Erfolgsmodell Landschaftspflegeverband

Chiemgau-Online.de vom 28.Juni 2012

Pittenhart (ig). Seit zehn Jahren steht der Landschaftspflegeverband Traunstein im Dienste der Erhaltung der heimischen Kulturlandschaft – ein guter Grund zum Feiern und, um Rückschau zu halten. So kamen zur Jahreshauptversammlung des Zusammenschlusses von Kommunen und im Bereich von Naturschutz und Landschaftspflege tätigen Organisationen und Einzelpersonen Gratulanten aus allen gesellschaftlichen Bereichen – unter anderem der Vorsitzende des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege (DVL) und Bundestagsabgeordneter Josef Göppel, Landtagsabgeordneter Klaus Steiner, Landrat Hermann Steinmaßl und Altlandrat Jakob Strobl.

Der Vorsitzende des Landschaftspflegeverbands Traunstein, Kreisrat Markus Fröschl, und Geschäftsführer Jürgen Sandner stellten die facettenreiche Tätigkeit des Verbandes vor – geprägt durch das Selbstverständnis, Brückenbauer zu sein zwischen Mensch und Natur.

Schwerpunkte waren von Beginn an die Erhaltung und Förderung von Streuobstbeständen und die Pflege der für die Region typischen Streuwiesen. Mit dem Streuobstprojekt habe sich der Landschaftspflegeverband Traunstein zur Aufgabe gemacht, dem Dahinschwinden eines für die Region typischen Landschaftselements Einhalt zu gebieten, hielt Sandner fest. Denn es sei nicht mehr selbstverständlich, dass Höfe und Dörfer von Obst-Angern umgeben sind, die die Bewohner mit Obst versorgen und Pflanzen und Tieren Heimat bieten. Daher lag das Augenmerk zunächst auf der Neupflanzung von Hochstamm-Obstbäumen in neu angelegten und bestehenden Obstwiesen. Seit 2002 wurden rund 6100 Obstbäume in etwa 500 Streuobstwiesen gepflanzt.

Mit der Auswahl von standortangepassten und alten, regionalen Sorten leistet der Landschaftspflegeverband einen Beitrag zur Erhaltung der Vielgestaltigkeit regionaltypischer Kulturpflanzen. Inzwischen stehen den Besitzern der Obstwiesen über 80 Sorten zur Verfügung. Im Laufe der Jahre wurden die Pflanzmaßnahmen ergänzt durch den Auslichtungsschnitt für alte Obstbäume und Hinweise auf Möglichkeiten der Obstverwertung.

Sehr wichtig für die Erhaltung typischer Bestandteile der Kulturlandschaft des Voralpenlandes war auch das Engagement in der Streuwiesenpflege – ohne die Mahd drohen diese besonderen Lebensräume zahlreicher Pflanzen- und Tierarten zu verbuschen, so Sandner. Bereits 96 Hektar Streuwiesen standen 2011 unter der Obhut des Landschaftspflegeverbandes Traunstein. Zu 90 Prozent kümmern sich Landwirte um die Pflege; das Mähgut nutzen sie überwiegend in traditioneller Form als Stalleinstreu.

Weitere Aufgabenbereiche waren für den Landschaftspflegeverband seit 2005 die Pflege von Hecken – überwiegend im nördlichen Landkreis – und die Erhaltung, Verbesserung und Neuschaffung von Laichgewässern für Amphibien. Insgesamt wurden 15 Kleingewässer neu angelegt und 31 Tümpel entlandet. Zusammen mit dem Landschaftspflegeverband Altötting wurde das Kamm-Molch-Projekt „Drachen der Unterwasserwelt“ zur Sicherung eines überregional bedeutsamen KammMolch-Vorkommens ins Leben gerufen. Dabei steht neben der Verbesserung der Laichgewässer die Schaffung optimaler Verbindungen zum Sommerlebensraum Wald im Vordergrund.

Als erster deutscher Landschaftspflegeverband mit gebirgigem Anteil im Tätigkeitsbereich, betrat ab 2008 der Landschaftspflegeverband Traunstein mit der Pflege von Almen Neuland in der verbandlichen Landschaftspflege. Er organisierte in Zusammenarbeit mit dem Verband der Forstberechtigten im Chiemgau und den Bezirksalmbauern des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern die Unterstützung der Almbauern beim Schwenden von Almen, also bei der Beseitigung von jungen Gehölzen, die sich durch Samenflug ansiedeln und allmählich alles zuwuchern würden.

Mit Veranstaltungen wie dem jährlichen Sensenmähkurs und dem Traunsteiner Apfelmarkt werbe der Landschaftspflegeverband in der Öffentlichkeit für mehr Verständnis für seine Projekte, berichtete Vorsitzender Markus Fröschl. In den nächsten Jahren wolle man sich neben der Fortführung der begonnenen Maßnahmen verstärkt um die Hochmoor-Renaturierung in den Inzeller Filzen und die Hangquellmoore zwischen Siegsdorf und Teisendorf kümmern.

All diese Maßnahmen seien nur möglich, so Fröschl, weil der Landschaftspflegeverband alle staatlichen Fördermaßnahmen effizient nutze und darüber hinaus tatkräftige Sponsoren habe, ohne deren Engagement beispielsweise das Schwenden von Almen nicht möglich wäre.

„Das Erfolgsmodell Landschaftspflegeverband beruht auf der Zusammenarbeit von Landwirten, Naturschützern und Kommunalpolitik auf Basis der Freiwilligkeit“, betonte MdB Josef Göppel in seiner Festansprache. Als Vorsitzender des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege stimmte er die Akteure der Landschaftspflege im Landkreis Traunstein auf neue Aufgaben ein, die seiner Ansicht nach aus den Anforderungen der künftigen europäischen Gemeinsamen Agrarpolitik entstehen. Die Direktzahlungen an die Landwirtschaft würden sich in Zukunft auf jeden Fall stärker an den Leistungen des Landwirts zum Erhalt von öffentlichen Gütern wie einer abwechslungsreichen Kulturlandschaft orientieren – auch um den Zahlungen mehr gesellschaftliche Akzeptanz zu verschaffen.

Immer mehr werde es zur Aufgabe der Landschaftspflegeverbände, die Landwirte bei der Auswahl notwendiger ökologischer Ausgleichsflächen so zu beraten, dass sie auch betriebswirtschaftlich daraus Nutzen ziehen könnten, so Göppel.

Die Veranstaltung am Hilgerhof bot Geschäftsführer Jürgen Sandner die Gelegenheit, vor Ort gelungene Beispiele zur Erhaltung und Neuschaffung einer strukturreichen Landschaft vorzustellen. Denn in Zusammenarbeit mit dem Kulturverein Hilgerhof, dem Pittenharter Gartenbauverein und der Obinger Schule hat der Landschaftspflegeverband Traunstein eine Streuobstwiese und eine Hecke gepflanzt, und einen Abschnitt des ans Hilgerhofgelände angrenzenden Bachs renaturiert. Die zum Hilgerhof gehörigen Wiesen werden von einem Schafhalter aus der Nachbarschaft extensiv genutzt – Ziel sei, so erklärten Jürgen Sandner und der Vorsitzende des Kulturvereins Hilgerhof Josef Reithmeier, der Öffentlichkeit den positiven Wert der überkommenen Kulturlandschaft nahe zu bringen.