Mutiger Vorstoß - Die CSU entdeckt die Umwelt-Politik

Main Post vom 15.07.2003

Von Henry Stern
Pkw-Maut, Lkw-Überholverbot auf Autobahnen, Halbierung des Spritverbrauchs für neue Autos bis 2020 – es ist noch nicht lange her, da hätte gerade die CSU solche Forderungen als unrealistische grüne Spinnerei bezeichnet. Jetzt haben sich die Christsozialen diese und noch einige weitere Forderungen selbst in ein Ökopapier geschrieben, das den umweltpolitischen Kurs der Partei in den nächsten Jahren prägen soll.
Kein Zweifel: Umweltschutz ist ein Thema, an dem in Deutschland keine Partei mehr vorbeikommt. Trotzdem überrascht der Mut, mit dem sich die CSU ausgerechnet beim Thema Verkehr nun in die Umwelt-Debatte wirft. Schließlich ist das Auto noch immer der Deutschen liebstes Kind und eine vermeintliche Einschränkung der „freien Fahrt für freie Bürger“ ein politisch höchst riskanter Drahtseilakt.
Doch die beständige Zunahme des Straßenverkehrs und die damit ebenso beständig wachsenden Belastungen für Mensch und Umwelt durch Staus, Lärm und Abgase zeigen immer deutlicher, dass es ohne ein Umdenken nicht mehr lange gehen wird. Eine Partei, die an sich selbst stets den Anspruch stellt, immer und bei allen Themen hart am Wind zu segeln, kann dies offensichtlich nicht auf Dauer ignorieren.
Man mag einwenden, dass das CSU-Papier mit zu vielen Wenn und Aber, mit Verweisen auf nötige „europäische Regelungen“ und „langfristige Zielvorgaben“ bewehrt ist. Diese Kritik hat durchaus ihre Berechtigung. Allerdings kann man von einem Positionspapier nicht mehr verlangen, als dass es die innerparteiliche wie gesellschaftliche Debatte beflügelt. Was letztlich in reale Politik umgesetzt werden kann, wird nicht zuletzt davon abhängen, wie viel Handlungsdruck in der Partei selbst und in der Öffentlichkeit entsteht. Für einen simplen Wahlkampf-Gag, der nach dem 21. September ungelesen in der Schublade verschwindet, sind die Forderungen jedenfalls zu wohl überlegt und zu tief greifend.
 
„Umweltschutz ist an sich ein konservatives Thema“, meint der CSU-Umweltexperte Josef Göppel. Die Voraussetzungen, dafür auch einmal einen schlagenden Beweis anzutreten, sind mit dem neuen Umweltpapier jedenfalls gewachsen.