Zu wenig Kompetenz im Kompetenzteam

CSU-Politiker Josef Göppel vermisst umweltpolitisches Profil /
Streit um Flutursachen.
Berliner Zeitung vom 26.08.2005

Von Jörg Michel
Berlin - Vor dem Hintergrund der jüngsten Flutkatastrophe und der Debatte um die Folgen des Klimawandels wächst in der Union die Sorge um das eigene umweltpolitische Profil. Kritik bei Fachpolitikern gibt es an der Tatsache, dass es im sogenannten Kompetenzteam von Kanzlerkandidatin Merkel keinen eigenen Experten für die Umwelt gibt. „Man ist im Begriff, den Fehler aus dem Wahlkampf 2002 zu wiederholen“, sagte der CSU-Bundestagsabgeordnete Josef Göppel der Berliner Zeitung. Göppel ist Chef des Umweltarbeitskreises seiner Partei. „Wir haben die Umweltpolitik im Kompetenzteam diesmal leider nicht angemessen besetzt“, kritisierte er.
Makel von 2002 Vor drei Jahren hatte der damalige Kanzlerkandidat der Union, der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber, das Thema Umwelt trotz innerparteilicher Warnungen in seinem Schattenkabinett unbesetzt gelassen. Während der Jahrhundertflut des Sommers 2002 hatte Stoiber daraufhin lange mit dem Makel zu kämpfen, er sei in diesem Feld nicht kompetent. In der Union wird angesichts der Bilder aus den Flutgebieten in Bayern nun befürchtet, dass beim Wähler wieder ein ähnlicher Eindruck entstehen könnte. Göppel nannte es falsch, dass die Union der Umwelt auch in diesem Wahlkampf „keinen großen Stellenwert einräumt“. So müsse sich die Union zum Beispiel klarer als bisher zur Förderung der erneuerbaren Energien bekennen. Anders als 2002 hat die Union in diesem Jahr die Lücke bei der Umwelt allerdings nicht gänzlich offen gelassen. Formell ist die ausgewiesene Agrar- und Verbraucherpolitikerin Gerda Hasselfeldt im neunköpfigen Team Merkels auch für die Umweltpolitik zuständig. Doch die CSU-Politikerin gilt in diesem Themenfeld als völlig unerfahren. In der Partei hieß es, sie habe bislang wenig Interesse für die Umweltpolitik gezeigt.Hasselfeldt habe das Thema vielmehr auf Bitten der Parteispitze übernommen, weil man in einem auf Wirtschaftspolitik ausgerichteten Wahlkampf keinen ausgewiesenen Umweltpolitiker wollte. Auch die Umweltverbände nahmen die Debatte um das Hochwasser zum Anlass, auf die Defizite in der Union hinzuweisen. „Die Umweltpolitik ist im Kompetenzteam der Union nur ein Anhängsel“, sagte der Präsident des Naturschutzbundes Nabu, Olaf Tschimpke,dieser Zeitung. Die Personalie Hasselfeldt zeige, dass man die Umweltpolitik nicht ernst nehme. Im Falle eines Machtwechsels seien deutliche Rückschritte beim Umweltschutz zu befürchten.
Die Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz (Bund), Angelika Zahrnt,sprach von „ökologischen Leichtmatrosen“ in den Reihen von Union und FDP. Im Unions-Kompetenzteam blieben wichtige Zukunftsthemen unterbelichtet. Die frühere Umweltministerin und heutige Kanzlerkandidatin Angela Merkel habe dabei viele Positionen aufgegeben. Als Beispiele nannte sie die Ökosteuer oder die Förderung erneuerbarer Energien.
Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) erneuerte derweil seine Kritik an der Umweltpolitik in Bayern. Die Regierung Stoiber habe zu wenig für den vorbeugenden Hochwasserschutz getan, bemängelte Trittin. Die Union wies die Kritik als Wahlkampfmanöver zurück. Rot-Grün schrecke anscheinend vor keinem Mittel zurück, um auf dem Rücken der Betroffenen einen ideologischen Wahlkampf zu führen, erklärte Hasselfeldt.