Gegenwind für Stoibers Pläne - CSU-Umweltexperte kritisiert Nein zum Dosenpfand

Frankfurter Rundschau vom 31.08.2002

Von Richard Meng
Berlin - Das Sofortprogramm von Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) ist bei Gewerkschaften und Umweltverbänden auf scharfe Kritik gestoßen. Seinen Kurs auf die Abschaffung des Dosenpfands schwächte der bayerische Ministerpräsident kurzfristig noch ab. Bei der offiziellen Präsentation des Programms stellte er am Freitag viele Wahlversprechen der Union unter den Vorbehalt, dass die Wirtschaft tatsächlich so stark wächst wie von ihm erhofft.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sprach von einer „überzeugenden Konkretisierung“ des Wahlprogramms der Union. DGB-Chef Michael Sommer dagegen reagierte auf Stoibers Programm für die ersten hundert Regierungstage mit der Kritik, für die Arbeitnehmer seien darin „keine positiven Botschaften enthalten“. Er sei „außerordentlich enttäuscht“, erklärte Sommer unter Hinweis auf die Themen Leiharbeit, Abschaffung des Rechts auf Teilzeitarbeit und Betriebsverfassungsgesetz. Ein Bündnis von Umweltverbänden wandte sich gegen den Unionsplan, die Option Atomenergie für die Zukunft wieder zu öffnen.
Besonders deutlich war die öffentliche Kritik am Nein der Union zum Dosenpfand, das zum Jahresende in Kraft tritt. Der CSU-Umweltexperte Josef Göppel sprach von einer „krassen Fehlentscheidung“ und kritisierte, dass Stoiber „dem Druck der FDP“ nachgebe. Umweltverbände und die Berufsverbände der Getränkewirtschaft nannten die Unionslinie ein „Mittelstands- und Arbeitsvernichtungsprogramm“. Während Stoiber behauptete, bei einem Abrücken vom Pfand kurz vor Inkrafttreten seien keine Schadenersatzzahlungen zu befürchten, kündigten Anwälte der Getränkewirtschaft nach FR-Informationen Schadenersatzklagen in dreistelliger Millionenhöhe an.
Stoiber vollzog beim Dosenpfand über Nacht eine Kurskorrektur: Im Entwurf des Programms hatte es am Donnerstag geheißen, die Pfandpflicht für Einweg-Getränke trete „nicht in Kraft“. Der jetzt präsentierte Text lautet, die Union wolle die Pfandpflicht „durch eine wirksamere und ökonomisch praktikablere sowie mittelstandsfreundliche Regelung ersetzen, die den Mehrweg besser sichert“. Stoiber sagte, er strebe nun eine mit Sanktionen belegte „vertragliche Verpflichtung“ der Getränkewirtschaft an, Mehrwegquoten zu garantieren. Binnen „drei bis vier Wochen“ nach Regierungs­übernahme könne er absehen, ob der Vertrag zustande komme. Falls das bis zum 1. Dezember nicht gelinge, müsse es beim Pfand bleiben.