei unbürokratisch und würde Wirtschaft wie Verbraucher direkt entlasten. Auch SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil betonte, wenn es Altmaier "wirklich um Sofortmaßnahmen geht, könnte er etwa die Stromsteuer senken".

"Aufforderung, Rot-Grün zu wählen"

Die härteste Kritik am Altmaier-Vorhaben formulierte der CSU-Umweltpolitiker Josef Göppel. "Das Konzept liest sich wie eine Aufforderung, rot-grün zu wählen, um die Energiewende nicht auszubremsen", sagte Göppel in einer Mitteilung.

Göppel erklärte, die derzeit erfolgreichsten Treiber der Energiewende, Solarstrom und Onshore-Windkraft, würden durch Altmaiers Plan abgestraft. "Der stockende Offshore-Bereich wäre hingegen kaum von Kürzungen betroffen." Offshore-Windkraft gilt als künftiger großer Kostentreiber der Energiewende.

Das will Altmaier

Der Bundesumweltminister fordert, die über den Strompreis zu zahlende Ökostromumlage für zwei Jahre auf ihrem derzeitigen Niveau von 5,277 Cent je Kilowattstunde gesetzlich einzufrieren. Danach soll sie nur noch um bis zu 2,5 Prozent pro Jahr steigen. Derzeit zahlen die Bürger etwa 26 Cent je Kilowattstunde Strom, die Ökostrom-Förderung schlägt bei einem Haushalt mit einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden mit 185 Euro pro Jahr zu Buche.

Wenn das Konto mit den Vergütungen für Solaranlagen und Windparks zu stark im Minus ist und somit eine höhere Umlage für das nächste Jahr droht, soll die Einspeisevergütung bei neuen Anlagen für eine bestimmte Zeit ausgesetzt werden. Die Förderrabatte für die Industrie sollen wieder zurückgefahren werden. Beide Maßnahmen sollen das Konto um bis zu eine Milliarde entlasten.

Besitzer von Solaranlagen, die ihren Strom selbst verbrauchen, müssen mit einer Mindestbeteiligung an den Umlagekosten rechnen. Bei bestehenden Anlagen gibt es Bestandsschutz, allerdings schlägt Altmaier einen "Energie-Soli" vor. So sollen bei Bedarf 300 Millionen Euro eingenommen werden. Er plant dafür eine einmalige, befristete Vergütungskürzung von 1 bis 1,5 Prozent.

Göppel kritisierte, dass Altmaier Privatleuten und Mittelstand "Entsolidarisierung" vorwerfe. Zugleich blieben Großkunden, die sich an der Börse direkt mit Strom eindeckten, weitgehend unberührt. Dahinter steckt das Dilemma, dass immer mehr Wind - und Solarstrom die Einkaufspreise für Strom zwar senkt -  zugleich wachsen aber durch immer mehr Ökostrom die Umlagezahlungen beim Endkundenpreis, so dass der Bürger davon kaum etwas spürt.

Zustimmung der Länder kaum wahrscheinlich

Dass Altmaiers Vorschlag bis zur Wahl tatsächlich Gesetzeskraft erlangt, ist wenig wahrscheinlich: Das Vorhaben müsste vom Bundesrat abgesegnet werden. Dort aber haben SPD und Grüne die Mehrheit. Altmaiers Ziel dürfte ein ganz anderes sein: Er will offenbar im Wahlkampf sagen können, dass er ja versucht habe, den Strompreis zu deckeln - nur hätten SPD und Grüne das verhindert.