CSU-Umweltpolitiker fordern Stoiber heraus

Süddeutsche Zeitung vom 07.10.2005

Von Christian Schneider
Nach den Sozialpolitikern begehren nun auch die Umweltpolitiker in der CSU auf. Sie fordern einen Neuaufbruch der Partei und kritisieren „deutliche Defizite in der Umweltpolitik". Dies sei ein Grund für das schlechte Abschneiden der Union bei der Wahl, sagte der Bundestagsabgeordnete Josef Göppel, der den Arbeitskreis Umwelt (AKU) der CSU leitet. Auf der Landesversammlung des AKU am Wochenende wollen die Mitglieder ihre Forderungen beschließen.
Dazu soll auf der AKU-Landesversammlung am kommenden Wochenende in Ingolstadt ein Strategiepapier verabschiedet werden. Gefordert werden darin unter anderem die Einführung einer „Straßenbenutzungsgebühr für alle Fahrzeuge" sowie die Aufhebung der Mehrwertsteuerbefreiung im grenzüberschreitenden Flugverkehr. Eigentlich, so findet der Bundestagsabgeordnete und Arbeitskreis-Chef Göppel, brauche sich die CSU in der Umweltpolitik nicht verstecken. Denn mit ihrem schon 2003 verabschiedeten Umweltprogramm habe die Partei in diesem Politikbereich ein Fundament gelegt, das jeder Sachdebatte standhalte. Allerdings, so wird in einem Leitantrag für die AKU-Landesversammlung scharf kritisiert, harre dieses Programm noch immer der Umsetzung.
Parallel zu der Landesversammlung, zu der neben dem bayerischen Umweltminister Werner Schnappauf auch der Präsident des Umweltbundesamtes, Andreas Troge, als Redner erwartet wird, hat Göppel den CSU-Chef und Ministerpräsidenten Edmund Stoiber aufgefordert, die CSU müsse sich bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin als Sachwalter der Umweltpolitik profilieren und „Flagge zeigen". Bayern habe zwar schon 1970 als erstes Bundesland ein Umweltministerium eingerichtet, inzwischen aber, so kritisiert Göppel, werde die CSU in der Öffentlichkeit nicht mehr als Vorreiter im Umweltschutz wahrgenommen. Ein Neuaufbruch seiner Partei in diesem Politikfeld sei überfällig.
Im Leitantrag für die Landesversammlung in Ingolstadt wird gefordert, die CSU müsse sich an die Spitze der Förderung für erneuerbare Energien setzen. Der Ausstieg aus der Kernenergie wird nicht mehr in Frage gestellt. Die Verlängerung der Laufzeit bereits bestehender Atommeiler müsse an die Betriebssicherheit des jeweiligen Reaktors gebunden sein. Außerdem, so heißt es in dem Leitantrag weiter, müssten die bei der Betriebsverlängerung erzielten Zusatzeinnahmen „für effizientere Technologien und alternative Energiequellen" verwendet werden. Der Arbeitskreis will die CSU auf die „rasche Umsetzung eines Anreizprogramms zur energetischen Altbausanierung" festlegen. Die Gaspreis-Bindung solle abgeschafft und die Energieunternehmen zu Kostentransparenz gezwungen werden. Weiter wird ein „Beimischungszwang" von pflanzlichen Treibstoffen zu Diesel und Benzin gefordert. Schluss machen will der Arbeitskreis der CSU mit der Steuervergünstigung des Flugverkehrs. Unter anderem soll bei Inlandsflügen die Kerosinsteuer eingeführt werden. Auf den Autobahnen sollen „vermehrt zeitlich und räumlich begrenzte Überholverbote für Lkw" eingeführt werden. Zur Eindämmung des Flächenverbrauchs schlagen die Umweltpolitiker der CSU einen Zertifikatehandel zwischen den Kommunen für neu auszuweisendes Bauland vor. Das Bundesnaturschutzgesetz dürfe „auf keinen Fall" aufgeweicht werden. Göppel hatte schon Anfang des Jahres in einem Buch bei CDU und CSU ein deutliches Umweltprofil angemahnt. Konsequente Umweltpolitik, so sein Credo, schafft auch Arbeitsplätze.