Von der Leyen droht Schlecker

Frankfurter Allgemeine Zeitung online vom 11. Januar 2010

Abermals in der Kritik: Die Beschäftigungsbedingungen bei der Drogeriekette Schlecker

11. Januar 2010 - Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will Vorwürfe gegen die Drogeriekette Schlecker überprüfen. Demnach betreibt das Unternehmen Lohndumping durch den vermehrten Einsatz von Zeitarbeitsfirmen. „Bei Schlecker gucken wir sehr genau hin, ob da Missbrauch betrieben wird oder ob Gesetze umgangen werden. Wenn das der Fall ist, werden wir diese Schlupflöcher schließen“, sagte die Ministerin am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“. Die Regierung werde, sei dies notwendig, gesetzlich nachsteuern.

Von der Leyen verwies auch auf die Handlungsmöglichkeiten der Bundesagentur für Arbeit: „Die Bundesagentur für Arbeit ist bei jeder Zeitarbeitsfirma beauftragt, eine Lizenz zu vergeben, und diese muss auch erneuert werden. Da gibt es also auch Mechanismen. Wir sind ja nicht im wilden Westen.“ Der Konzern mit mehr als 30.000 Mitarbeitern schließt derzeit AS-Filialen und eröffnet neue XL-Märkte, deren Beschäftigte offenbar von einer Zeitarbeitsfirma vermittelt werden und nach Angaben der Gewerkschaft Verdi nur noch halb so viel wie diejenigen in den AS-Märkten verdienen, da sie als Leiharbeitskräfte beschäftigt sind.

Parteiübergreifende Kritik

Der Bundesverband Zeitarbeit (BZA) hat sich bereits von der Geschäftspolitik Schleckers distanziert. „Solch ein Geschäftsgebahren entspricht nicht dem ursprünglichen Sinn der Zeitarbeit und schadet unserem Image“, sagte BZA-Hauptgeschäftsführer Ludger Hinsen. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP, Heinrich Kolb, kündigte an, dass die Koalition gegen den Missbrauch der Zeitarbeit vorgehen wolle. „So, wie das bei Schlecker läuft, darf das nicht sein“, sagte er dem Blatt. Darin sei er sich mit dem Arbeitsmarktexperten der Union, Karl Schiewerling (CDU), einig. Schiewerling wolle noch im Januar mit von der Leyen darüber sprechen. SPD-Chef Sigmar Gabriel zeigte sich demnach in einem Brief an Firmenchef Anton Schlecker besorgt.

Schlecker: „Politiker offenkundig populistisch“

Das Unternehmen wies die Vorwürfe zurück. Die Arbeitsbedingungen bewegten sich vollkommen im Rahmen des allgemein Üblichen und entsprechen darüber hinaus in jedem Fall den geltenden Bestimmungen. Schlecker konterte, die Gewerkschaft habe bereits in der Vergangenheit „gezielte Desinformations- und Diffamierungskampagnen“ betrieben. „Es muss befremdlich erscheinen, dass nun Politiker, deren Parteien seit langem stets die Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse gefordert und gesetzlich gefördert haben, nun hier - offenkundig aus populistischen Motiven - mit einzustimmen scheinen!“, hieß es weiter.

Einem Zeitungbericht zufolge verleiht die Firma Meniar mit Sitz in Zwickau die Mitarbeiterinnen an Schlecker. Sie zahle Stundenlöhne von 6,50 Euro bis sieben Euro. Die Beschäftigten bekämen zudem weniger Urlaubstage und kein Weihnachts- oder Urlaubsgeld. Meniar werde von einem ehemaligen Schlecker-Personalmanager geleitet. Laut Verdi habe das Unternehmen bereits mehr als 4000 Leiharbeiter an Schlecker vermittelt.