Zwei Bulldozer - Streit in der CSU über das Umweltgesetzbuch

Süddeutsche Zeitung vom 5. Februar 2009


Umweltminister Markus Söder will es nicht gewesen sein. Ministerpräsident Horst Seehofer ebenfalls nicht, und auch sonst keiner in der CSU. Warum die Einführung des Umweltgesetzbuchs gescheitert ist, darüber sind die Redner bei der Aktuellen Stunde im Landtag an diesem Mittwoch sehr unterschiedlicher Meinung. "Die CSU will ein einheitliches Umweltgesetzbuch", betont Fraktionsvize Alexander König. Aber halt nicht "jedes einheitliche Gesetzbuch". Sehr bemüht habe sich die CSU, und immerhin sei es ja Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) gewesen, der das Gesetzesverfahren plötzlich für gescheitert erklärt habe. Auch Söder legt Wert darauf, dass außer dem Kollegen Gabriel hier gar niemand gescheitert sei. Gut, seine Partei habe nicht zugestimmt. Aber nur, weil man sich unter bayerischem Standard eben nicht zufrieden geben wolle. Im Umweltschutz wolle er "bayerisches Niveau in ganz Deutschland", sagte Söder. Einer "Monsterbürokratie" habe man aber nicht zustimmen können.

Die Opposition im Landtag sieht das anders. Grünen-Umweltexperte Christian Magerl wirft der CSU "Polemik und Wahltaktik" vor. Die bayerische Regierung habe "eine unsägliche Rolle" gespielt. Die CSU betreibe eine "Kampagne getrieben von der Angst vor 45 minus X", sagt Magerl mit Blick auf die Bundestagswahl. SPD-Umweltsprecher Ludwig Wörner spricht von einem "Höhepunkt der Heuchelei". Nicht Gabriel habe das Umweltgesetzbuch blockiert, sondern die CSU. "Sie opfern die Umwelt auf dem Altar parteitaktischer Spielchen", sagt Wörner.

Derweil bekommt die CSU-Spitze auch Gegenwind aus den eigenen Reihen. Josef Göppel, der Ansbacher CSU-Bundestagsabgeordnete und Umweltexperte der Unionsfraktion, bekräftigt seine Kritik an Seehofer und Söder. Es werde sich schon bald zeigen, "welchen Bärendienst sie der deutschen Wirtschaft erwiesen haben", sagt Göppel und unterstellt den Gesetzesgegnern ausschließlich "wahltaktische Motive". Göppel weist die Kritik der CSU-Spitze an dem gescheiterten Gesetzesvorhaben "ausdrücklich" zurück. So habe der Normenkontrollrat der Bundesregierung den Vorwurf des "Bürokratiemonsters" klar widerlegt. Für Göppel ist sogar das Gegenteil richtig. Gabriels Pläne hätten Planungsverfahren vereinheitlicht und vereinfacht. Damit nicht genug. Göppel hegt sogar den Verdacht, dass mit den Änderungsforderungen "Umweltstandards zurückgeschraubt werden sollen".

Dem Vernehmen nach ist Göppel in der Landesgruppe nicht der einzige Befürworter des Umweltgesetzbuchs. Angesichts der massiven Ablehnung durch Landesgruppen-Chef Peter Ramsauer aber wollten sich die anderen nicht offen zu Gabriels Plänen bekennen, heißt es. Immerhin fordert inzwischen auch der Bamberger CSU-Bundestagsabgeordnete Thomas Silberhorn, das Umweltgesetzbuch nicht aufzugeben. "Da sind wohl zwei Bulldozer zusammengestoßen", sagt Silberhorn. "Gabriel hat gemeint, er könne sich bei Söder einfach so durchsetzen. Da hat er bei Söder auf Granit gebissen." Wie CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg sagt Silberhorn, das Umweltgesetzbuch solle nun im Koalitionsausschuss behandelt werden.

Die CSU ist nicht die einzige Partei, die intern unterschiedlicher Meinung ist. Während der Regensburger FDP-Bundestagsabgeordnete Horst Meierhofer das Scheitern des Gesetzbuchs einen Schaden für Ökologie und Ökonomie nennt, unterstützt sein Landtagskollege Tobias Thalhammer die CSU. Für ihn ist Gabriels Entwurf kontraproduktiv.

Katja Auer, Christian Sebald